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Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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Vater hatte den Spiegelmann lediglich von seinem Versteck weglocken wollen.
    Mit Erfolg - der Spiegelmann kehrte nicht zur Geheimtür zurück. Corvas wies ihn an, das Obergeschoss zu durchsuchen.
    »Etwas gefunden?«, fragte der Bleiche, als sein Handlanger wenig später zurückkehrte.
    Der Maskierte schüttelte kaum merklich den Kopf.
    Corvas ging daraufhin zur Tür. »Mitkommen, Satander«, befahl er.
    Liams Vater rührte sich nicht von der Stelle. »Nein.«
    Das Oberhaupt der Geheimpolizei blickte ihn mit stechenden Augen an. »Widersetzt du dich uns?«

    »Ich will wissen, wohin ihr mich bringt.«
    »Ergreift ihn«, sagte Corvas.
    Als die Spiegelmänner auf ihn zukamen, wich Liams Vater in die Ecke zurück. »Nicht!«, ächzte Liam, doch da riss sein Vater bereits die Decke zurück und griff nach dem Blitzwerfer. Er schrie und richtete die Waffe auf Corvas. Knisternde Elektrizität bündelte sich in der Kupferspirale. Einer der Spiegelmänner stürzte sich auf ihn, er taumelte gegen die Wand. Der Blitz entlud sich und schlug krachend in die Zimmerdecke ein. Die Spiegelmänner wurden zu Boden geschleudert, ihr Anführer warf sich hinter dem Tisch in Deckung. Papiere wirbelten durch die Luft, Rauch und Staub füllten den Raum, und Liam beobachtete voller Entsetzen, wie Corvas ein Messer zückte. Sein Vater ließ den Blitzwerfer fallen und hastete zur Treppe. Corvas sprang auf und warf die Klinge. Liams Vater brach mit einem Keuchen zusammen.
    Liam unterdrückte einen Schrei. Bitte, Vater, steh auf , flehte er. Steh auf! Beinahe hätte er die Klappe geöffnet und wäre nach draußen gestürzt.
    Die Spiegelmänner erhoben sich benommen, die Kutten voller Staub. Corvas schritt über die verstreuten Papiere und drehte Liams Vater mit dem Fuß auf den Rücken. Blut rann aus Fellyns Mundwinkel. Aus seinem Hals ragte der Messerschaft.
    Liam musste die Zähne zusammenbeißen, um nicht zu schluchzen. Sein Vater war nicht tot - er konnte nicht tot sein. Das war undenkbar. Unmöglich. Eben hatte er doch noch gesprochen, sich bewegt, um sein Leben gekämpft.
    »Versiegelt das Haus und holt heute Nacht die Leiche«, befahl Corvas, bevor er und die Spiegelmänner die Sternwarte verließen.
    Die Tür fiel ins Schloss. Liam blieb allein in der Dunkelheit zurück und begann zu weinen.

6
    Umbra
    J ackon wachte auf und blinzelte gegen das Sonnenlicht, das ihn im Gesicht kitzelte. Dies war nicht sein Zimmer im Haus der stummen Zwillinge - dort schien die Sonne nie so hell herein. Wo war er dann?
    Er setzte sich auf und kratzte sich am Hinterkopf. Im Palast, richtig. Allmählich fiel ihm alles wieder ein. Umbra, die Frau aus der Kutsche, hatte ihn nach seiner Begegnung mit Lady Sarka zum Gesindeflügel geführt, zu der Kammer, in der er fortan wohnen würde. Die Lady hatte ihm nicht zu viel versprochen: Seine Unterkunft war geräumig und behaglich und enthielt einen Waschzuber, einen Schrank voll mit neuen Kleidern und ein überaus bequemes Bett.
    Trotzdem hatte er nicht sonderlich gut geschlafen. Es gab einfach zu viele Dinge, über die er hatte nachdenken müssen. Er war ein Traumwanderer - allmächtiger Tessarion! Und als wäre das nicht bereits genug, diente er außerdem von nun an der Herrscherin von Bradost. Kein Wunder, dass seine Nacht unruhig gewesen war.
    Jackon wusch sich und zog sich an, wobei es ihm nicht leichtfiel, unter den vielen Kleidern eine Wahl zu treffen. Er entschied sich schließlich für eine schlichte Hose und ein einfaches Wams, dazu Halbstiefel. Anschließend setzte er sich ans offene Fenster und machte sich über das frische Obst auf dem Tisch her.

    Er konnte sich nicht erinnern, ob er jemals einen so schönen Morgen erlebt hatte. Die Sonne schien durch die Bäume im Palastgarten. Vögel zwitscherten, Erde und Gras rochen feucht vom Regen der vergangenen Nacht. Die Früchte schmeckten saftig und honigsüß, und er konnte essen, bis er satt war. Jackon überlegte, wie der Morgen ausgesehen hätte, wenn er in die Kanäle zurückgegangen wäre: quälender Hunger, aber kein Geld für Essen; stumpfsinniges Warten bei den Netzen, in der Hoffnung auf ein paar Knochen oder Leinenreste; ständige Furcht vor Darren oder den Ghulen; Kälte und verpestete Luft, überall Schmutz, Ratten und Ungeziefer.
    Wie hatte er nur je in Erwägung ziehen können, das Angebot von Lady Sarka auszuschlagen?
    Nein, er hatte sich richtig entschieden. Er konnte sich zwar nicht im Geringsten vorstellen, wie es sein würde, ihr zu

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