Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer

Titel: Pandaemonia 01 - Der letzte Traumwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
Vom Netzwerk:
eben erst kennengelernt hatte, und benahm sich wie eine Figur aus einem billigen Kriminalroman.
    Sie seufzte. »Möchtest du, dass ich dir das Haus zeige, bevor mein Vater kommt?«
    »Gern.« Alles war besser, als diese seltsame Unterhaltung weiterzuführen.
    Sie tranken ihren Kaffee aus, dann verließen sie den Salon und gingen vom Kuppelsaal aus einen Flur entlang. Quindals Haus war geräumig und verwinkelt, und genau wie im Palast der Lady hatte Liam den Eindruck, dass manche Teile schon lange nicht mehr benutzt wurden.
    »Wohnt ihr hier allein, dein Vater und du?«
    »Wir hatten mal einen Diener, aber Vater war so unzufrieden mit ihm, dass er ihn schon nach zwei Tagen hinausgeworfen hat.«
    »Und deine Mutter?«

    »Sie ist tot.«
    »Oh«, sagte Liam. »Tut mir leid. Ich wollte nicht -«
    »Schon gut. Es ist lange her. Ich war noch ein Kind, als sie gestorben ist. Komm, ich zeige dir ein Bild von ihr.«
    Sie gingen zu einer Nische, wo das Abendlicht auf ein Gemälde fiel. Darunter stand eine Vase mit Rosen, die die Köpfe hängen ließen. Vivana runzelte die Stirn. »Vater vergisst immer, ihnen Wasser zu geben. Bin gleich wieder da.«
    Während sie mit der Vase davonging, betrachtete Liam das Bild. Es stellte eine Frau dar, der Vivana auffallend ähnlich sah. Dieselben braunen Haare, dieselben dunklen Augen. Und genau wie ihre Tochter trug sie einen bunten Rock, außerdem ein rotes Kopftuch.
    So kleidete sich keine Frau aus Bradost. Liam brauchte einen Moment, bis er die farbenfrohe Tracht einordnen konnte.
    Vivana kam zurück und stellte die Vase auf die Kommode.
    »Deine Mutter war eine Manusch?«, fragte er.
    Sie nickte. »Sie kam vor siebzehn Jahren nach Bradost. Als sie meinen Vater kennengelernt hat, entschloss sie sich hierzubleiben. Ein paar Monate später wurde ich geboren.«
    Liam wusste nicht viel über jenes geheimnisvolle Volk, das in bunten Wagen von Stadt zu Stadt zog, denn nach Scotia kamen nur selten Manusch. Doch als er Vivana nun anblickte, fiel es ihm plötzlich auf: die mandelförmigen Augen, der olivfarbene Teint - Vivana sah selbst wie eine Manusch aus.
    »Sie war sehr schön, nicht wahr?«, sagte Vivana mit einem Anflug von Wehmut in der Stimme.
    »Vermisst du sie?«
    »Ja. Sehr.«
    »Ich meine Eltern auch«, rutschte es ihm heraus.
    Sie blickte ihn argwöhnisch an. »Ich dachte, das ist erfunden. Dass sie tot sind, meine ich.«
    Er schüttelte den Kopf.

    »Was ist passiert?«, fragte sie.
    »Ich glaube, darüber sollte ich nicht reden.«
    »Verstehe. Dein großes Geheimnis.«
    Er bereute, dass er davon angefangen hatte, und beschloss, das Thema zu wechseln. »Erzähl mir von den Manusch.«
    »Was willst du denn wissen?«
    »Woher sie kommen. Warum sie durch das Land ziehen und nirgendwo lange bleiben.«
    Vivanas Blick kehrte zu dem Gemälde zurück. »Sie haben keine Heimat mehr. Deshalb müssen sie umherwandern und dort leben, wo man sie willkommen heißt. Leider ist das nicht an vielen Orten der Fall.«
    »Stimmt es, dass sie Schwarze Magie betreiben?«
    »Dummer Aberglaube«, erwiderte sie verärgert. »Erzählt man sich das da, wo du herkommst?«
    »Manchmal.«
    »Hör nicht auf solches Geschwätz. Wenn die Leute etwas nicht verstehen, ist es immer gleich Schwarze Magie. Die Manusch verfügen über altes Wissen, das sie benutzen, um den Menschen zu helfen. Wissen über die Schattenwelt und ihre Bewohner.«
    Liam betrachtete das Bild. Aus irgendeinem Grund wirkte Vivanas Mutter todtraurig, obwohl sie lächelte. Er hätte Vivana gerne noch mehr gefragt, doch in diesem Moment knarrte eine Tür.
    »Das ist Vater.« Sie wandte sich ab und ging zum Saal zurück.
    Liam verspürte leises Bedauern, als er ihr folgte. Mit ihr zu reden hatte ihm gefallen. Quindal hätte sich ruhig noch ein wenig Zeit lassen können.
    Der Erfinder war so mürrisch wie eh und je, als er seine Tochter begrüßte. »Ich sehe, ihr habt euch schon miteinander bekannt gemacht. Hast du Liam Kaffee angeboten?«

    »Natürlich«, erwiderte Vivana kühl. »Ich weiß, wie man mit Gästen umgeht.«
    Er musterte sie mit gerunzelter Stirn. »Wie du aussiehst. Hat dir deine Tante diesen Rock aufgeschwatzt?«
    »Tante Livia hat ihn mir geschenkt.«
    »Wann?«
    »Vorgestern.«
    »Also hast du dich wieder bei den Manusch herumgetrieben.«
    »Und wenn schon.«
    Liam tat, als betrachte er fasziniert das Mosaik. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was sich gerade zwischen Quindal und Vivana abspielte, und wollte es auch gar nicht

Weitere Kostenlose Bücher