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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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der langen Gliedmaßen seltsam staksig wirkten, zweifelte Vivana nicht daran, dass der Dämonenfürst jedem Menschen an Kraft und Schnelligkeit weit überlegen war. Als er den Boden der Halle erreichte, fauchte Ruac und versuchte, ihn anzugreifen. Vier Dämonen waren nötig, Vivanas geschuppten Gefährten festzuhalten.
    »Was ist das?«, wollte Nachach wissen.
    »Ein Tatzelwurm«, sagte der Liam-Dämon. »Nicht mehr lange und er wächst zu einem Lindwurm heran. Er wird ein prachtvolles Reittier für dich abgeben, mein Bruder.«
    Nachach schritt an ihnen vorbei und musterte sie der Reihe nach. »Ein Alb? Was soll ich mit einem Alb? Sein Körper ist nutzlos für mich.«
    »Er ist ein guter Kämpfer. Lass ihn zu deiner Unterhaltung in den Sklavengruben kämpfen.«

    Der Vorschlag fand Anklang bei den versammelten Dämonen. Sie zirpten und krächzten in freudiger Erwartung.
    »Die anderen beiden sind Menschen«, fuhr der Liam-Dämon fort. »Der Mann ist hässlich und verkrüppelt, aber das Mädchen ist noch jung. Ihr Körper wird dir gefallen. Du wirst dich wie neugeboren darin fühlen.«
    Nachach beugte sich herunter, sodass sein Gesicht nur noch wenige Finger breit von Vivanas entfernt war. Er neigte den Kopf erst auf die eine, dann auf die andere Seite, hob ihr Kinn mit seinen dünnen Fingern und schien jeden Zoll ihrer Züge genau zu studieren. Vivana bemühte sich, ihm in die Augen zu sehen, obwohl sie vor Entsetzen am ganzen Leib zitterte. Sie war entschlossen, ihre Angst nicht zu zeigen.
    Nachachs Maul öffnete sich, klaffte zu einem Grinsen auf, eine zahnbewehrte Sichel, die so breit war, dass sie den Kopf in zwei Hälften zu trennen schien. »Ja«, sagte der Dämonenfürst. »Ja, das ist ein hübscher Körper. Ich glaube, ich werde ihn mögen.«
    Er ließ von Vivana ab und wandte sich Liam zu. »Ich nehme deine Geschenke an, kleiner Bruder. Unser Zwist ist vergessen. Nun lass uns unser Wiedersehen feiern!«
    Die Dämonen brüllten und jubelten und stampften mit Füßen und Speerschäften auf. Trommeln wurden geschlagen, und es erklang misstönende Musik. Die Feuer brannten höher und erfüllten den Saal mit dunklem Flammenschein. Kessel wurden herbeigeschafft. Nachach und Liam fassten einander an den Händen und führten einen grotesken Tanz auf, in den nach und nach die anderen Dämonen einfielen.
    Die Kynokephale packten Vivana und ihre Gefährten und zerrten sie zu einem Loch im Boden. »Ruac!«, schrie Vivana, als sie sah, dass der Tatzelwurm zu einer anderen Öffnung geführt wurde. »Wohin bringt ihr ihn?«, rief sie, doch statt ihr eine Antwort zu geben, stieß man sie in das Loch.

    Hart schlug sie auf dem Boden auf. Klauenhände griffen nach ihren Armen und schleiften sie den Tunnel entlang. Ein Dämon grunzte etwas und schwenkte eine Fackel, woraufhin man eine unförmige Tür aufschloss und sie in eine dunkle Kammer warf. Ihr Vater und Lucien landeten neben ihr. Plötzlich packte Vivana jähe und unvernünftige Wut, sie sprang auf und wollte zur Tür laufen, doch etwas schlang sich um ihren Fußknöchel und brachte sie zu Fall. Gerade als sie feststellte, dass es sich dabei um eine Art Ranke handelte, schossen weitere Stränge aus dem knotigen Boden und wickelten sich um ihre Arme und Beine. Verzweifelt warf sie sich hin und her. Je heftiger sie sich wehrte, desto fester wurde die Umklammerung. Schließlich gab sie es auf und blieb reglos liegen. Die seltsamen Ranken ließen sie nicht los, lockerten sich jedoch ein wenig, sodass sie zu Lucien und ihrem Vater kriechen konnte. Die beiden Männer waren auf die gleiche Weise gefesselt wie sie.
    Vivana versuchte, ihre tobenden Gedanken zu ordnen. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, und sie sah, dass ihr Gefängnis ähnlich organisch beschaffen war wie die große Halle der Burg. Wurzelartige Fäden hingen von der Decke, die Luft war feucht und stickig. Der Boden bestand nicht aus Stein, sondern aus einer weichen und fleischigen Substanz. Er pulsierte leicht. Der Kerker sah nicht nur lebendig aus, begriff sie – er war lebendig.
    Lange sprach niemand. Vivana lauschte dem Herzschlag der Festung und dem fernen Geschrei der Dämonen, das immer wilder, immer ausgelassener wurde. Ihre Angst war einer seltsamen Ruhe gewichen. Wir werden sterben , dachte sie – und dann: Nein, Paps und Lucien werden sterben. Ich werde leben, als Hülle für Nachach. Sie schloss die Augen, und ihr war, als treibe sie in einem Ozean aus Finsternis.
    Als ein Schlüssel im

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