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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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ihm heraus, bevor ihm klar wurde, wie sich das für Lady Sarka anhören musste. »Ich meine, er hat sich verwandelt … glaube ich wenigstens«, fügte er leiser hinzu und kam sich wie ein Trottel vor. Was fiel ihm ein, unaufgefordert zu sprechen?
    »Corvas hat eine Reihe von bemerkenswerten Kräften«, erwiderte die Lady. »Genau wie Umbra, die du auch schon kennengelernt hast. Aber darüber wirst du später mehr erfahren. Reden wir zunächst über dich.«
    Er schluckte nervös. Was kam jetzt?
    »Bestimmt möchtest du wissen, warum ich dich herbringen ließ.«
    Er nickte.
    »Ich kenne dich gut, Jackon«, begann sie. »Du bist fünfzehn Jahre alt und lebst seit deiner Geburt in den Kanälen unter der Grambeuge. Deine Eltern sind tot; sie starben vor acht Jahren an der Cholera. Seitdem schlägst du dich allein durch, indem du Dinge aus den Abwässern fischst und verkaufst, nicht wahr?«
    Er starrte sie an. Nicht einmal die anderen Schlammtaucher wussten so genau über ihn Bescheid.
    »Du fragst dich vermutlich, woher ich all dies weiß«, sagte die Lady. »Nun, ich bin die Herrscherin von Bradost. In meiner Stadt geschieht nichts, ohne dass ich davon erfahre. Hast du die Krähen auf den Dächern meines Hauses bemerkt? Tag und Nacht kreisen sie über den Straßen und berichten Corvas, was sie gesehen haben. Sie sind meine Späher. Ihnen entgeht nichts.«
    »Sie haben mich beobachtet«, ächzte er.
    »Ja.«
    Also hatte er es sich nicht eingebildet. All die Geschichten über die Lady, die in den Kanälen die Runde machten - sie entsprachen der Wahrheit.
    Er nahm seinen Mut zusammen. »Warum?«, brachte er hervor. »Ich habe nichts getan.«
    Lady Sarka ließ ein glockenhelles Lachen erklingen. »Natürlich nicht. Glaubst du etwa, ich ließ dich holen, um dich zu bestrafen? Nein, Jackon. Du bist hier, weil ich dich um etwas bitten möchte.«
    »Um etwas bitten?«, wiederholte er verwirrt.
    »Ja. Denn du besitzt etwas, das von großem Nutzen für mich ist.«
    Jackon runzelte die Stirn. Die Lady musste sich irren. Er besaß gar nichts. Nur ein bisschen Plunder … den Darren außerdem in den Kanal geworfen hatte.
    »Du hast eine Gabe«, sagte sie.
    Seine Verwirrung wuchs. Gabe … Er hatte dieses Wort schon einmal gehört, aber er besaß bestenfalls eine vage Vorstellung davon, was es bedeutete.
    »Manchmal wird ein Mensch geboren, der größer ist als andere«, erklärte Lady Sarka. »Der über Kräfte verfügt, die ihm Macht verleihen. Früher, als die Magie noch stark war, gab es
viele solcher Menschen. Heute sind sie selten geworden. Du bist einer von ihnen. Deshalb habe ich nach dir gesucht.«
    Magie? Kräfte? Er verstand kein Wort.
    »Corvas kann die Gestalt einer Krähe annehmen«, fuhr sie fort. »Umbra beherrscht die Schatten. Und du - du bist ein Traumwanderer.«
    »Was ist das?«
    Sie blickte ihn mit ihren eisblauen Augen an. »Warum haben dich die Schlammtaucher aus ihrer Gemeinschaft verstoßen, Jackon? Wieso hat man dich gezwungen, weit entfernt von ihren Höhlen zu leben?«
    »Weil sie Angst vor mir haben. Weil sie sagen, ich würde mich nachts in ihren Träumen herumtreiben.«
    »Ja. Genau das hast du getan.«
    »Aber … so etwas gibt es doch gar nicht!«
    »Ach nein? Dann gibt es wohl auch keine Menschen, die sich in Krähen verwandeln können.«
    Jackon spürte, wie ihm schwindelig wurde. All die Jahre hatte er geglaubt, es sei blanker Unsinn, was Darren und die Schlammtaucher ihm nachsagten. Und jetzt behauptete Lady Sarka, es sei die Wahrheit?
    »Ich glaube Euch nicht«, stieß er mit schwacher Stimme hervor.
    »Das solltest du aber. Du schadest dir, wenn du noch länger gegen deine Gabe ankämpfst.«
    »Aber … aber wenn es stimmt und ich wirklich etwas mit den Träumen von anderen Leuten mache - wieso kann ich mich nicht daran erinnern?«
    »Weil du nie gelernt hast, deine Kräfte zu kontrollieren. Was du tust, erscheint dir am nächsten Morgen wie ein gewöhnlicher Traum. Meistens ist es das auch, aber eben nicht immer.«
    Jackon konnte sich so gut wie nie an seine Träume erinnern.
Sie verblassten gleich nach dem Aufwachen, und ein paar Stunden später waren nur noch einzelne Bilder übrig, verschwommen und ohne Zusammenhang. Hatte er oft von Darren oder anderen Bewohnern der Kanäle geträumt? Und hatte er sie jedes Mal, wenn er es tat, im Schlaf heimgesucht? Eine Stimme tief in seinem Innern sagte ihm, dass es genauso gewesen war - so schwer es ihm fiel, das zu glauben. Er schauderte.
    »Verstehst

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