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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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vermeiden kann.«
     
    Höhle.
    Baggersee.
    Stimmen. Stimmen. Stimmen.
    Hände, die sie festhalten. Dunkle Augen, die in ihre blicken und die Stimmen ausblenden.
    Mama!
    »Ganz ruhig, Megan. Das ist vorbei. Vergangenheit.«
    Nein, die Stimmen waren da. Sie waren immer da gewesen.
    »Öffne die Augen. Sieh mich an, und sie verschwinden.«
    Ja, verscheuche sie.
    »Nein, du musst mithelfen. Öffne die Augen.«
    Sie hob langsam die Lider und sah Neal Grady, der an ihrem Bett saß.
    Er erinnert mich an einen Renaissance-Prinzen …
    Prinz? Grady? Sie musste noch im Halbschlaf sein. Sie kannte keinen Grady. Auf dem Stuhl neben ihrem Bett saß ein Wildfremder. Sie setzte sich auf. »Wer sind Sie, um alles in der Welt?«
    »Keine Bedrohung für dich.«
    »Erzählen Sie mir nichts und verschwinden Sie aus meinem Zimmer.«
    »Sofort.« Er stand auf. »Ich hol dir ein Glas Wasser.«
    »Ich will kein Wasser. Ich will, dass Sie gehen. Wo ist Phillip?«
    »Er wartet draußen, bis ich ihm sage, dass er hereinkommen darf.«
    »Er weiß, dass Sie hier sind?« Plötzlich erinnerte sie sich, dass ihr Phillip mit sorgenvoller Miene nachgesehen hatte, als sie in ihr Zimmer gegangen war. »Sind Sie Arzt? Um Himmels willen, mir geht’s gut. Ich brauche keinen Arzt.«
    »Dir geht’s nicht gut.« Er nahm wieder Platz. »Und leider wird es noch um ein Vielfaches schlimmer, bevor du dich erholst. Und nein, ich bin kein Arzt. Mein Name ist Neal Grady.« Er nickte, als sie die Augen aufriss. »O ja, wir sind uns früher schon begegnet. Du fängst an, dich selbständig zu erinnern. Das ist vielversprechend … und ein bisschen gruselig. Eigentlich solltest du nicht dazu imstande sein.«
    »Wovon reden Sie eigentlich?« Sie schlug die Bettdecke zurück. »Ich will mit Phillip sprechen.«
    »Tut mir leid, das darfst du nicht. Erst musst du mir zuhören.«
    »Ich kann tun, was ich …«
    Stimmen. Schreie. Stimmen. Schmerz.
    »Nein!« Sie vergrub den Kopf im Kissen, aber sie konnte sie nicht ausblenden.
    Stimmen. Agonie. Schreie.
    Mama, hilf mir. Mama, hilf mir.
    »Sie kann dir nicht helfen. Das weißt du. Aber ich kann dich von den Stimmen erlösen«, sagte Grady schroff. »Meinst du, es gefällt mir, dir das anzutun? Aber du musst zulassen, dass ich mit dir spreche. Wirst du bleiben und mir zuhören?«
    »Befreien Sie … mich … von ihnen.«
    »In ein paar Sekunden sind sie verschwunden. Entspann dich.«
    Entspannen? Er musste verrückt sein. Wie konnte sie sich entspannen, wenn der Schmerz …
    Die Stimmen verstummten.
    Sie atmete erleichtert auf. Sie musste aufhören zu zittern. »Gehen Sie«, forderte sie matt. »Ich weiß nicht, was Sie mit mir gemacht haben, aber ich möchte …«
    »Du weißt, was ich mit dir gemacht habe«, widersprach Grady. »Du willst es dir nur nicht eingestehen.« Er schnitt eine Grimasse. »Vielleicht ist es auch mein Fehler. Es ist nicht leicht, die Kontrolle auch nur partiell aufzugeben, nachdem du so lange bei mir warst. Normalerweise heißt es ganz oder gar nicht.«
    »Keine Ahnung, wovon Sie reden.« Sie funkelte ihn an. »Und ich will es auch gar nicht wissen. Ich möchte nur, dass Sie gehen.«
    »Aber du traust dich nicht, zu Phillip zu laufen, weil du weißt, dass dann die Stimmen zurückkommen. Ich schlage vor, dass wir es schnell hinter uns bringen und dir Zeit lassen, das Ganze zu verdauen. Fangen wir damit an, dass wir deine Erinnerungen an mich zurückholen. Du warst fünfzehn und hast mit deiner Mutter in einem Cottage an der Küste North Carolinas gelebt. Ihr habt euch sehr nahegestanden. Ich hatte für diesen Sommer ein Nachbarcottage gemietet, und wir freundeten uns an. Wir sind am Strand geritten, und abends haben wir Karten gespielt.«
    Neal lachte sie an, während er versuchte, beim Poker zu bluffen.
    Ihre Mutter schüttelte belustigt den Kopf, ehe sie in die Küche ging.
    Erinnerungen erwachten, umgaben sie, ergossen sich über sie.
    Neal half Megan bei den Hausaufgaben für den Lateinkurs.
    »Du hast nie wirklich Hilfe gebraucht«, sagte Neal Grady leise. »Du bist lediglich gern mit mir zusammen gewesen. Du warst ein sehr liebevolles Mädchen und hast dich manchmal einsam gefühlt in diesem Strandcottage.«
    »Ich war nicht einsam«, protestierte sie heftig. »Mama und ich, wir hatten uns. Es gefiel uns so.«
    »Du warst allein. Aber sie tat das Beste für dich, zumindest das, was sie dafür hielt. Sie war hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, dir ein normales Leben zu bieten, und dem

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