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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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mehr an einen dachte? Er verstand nichts von solchen Dingen, aber wenn es seine Aufgabe war, die Erinnerung an seinen Freund zu bewahren, würde er sie erfüllen, so lange er konnte. Das war er Liam schuldig.
    Als Jackon später in der Nacht zu seinem eigenen Seelenhaus zurückkehrte, machte er eine seltsame Entdeckung.
    Es schien gewachsen zu sein.
    Beunruhigt betrachtete er Mauern und Dach des unscheinbaren Gebäudes. Ja, kein Zweifel, es wirkte höher und geräumiger und wies einen Erker auf, der gestern noch nicht da gewesen war. Er ging um das Haus herum. Auf der Rückseite entdeckte er einige neue Mauervorsprünge. Offenbar wuchs es weiter und war im Begriff, einen neuen Trakt herauszubilden.
    Jackon biss sich nervös auf die Unterlippe. Seit dem Verschwinden der Alben veränderten sich immer mehr Seelenhäuser, verfielen oder wucherten oder sahen von heute auf morgen anders aus. Aus irgendeinem Grund war ihm nie der Gedanke gekommen, dass davon eines Tages auch seines betroffen sein könnte.
    Während der vergangenen Wochen war er zu beschäftigt gewesen, um sich näher mit den Veränderungen in der Stadt auseinanderzusetzen. Wenn ihm Träume begegneten, die aus einem verfallenden Seelenhaus entkommen waren und durch die Gassen irrlichterten, ging er ihnen aus dem Weg; Boten und Sammler, die sich merkwürdig verhielten, versuchte er nicht zu beachten. Trotzdem war ihm nicht entgangen, dass das Durcheinander von Tag zu Tag schlimmer wurde. Welche Auswirkungen das auf die Seelen der Träumenden hatte, konnte er nicht einschätzen – vermutlich keine guten.
    Lady Sarka hatte ihm befohlen, sich über all das nicht den Kopf zu zerbrechen, sondern sich auf seine Ausbildung zu
konzentrieren. Das war leichter gesagt als getan, wenn sich das eigene Seelenhaus zu verändern begann.
    Er musste noch einmal mit ihr darüber reden.
    Jackon öffnete die Tür und trat ein. Seine Träume, die geruht hatten, während er draußen gewesen war, erwachten und erfüllten das Haus mit irisierenden Bildern und flüsternden Stimmen. Er beachtete sie nicht, sondern richtete seine gesamte Willenskraft darauf, aufzuwachen. Auch das hatte er in den vergangenen Wochen zur Meisterschaft gebracht: Wenn er wollte, konnte er die Stadt der Seelen jederzeit verlassen und in die Wachwelt zurückkehren.
    Er schlug die Augen auf und fand sich in seinem Bett wieder. Es war bereits Tag – Sonnenstrahlen sickerten durch die geschlossenen Fensterläden seines Zimmers. Seine Wunde schmerzte wie jeden Morgen, aber längst nicht mehr so schlimm wie noch vor einer Woche. Sie verheilte so gut, dass Doktor Addock den Verband abgenommen hatte. Inzwischen kam er sogar ohne Morphium aus.
    Jackon rief sich ins Gedächtnis, was er sich in den Träumen vorgenommen hatte. Eilig stand er auf, wusch sich und kleidete sich an. Kurz darauf kam Cedric herein und brachte ihm das Frühstück.
    »Keine Zeit!«, sagte er und hastete an dem Diener vorbei, der indigniert eine Augenbraue hob.
    Blödmann , dachte Jackon. Er eilte zum Kuppelsaal, ging zur Tür auf der Empore und klopfte an.
    Umbra öffnete ihm.
    »Ich muss mit der Herrin sprechen.«
    »Komm rein«, sagte die Leibwächterin. »Sie wartet schon auf dich.«
    Lady Sarka erwartete ihn? Natürlich , dachte er. Heute ist Samstag. Samstags traf er sich stets mit ihr und berichtete, wie er mit seinem Training vorankam.

    Sie saß in einem Erker und unterzeichnete im Licht der Morgensonne Dokumente, die sie von einem Stapel nahm. Lächelnd begrüßte sie ihn und schob die Papiere zur Seite, damit er sich zu ihr an den kleinen Tisch setzen konnte. Dann erkundigte sie sich, ob er bei seinen Übungen Fortschritte machte, woraufhin er ein paar einsilbige Antworten gab.
    »Du bist heute so still«, sagte sie nach einer Weile. »Stimmt etwas nicht?«
    Jackon gab sich einen Ruck. »Mein Seelenhaus«, begann er, »es verändert sich.«
    »Inwiefern?«
    »Es wird größer.«
    »Nun, das war zu erwarten«, entgegnete Lady Sarka.
    »Aber was mache ich, wenn es weiterwächst und die Nachbarhäuser kaputt macht? Oder wenn es anfängt zu zerfallen wie die vielen anderen Seelenhäuser und meine Träume nicht mehr …«
    »Beruhige dich«, unterbrach sie ihn. »Was mit deinem Seelenhaus geschieht, hat nichts mit dem Chaos in den Traumlanden zu tun. Es ist ein vollkommen normaler Vorgang. Du bist gerade dabei, dich zu verändern – also verändert sich auch die Zuflucht deiner Seele.«
    Er war so verblüfft, dass ihm für einen Moment

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