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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Bestreben, dich zu beschützen.« Er hielt kurz inne. »Keine von euch war normal. Ihr wart ein kleines bisschen … anders.«
    Megan spürte jeden Muskel, als sie sich anspannte. »Nein, das ist eine Lüge.«
    »Sarah hat dir beigebracht, das zu sagen. Du solltest alles abstreiten, wenn jemand Fragen stellte. Das war die einzige Möglichkeit, dich zu schützen. Sie hat dich sogar belogen und behauptet, du hättest eine mentale Krankheit und würdest deshalb diese Stimmen hören. Hab ich recht?«
    »Ich höre Ihnen nicht zu.«
    »Doch, das tust du. Sarah hatte diese parapsychologische Gabe, und sie hat sie an dich vererbt. Allerdings hat sie sie nie als Geschenk angesehen, sondern als Fluch. Sie wollte nicht, dass sie dein Leben trübt, deshalb ignorierte sie, dass es sie gab.«
    Panik erfasste sie. »Das ist eine Lüge.«
    »Vor mir brauchst du dich nicht zu schützen.« Er wiegte den Kopf. »Oder vielleicht doch. Aber nicht wegen dieser Wahrheit. Niemand kennt dieses Talent besser als ich.«
    Sie sträubte sich. »Ich hab keine Ahnung von diesem übersinnlichen Quatsch.«
    »Umso besser, dass ich viel darüber weiß. Da draußen gibt es jede Menge parapsychologisch begabter Menschen: Gedankenleser, Geistheiler, Hellseher.«
    »Scharlatane.«
    »Einige. Die anderen sind echt.«
    »Ich nicht. Ich bin nichts davon.«
    »Nein. Bis jetzt hast du nur eine Begabung offenbart. Du bist eine Lauscherin.«
    »Eine was?«
    »Du hörst Echos. Wenn man dich in eine Situation bringt, in der sich eine Tragödie anbahnt, oder dich stark unter Druck setzt, kannst du hören, wie sich die Szene entwickelt. Nur«, fügte er ruhig hinzu, »gibt es zu viele Tragödien, zu viele leidende Menschen. Die Echos bombardieren dich, verdrängen sich gegenseitig, bis sie zu einem einzigen langen Schrei verschmelzen.«
    Er irrt sich, dachte sie. Jeder Schrei ist individuell und abgegrenzt, und der Schmerz ist unglaublich persönlich.
    »Und deine Mutter hat dich nie gelehrt, sie zu unterdrücken. Möglicherweise wusste sie nicht, wie sie dir das beibringen kann. Sie musste selbst lernen, mit ihrer eigenen Gabe zurechtzukommen, aber sie hat sich nie an andere parapsychologisch Begabte gewandt. Als ich sie kennenlernte, war sie ein reines, unverfälschtes Talent. Ein riesiges Talent – jemand wie sie ist mir nie zuvor untergekommen. Ich hab versucht, ihr zu helfen, aber damals war ich verdammt jung und hatte mit eigenen Problemen zu kämpfen.«
    »Das ist verrückt«, sagte Megan verunsichert. »Meine Mutter war ganz normal. Ich war die Einzige, die …«
    »Sie hörte auch Stimmen, hat sich nur nichts anmerken lassen.«
    »Sie hätte mich nie belogen.«
    »Sie war keine starke Lauscherin, und zu manchen Zeiten hörte sie vermutlich nicht das, was du gehört hast. Aber sie wusste, was es war. Als sie herausfand, dass du dieselbe Gabe hast, gelang es ihr, deinen Geist zu kontrollieren und die Echos in Schach zu halten. Sie hat nie versucht, den nächsten Schritt zu tun, dir zu helfen, die Herausforderung anzunehmen. Sie wünschte sich verzweifelt, dass dein Leben normal verlaufen würde. Wahrscheinlich hatte sie sich das für später vorgenommen.«
    Wir vergessen die Sache einfach, Baby. Komm zu mir, wenn du wieder dieses Problem hast.
    »Sie hat dich geliebt, Megan. Sie war verwirrt und machte große Fehler, aber sie hat dich immer geliebt.«
    »Das brauchen Sie mir nicht zu sagen«, gab sie giftig zurück. »Sie waren nur einen Sommer bei uns und wissen gar nichts über uns.«
    »Ich weiß, dass ich einschreiten und dich unter Kontrolle bringen musste, als sie aufgab und dich losließ. Hätte ich das nicht getan, wärst du mit ihr gestorben.« Er hielt kurz inne. »Der einzige Weg, dich auf Kurs zu halten, war, ein paar deiner Erinnerungen auszutauschen.«
    »Welche Erinnerungen?« Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Gott, ich kann nicht glauben, dass ich das gefragt habe. Als würde ich an all den Unsinn glauben.«
    »Du kennst eben im tiefsten Inneren die Wahrheit. Ich habe nur ein Pflaster aufgeklebt, den Rest hat dein Selbsterhaltungstrieb getan. Bist du sicher, ob du wissen willst, was das Pflaster verdeckt hat? Ich kann warten.«
    Sie schwieg eine Weile und kämpfte gegen die Versuchung an. Warum nicht? Sie würde sich nicht gestatten, dieses Zeug zu glauben, aber sie konnte sich ja ansehen, wie weit er mit dieser Geschichte ging. »Welche Erinnerungen?«
    »Es war das Beste, dass du dich nicht an mich oder diesen letzten Abend mit

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