Pandaglueck
dass er noch langsamer wird. Jetzt sind es 18 Minuten, bis Alex auftaucht. Wenn er überhaupt kommt. Seitdem Abend an dem er mich nach Hause gefahren hat, habe ich ihn nicht mehr gesprochen. Meine Nerven liegen genau seit einer Stunde komplett blank, folglich schleichen sich immer wahnwitzigere Zweifel in meinen Kopf. Mittlerweile bin ich sogar der Auffassung, dass er es von vornherein nicht ernst gemeint hat, mit mir essen zu gehen und dass er dementsprechend nicht auftauchen wird. Oder er hat es einfach vergessen. Ich bin schließlich nicht jemand, der unbedingt einen bleibenden Eindruck bei Männern hinterlässt. Höchstens im negativen Sinne. Gummistiefel, Nashornkacke und die wilde Haarkatastrophe auf meinem Kopf haben mit Sicherheit nicht die richtigen Eigenschaften für einen positiven Wiedererkennungswert. Im Endeffekt vertrete ich zum jetzigen Zeitpunkt die Ansicht, dass er definitiv nicht erscheint. Aus welchen Gründen auch immer.
„ Wenn er nicht kommt, dann brauche ich mich nicht verrückt zu machen“, sage ich mit fester Stimme vor mich hin. Aber irgendwie habe ich immer noch die Hoffnung, dass er es ernst gemeint hat und in genau 14 Minuten an meiner Tür klingelt. Immerhin habe ich mich selbst den halben Tag in den Wahnsinn getrieben und einen enormen Verlust an Nerven vorzuweisen.
Er hat zumindest einen sehr bleibenden Eindruck in meinem Kopf hinterlassen. Es sind seine Augen, die mich irgendwie verzaubert haben. Vor allen Dingen ist er der Typ Mann, den ein Mädchen wie ich nie im Leben abbekommt. Ich will mich einmal wie eine von diesen Frauen mit langanhaltender Pechsträhne in den Frauenschmökerromanen fühlen, denen am Ende der Prinz mit dem Königreich zu ihren Füßen kniet. Diesem verdammt schönen Königreich, das einem Paradies gleicht. Meines Erachtens ist das von meinem persönlichen Universum nicht zu viel verlangt. Aber nicht, dass ich diese Bücher übermäßig viel lese. Vielleicht ein paar, um einen Einblick in die Welt anderer Frauen zu erlangen. Neben meiner Tätigkeit im Zoo bleibt mir nicht die Zeit für Männer. In erster Linie fehlt sie mir, um geeignete männliche Exemplare überhaupt kennenzulernen, die Interesse an mir und meinem Leben zeigen. Genau das haben nämlich die Wenigsten. Ich erinnere mich noch an den letzten Typen, den ich auf einer meiner sporadischen ‚Ausgehversuche-am-Abend‘ kennenlernte. Er war supernett, supersüß und hatte mir sogar zwei Drinks spendiert. Alles war völlig in Ordnung, bis wir auf unsere beruflichen Tätigkeiten zu sprechen kamen. Er war Steuerberater, ich Tierpflegerin. Jeder normale Mensch kann sich lebhaft vorstellen, wie dies in seine Lebenswelt passte. Die Mutter seiner Kinder macht den ganzen Tag Tierkacke weg. Drei Minuten später war er auf das Klo verschwunden und ich hatte ihn den Rest des Abends nicht mehr wieder gesehen. Erst als ich mit meinen Freundinnen eine andere Bar aufsuchte, erblickte ich ihn am Rockzipfel eine Rothaarigen, die bestimmt Ärztin war.
Meine vorherigen Freunde, die es bis zu einer lä ngerfristigen Beziehung mit mir schafften, nahmen das Weite, sobald ihnen eine bessere Option über den Weg gelaufen ist. Mein Glück mit Männern: praktisch nicht vorhanden.
Jedes Mal, wenn ich wieder Single bin oder eine Abfuhr bekomme, was dank meines Jobs nicht gerade eine seltene Erfahrung ist, falle ich in meine reguläre 8-Wochen-Selbstzweifelphase. Das ist die Phase in der abwechselnd meine Mutter, mein Vater und meine Schwester mich anrufen, um mir mitzuteilen, dass jedes Töpfchen auch sein Deckelchen findet. Dieses Deckelchen würde ich zu gerne vor meinem 30. Geburtstag finden. Zumal ich langsam glaube, dass mein Deckelchen wahrscheinlich in irgendeiner, der häufig vorkommenden Naturkatastrophen, verschollen ist. Wie viele Menschen gibt es auf der Erde? Acht Milliarden? Wie soll ich es bitte unter solch extremen Bedingungen schaffen mein Deckelchen ausfindig zu machen? Greta meint immer, ich solle mich an die alleinerziehenden Väter im Zoo ranmachen. Das habe ich einmal versucht und das ist so verdammt schief gelaufen und in der größten Peinlichkeit meines Lebens geendet, dass ich nie wieder über das Ereignis reden will. Allein die Taxi-Klau-Geschichte ist der damaligen Begebenheit ansatzweise konkurrenzfähig.
Ich seufze. Ein Blick auf die Uhr verrä t mir, dass es noch drei Minuten bis 20.00 Uhr sind. Noch drei Minuten!
Oh Gott!
Er wird nicht kommen, ist der produktivste Gedanke meines Gehirns.
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