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Pandoras Tochter

Pandoras Tochter

Titel: Pandoras Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Johansen
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Scheißkerle wie Molino zu überleben.« Sie ging zur Tür. »Ich habe Mark heute Nacht angerufen und gebeten herauszufinden, wen mir Molino jetzt, da Falbon tot ist, auf den Hals schicken wird.« Sie öffnete die Haustür. »Vermutlich ist er erpicht darauf, schnell zuzuschlagen.« Und mit einem Blick auf Megan fuhr sie fort: »Wer es besonders eilig hat, macht oft Fehler. Er wird sich auf jede Gelegenheit stürzen, mich in seine Gewalt zu bekommen. Wir haben eine Chance.«
    »Ich werde Sie nicht in Gefahr bringen«, erwiderte Megan.
    Ärgerlich schüttelte Renata den Kopf. »Sie verstehen nicht. Ich will das.«
    »Nein.«
    »Halsstarrig.« Und nach kurzem Überlegen meinte Renata: »Unter anderen Umständen wäre ich … gerührt über so viel Fürsorge. Seit langer Zeit hat niemand mehr Anstalten gemacht, mich zu beschützen.« Sie winkte Harley zu sich. »Meinetwegen können wir aufbrechen. Und falls Sie jemals wieder versuchen sollten, in meiner Abwesenheit mein Haus zu betreten, werden Sie eine unliebsame Überraschung erleben. Kleine Bomben kann man schnell basteln. Das ist eine Warnung, Harley.«
    »Ich nehme sie zur Kenntnis.« Harley folgte ihr. »Megan, ich bin in ein paar Minuten zurück.«
    Megan beobachtete, wie die Tür hinter ihnen ins Schloss fiel.
    Verdammt, Renata war störrisch wie ein Esel. Sie hatte Megan vorgeworfen, halsstarrig zu sein, war aber genauso ein Dickkopf. Sie wollte, dass alles nach ihrem Willen ablief, und war taub gegen vernünftige Argumente.
    Und wenn es nach Renata ginge, würde sie sich direkt in Molinos Schussfeld manövrieren. Warum überließ sie die Chronik nicht Grady und ihr als Lockmittel für Molino? Ein Menschenleben war zu kostbar.
    Dennoch verstand Megan allmählich, welche Leidenschaft Renata beseelte. Die Geschichte über den Tod ihres Urgroßvaters hatte ein Licht auf die Schikanen und das Bedürfnis geworfen, sich selbst zu schützen, das die Familie Devanez jahrhundertelang angetrieben hatte. Sie hatten Hunderte Verwandte vor einem gewaltsamen Tod bewahrt, indem sie die Chronik sorgfältig und akkurat weitergeführt hatten. Von welchen Schicksalen zeugte dieses uralte Buch noch? Renata wusste wahrscheinlich von allen. Von Kindesbeinen an hatte sie mit der Geschichte der Devanez gelebt. Edmund hatte für die Chronik sein Leben gegeben. Für ihn war das keine abstrakte, übertrieben idealistische Idee gewesen. Er wollte andere retten und verhindern, dass die Chronik in die falschen Hände fiel.
    »Du bist so nachdenklich. Was ist los?«
    Sie blickte zu Grady auf. Sein dunkles Haar war noch feucht von der Dusche, und er sah schlank und drahtig aus in Jeans und einem dunkelgrünen Hemd. Bei seinem Anblick machte ihr Herz einen kleinen Freudensprung. Er war nicht länger als dreißig Minuten von ihr getrennt gewesen, und trotzdem reagierte sie so heftig. »Renata hat uns einen Besuch abgestattet.« Megan ging zur Kaffeemaschine und schenkte ihm eine Tasse ein. »Setz dich, ich erzähle dir davon.«

K APITEL 14
    S
    ie hat recht.« Grady starrte in seine Tasse. »Es wäre eine Möglichkeit.«
    Megan zuckte zurück. »Was soll das heißen? Wir werden sie nicht als Lockvogel missbrauchen, Grady.«
    »Ich wette, sie will uns auch einspannen. Sie ist kein Opfer.«
    »Dass sie sich den Plan hat einfallen lassen, ist kein Grund, ihr nicht zu helfen. Und sie könnte ein Opfer werden, wenn etwas falsch läuft. Die Chronik liegt ihr genauso am Herzen wie Edmund. Sie glaubt, dass Molino sie nicht schlagen kann, und falls es doch so weit kommt, würde sie ihm die Chronik niemals überlassen.« Megan schauderte. »Eher würde sie auch nach einer Scherbe greifen wie Edmund. Und das Erschreckende ist, dass ich anfange, sie zu verstehen.«
    »Vergiss es«, versetzte Grady scharf. »Du identifizierst dich mit der Familie. Verdammt, genau das habe ich befürchtet.«
    »Ich identifiziere mich gar nicht. Ich habe nur Verständnis.«
    »Belass es dabei.« Er ging zu ihr und nahm ihre Hand. »Hör zu – deine emotionale Reaktion ist schon in normalen Situationen extrem. Stell dir vor, was wäre, wenn du zusätzlich, zu der Last, die du ohnehin trägst, akzeptieren würdest, eine Devanez zu sein. Fremdes Leid schmerzt dich. Als Phillip angeschossen wurde, warst du fix und fertig. Empathie mit dieser Familie würde dich gänzlich überfordern.«
    Sie setzte sich zur Wehr. »Familie, das ist nur ein Wort. Außer Renata kenne ich keine Devanez.«
    »Aber du leidest jetzt schon mit ihnen.«

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