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Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen

Titel: Pandaemonia 02 - Die Stadt der Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Lode
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scheußlicher als die andere.
    Jackon saß erschöpft auf dem Dach eines Seelenhauses. So viele Albträume auf einmal hatte er noch nie erschaffen und kontrolliert. Er hatte sie gegeneinander kämpfen lassen, hatte sich mit Helm und Schwert mitten ins Getümmel gestürzt, Schläge ausgeteilt und sich gegen Hiebe und Bisse verteidigt, bis jeder Muskel seines Körpers schmerzte. Jeder andere hätte den Verstand verloren bei dem Versuch, dieses Gewimmel zu beherrschen, oder wäre binnen weniger Sekunden von den Albträumen zerfetzt worden. Jackon jedoch hatte ihnen seinen Willen aufgezwungen, und sie gehorchten und taten alles, was er von ihnen verlangte. Und er hatte nicht den kleinsten Kratzer abbekommen.
    Euphorie stieg in ihm auf, und er erwog, noch mehr Albträume zu erschaffen. Doch schließlich siegte die Vernunft. Er musste sich ausruhen. Jede Nacht an die Grenzen seiner Kräfte zu gehen war nicht der Sinn der Sache. Wenn er seinen persönlichen Rekord erst morgen brach, war das früh genug.
    Er ließ die Albträume verschwinden und wachte auf.
    Dass er sich im Traum so verausgabt hatte, spürte er auch
im wachen Zustand. Er fühlte sich gerädert und abgespannt, obwohl er gut acht Stunden lang tief und fest geschlafen hatte. Es wurde höchste Zeit, dass er wieder einmal eine ganze Nacht träumte wie ein gewöhnlicher Mensch, ohne Albträume zu erschaffen oder irgendjemanden heimzusuchen.
    Glücklicherweise hatte er heute keinerlei Verpflichtungen. Er blieb noch eine Weile im Bett liegen und döste vor sich hin, dann stand er auf und aß das Frühstück, das Cedric ihm brachte. Umbra, Corvas und Amander waren nicht da, sodass er den Südflügel für sich allein hatte. Er drehte sein Aethergrammophon auf volle Lautstärke auf und hörte Musik, bis ihm langweilig wurde. Anschließend zog er sich an, schlenderte durch die Altstadt und machte ein paar Besorgungen.
    Anfangs war es ihm schwergefallen, nur zum Vergnügen Geld auszugeben. Sein ganzes Leben lang hatte er kaum genug besessen, um den nächsten Tag zu überstehen. In den Diensten Lady Sarkas jedoch bekam er so viel Lohn, dass er sich jeden Tag etwas kaufen konnte, das ihm gefiel, zumal er weder für Essen noch für ein Dach über dem Kopf aufkommen musste. Heute kaufte er sich einen neuen Hut. Eigentlich besaß er bereits drei Hüte, aber dieser hatte es ihm angetan, denn er war elegant und gleichzeitig streng geformt – genau die richtige Kopfbedeckung für einen Leibwächter von Lady Sarka. Außerdem liebte er den Vorgang des Einkaufens. Inzwischen hatte es sich in der ganzen Stadt herumgesprochen, wer er war. Die Händler nannten ihn »Herr«, umschwärmten ihn in Scharen, lasen ihm alle Wünsche von den Augen ab und gaben ihm großzügig Rabatt.
    Er ließ sich Zeit und trank in einem Kaffeehaus am Tessarionplatz in Ruhe einen Tee, sodass es bereits Abend war, als er zum Palast zurückkehrte. Im Salon der Leibwächter erwartete ihn Umbra.
    »Da bist du ja«, sagte sie. »Die Herrin wartet auf dich. Du sollst sofort zu ihr kommen.«

    »Weswegen? Ist etwas passiert?«
    »Das wird sie dir schon sagen. Komm, ich bringe dich hin.«
    In einem Winkel des Salons, wo sich die Abenddämmerung zu tiefen Schatten verdichtete, öffnete Umbra ein Tor, das sie gemeinsam durchschritten. Die Leibwächterin war ungewöhnlich schweigsam. Sie sprach erst, als Jackon gerade durch die Öffnung am Ende des Schattentunnels treten wollte. »Warte. «
    »Was ist denn?«
    »Du musst mir etwas versprechen.« Umbra zögerte. »Was die Herrin auch von dir verlangt, du musst vorsichtig sein, hast du verstanden? Mach nichts, dem du dich nicht gewachsen fühlst.«
    »Was verlangt sie denn von mir?«
    »Versprich es einfach.«
    »Schon gut. Ich verspreche es«, sagte Jackon verunsichert. So nachdenklich hatte er Umbra noch nie erlebt. »Aber was ist denn überhaupt los? Jetzt sag schon.«
    Anstelle einer Antwort schob die Leibwächterin ihn durch die Öffnung. Er hörte noch, wie sie »Viel Glück« murmelte, ehe sich das Tor schloss.
    Verwirrt und ein wenig verärgert starrte er in die Schatten. Umbra und ihre rätselhaften Andeutungen … Warum sagte sie nie, was sie wirklich meinte? Er stellte fest, dass sie ihn zum Kuppelsaal gebracht hatte. An den Pfeilern brannten Lampen und erfüllten die Halle mit einem vielfarbigen Wechselspiel der Lichter, das sich mit dem Glühen der Abenddämmerung vermischte.
    Lady Sarka trat aus den Schatten. Der Lampenschein floss über den silbernen

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