Pandoras Kuss
echt sexy).
Nur eine letzte Kleinigkeit fehlte noch, dann war ich bereit für Ravas Party. Diese Kleinigkeit bestand aus meiner privaten kleinen .38 Automatic Pistole und dem dazu passenden Holster, das ich mir um den linken Knöchel schnallte.
Mein Bruder Michel hatte mir die Waffe an meinem ersten Tag im Polizeidienst geschenkt. Meine Schwester Arlette bekam von ihm eine neun Millimeter Glock an ihrem ersten Tag bei der Staatsanwaltschaft. Mein Bruder begründete den Unterschied in der Feuerkraft damit, dass sie schließlich auch größer sei als ich und außerdem schlechter schoss. Sie brauchte schon eine Zimmerflak um ihre Gegner auszuschalten. Ich hingegen konnte mich da mehr auf meine Präzision als Schützin verlassen.
Ich rechnete mit so einig en Überraschungen an diesem Abend. Damit, dass man mich auf der Party des örtlichen Polizeichefs nach Waffen durchsuchen würde, rechnete ich nicht.
V on jetzt an war jedenfalls Schluss mit lustig.
W egen des ewigen Klingelns hatte ich mein Telefon schon vor Stunden abgeschaltet. (Außerdem die Türschelle abgestellt und sogar den Computer abgeschaltet). Jetzt schaltete ich das Telefon wieder ein.
Das Display z eigte 68 neue Textnachrichten. Ein Rekord. Ich öffnete nur die neueste davon. Sie stammte von Amelie, die mir mitteilte, wo sie mich erwartete.
Wenn ich vor ihr dort sein wollte – und das wollte ich absolut – dann musste ich mich beeilen.
Ich warf einen Blick aus dem Fenster auf die Straße vorm Haus. Dort parkten locker zwanzig Wagen, die da nicht hingehörten. Sobald man unten mein Gesicht am Fenster bemerkte, fuhren in den Wagen die Fensterscheiben herab und es erschienen die Objektive der Kameras darin.
Ich hatte gesehen, was ich sehen wollte.
Keiner hatte meinen Wagen eingeparkt. Ich würde ohne Schwierigkeiten losfahren können.
Vorm Spiegel im Flur übte ich ein letztes Mal mein Lächeln für die Pressemeute.
„Marie Colbert - versau es heute Abend bloß nicht!“, sagte ich zu meinem Spiegelbild.
Vor dem Haus erwartete mich die Meute der Fotografen.
Ich begegnete ihren Fragen und Kameras mit einem strahlenden Lächeln und winkte ihnen sogar zu, kurz bevor ich meinen kleinen Renault aus der Parklücke lenkte.
Übung macht den Meister, diesmal brauchte ich glatt drei Minuten weniger meine Verfolger abzuhängen als zuvor am Nachmittag.
58.
Die Sternwarte lag auf dem höchsten der Hügel, die sich um die Stadt herum zogen. Von der Zufahrt am Fuß des Hügels aus wirkte sie wie einer dieser kuppelartigen tibetischen Tempel. Noch dazu war sie strahlend weiß.
Ich war schon einmal hier gewesen, ganz kurz nach meiner Versetzung hierher und der Ort gefiel mir sofort. Es war nicht nur der klare helle Kuppelbau , der mich dabei ansprach, sondern auch die Aussicht.
Von hier oben hatte man einen ungehinderten Blick über die Stadt, mit ihren alten Kirchtürmen und der Kathedrale und den grünlich schillernden Fluss hinweg, bis weit ins Umland hinein.
Tagsüber wurden hier oben Touristenführungen angeboten. Aber jetzt gegen Abend lag der Ort verlassen.
Das heißt – abgesehen von Amelie, die in einem blauen Trenchcoat einsam , beinah verloren, auf dem Platz vor dem Kuppelbau stand und zur Stadt herab blickte.
Ich war sicher, dass sie mich gehört hatte. Trotzdem wandte sie mir weiterhin den Rücken zu.
„Pandora hat endlich den Schlüssel zu ihrer Box gefunden“, sagte ich, sobald ich sicher war, nah genug bei ihr zu stehen, dass sie mich hören konnte.
„Was war drin?“, fragte Amelie , ohne sich dabei zu mir umzusehen.
„Lauter eklige Würmer.“
Amelie schwieg einen Moment, dann wandte sie sich zu mir um. Ihr Mantel schwang dabei auf. Sie trug ein schwarzes Satinkleid mit Spitzenkragen. Dazu ein vierfach gewundenes Halsband aus Platin und Perlen. Ihr Make-up war dezent, aber wirkungsvoll. Dunkelbraun rötlich mit türkisfarbenen Eyeliner, der ihre grauen Augen fast blau erscheinen ließ. Sie sah besser aus als je zuvor.
„Interessant. Erzähl mir davon …“
Worauf du Gift nehmen kannst, dachte ich grimmig.
„Ich hatte heute ein interessantes Gespräch mit einem Informanten aus der Rue du Plessy. Scheint als sei die Einzige, die je in Mesrines kleinen Fonds eingezahlt hat, du selbst gewesen. Das war eine ziemliche Überraschung für mich. Ich fragte mich natürlich, weshalb all der Aufwand damit.
Du hattest wirklich kein Problem damit mich dabei fotografieren zu lassen, wie ich Mesrines Geld annahm.
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