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Pandemonium

Pandemonium

Titel: Pandemonium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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sich einen Eimer über jeden Arm.
    Ich nicke und sie zeigt mit dem Kopf zu den übrigen Eimern.
    Wir erklimmen die Treppe und werden dann in die Außenwelt hinausgespuckt: Aus der dicken Luft und dem Gefühl des Eingeschlossenseins zu kommen, ist genauso erschreckend und abrupt wie beim ersten Mal, als ich mit Sarah auf Entdeckungstour durch den übrigen Stützpunkt gegangen bin. Es ist kalt geworden. Der Wind ist eisig und bläst durch mein Shirt. Ungewollt keuche ich.
    »Was ist los?«, fragt Raven in normaler Lautstärke, jetzt, wo wir hier draußen sind.
    »Kalt«, antworte ich. Die Luft riecht schon nach Winter, obwohl die Bäume noch belaubt sind. Ganz hinten am Horizont, hinter der unregelmäßigen und ausgefransten Linie der Baumkronen, leuchtet es kaum wahrnehmbar golden, wo die Sonne aufgeht. Die Welt besteht nur aus Grau- und Purpurtönen. Die Tiere und Vögel fangen gerade an sich zu regen.
    »In einer Woche ist schon Oktober«, sagt Raven achselzuckend. Ich stolpere über ein Stück verbogenes Metall, das aus dem Boden ragt, und sie sagt: »Pass auf, wo du hintrittst.«
    Da wird mir klar: Ich habe zwar den Rhythmus der Tage verfolgt, in Gedanken das Datum mitverfolgt, aber im Grunde habe ich mir vorgemacht, dass der Rest der Welt genauso bewegungslos verharren würde wie ich, während ich unter der Erde vergraben war.
    »Sag Bescheid, wenn ich zu schnell gehe«, sagt Raven.
    »Okay«, erwidere ich. Meine Stimme klingt seltsam in der leeren, dünnen Luft dieser Herbstwelt.
    Wir bahnen uns einen Weg über die alte Hauptstraße. Raven geht leichthin und weicht beinahe instinktiv den zersplitterten Betonklötzen und dem Metallschrott aus, genau wie Sarah. Am Eingang zum alten Tresorraum der Bank, wo die Jungen schlafen, wartet Bram auf uns. Bram hat dunkles Haar und mokkafarbene Haut. Er ist einer der ruhigeren Jungen, einer der wenigen, vor denen ich keine Angst habe. Er ist ständig mit Hunter zusammen und der Anblick der beiden erinnert mich an Bilder von Hana und mir: eine dunkel, eine hell. Raven reicht ihm wortlos mehrere Eimer, und er gesellt sich schweigend zu uns. Aber er lächelt mich an, wofür ich ihm dankbar bin.
    Trotz der kalten Luft schwitze ich bald und mein Herz klopft schmerzhaft gegen meine Rippen. Seit über einem Monat bin ich keine zwanzig Meter mehr am Stück gelaufen. Meine Muskeln sind schwach und schon nach ein paar Minuten tun mir die Schultern weh, obwohl die Eimer noch leer sind. Immer wieder verrücke ich die Henkel in meinen Handflächen; ich hüte mich jedoch davor, mich zu beklagen oder Raven um Hilfe zu bitten, obwohl sie bestimmt merkt, dass ich kaum Schritt halten kann. Ich will gar nicht daran denken, wie weit und lang der Rückweg mit den vollen Eimern sein wird.
    Wir haben den Stützpunkt und die alte Hauptstraße hinter uns gelassen und sind zu den Bäumen vorgedrungen. Überall um uns herum haben die Blätter verschiedene Schattierungen aus Gold, Orange, Rot und Braun. Es ist, als stünde der gesamte Wald in Flammen, ein schönes langsames Glühen. Ich kann die Weite um mich herum spüren, unendlich, schrankenlos; heller, freier Himmel. Links und rechts von uns huschen unsichtbare Tiere umher und rascheln in den trockenen Blättern.
    »Wir sind fast da«, ruft Raven mir zu. »Du machst das gut, Lena.«
    »Danke«, stoße ich außer Puste hervor. Schweiß läuft mir in die Augen und ich kann kaum glauben, dass mir jemals kalt war. Ich mache mir nicht einmal mehr die Mühe, die hervorstehenden Zweige aus dem Weg zu schieben oder abzuwehren. Wenn Bram vor mir sich zwischen ihnen hindurchzwängt, schnellen sie anschließend zurück und peitschen fest gegen meine Arme und Beine, wo sie brennende Striemen auf meiner Haut zurücklassen. Ich bin so müde, dass es mir nichts ausmacht. Ich habe das Gefühl, als wären wir schon stundenlang unterwegs, aber das ist unmöglich. Sarah hat gesagt, der Fluss wäre nur etwa zwei Kilometer entfernt. Außerdem ist die Sonne gerade erst aufgegangen.
    Noch ein bisschen weiter und dann hören wir es über das Vogelgezwitscher und das Rauschen des Windes in den Bäumen hinweg: das leise Plätschern fließenden Wassers. Schließlich öffnen sich die Bäume, der Untergrund wird felsig und wir stehen am Ufer eines breiten, flachen Stroms. Das Sonnenlicht glitzert auf der Wasseroberfläche und es sieht aus, als lägen Münzen im Wasser. Fünfzehn Meter links von uns ist ein Mini-Wasserfall. Dort fließt der Fluss schäumend über ein paar

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