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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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herunterzukommen, was Sariel sehr erleichterte.
    Eine gute Minute verharrte Sariel in seiner Stellung und überlegte, was er tun sollte. Hinabklettern? Wozu? Der Ori dort unten war mit Sicherheit tot. Niemand überlebte einen solchen Sturz. Aber weiter hinaufzuklettern, schien gefährlich, solange der Kalmar dort wartete.
    Ein neuer Gedanke tauchte auf: Was, wenn der abgestürzte Ori nicht allein gewesen war? Lauerten die anderen vielleicht oben auf ihn, um ihn einfach wieder hinunterzuwerfen?
    Sariel schätzte, dass seine Kräfte nach dieser Klettertour nicht mehr für einen Kampf gegen eine Übermacht von Ori reichen würden.
    Jedenfalls nicht unbewaffnet.
    Er blickte erneut hinüber zu dem regungslosen Ori auf dem Felsvorsprung und sah eine Art Rohr neben ihm liegen. Offenbar die seltsame Eiswaffe. Damit hatte er vielleicht noch eine Chance, falls er sich da oben einer Gruppe von Ori stellen musste. Vielleicht nur eine hauchdünne Chance, aber immerhin.
    Der Abstieg zu dem Felsvorsprung gestaltete sich noch schwieriger als der Aufstieg. Die Wand machte sich erneut über ihn lustig, narrte ihn mit bröckelnden Vorsprüngen und rutschigen Spalten. Aber Sariel schaffte die etwa vierzig, fünfzig Meter in einer guten Stunde und stand schließlich auf dem engen Plateau zwischen Himmel und Erde, neben dem Ori, der leblos mit dem Gesicht auf dem Fels lag. Er war klein, kleiner, als Sariel ihn sich vorgestellt hatte. Sariel versuchte erst gar nicht, sich auszumalen, wie sein zerschmettertes Gesicht aussehen mochte. Er wollte nur seine Waffe und bückte sich, um das seltsame Rohr unter dem reglosen Körper hervorzuziehen. Als er den Ori dabei berührte, merkte er, dass er noch atmete. Sariel zuckte zurück. Zögerte einen Moment. Dann kniete er sich vorsichtig hin, drehte den Ori um und erschrak heftig, als er in das Gesicht blickte.
    Vor ihm lag ein Mädchen! Ihr Gesicht war kein bisschen zerschmettert, auch sah er kein Blut. Das Mädchen stöhnte nur leise und schien allmählich zu sich zu kommen. Aber das war noch nicht, was ihn so erschreckte. Er kannte dieses Mädchen! Das Mädchen aus seinen Träumen! Kein Zweifel, da vor ihm lag das Mädchen, das in der Alster unter Wasser vor ihm aufgetaucht war, als er glaubte ertrinken zu müssen. Ihr Gesicht war das Letzte gewesen, was er gesehen hatte, bevor er ohnmächtig geworden und zweihundert Millionen Jahre später bei den Sari wieder erwacht war.
    Seit Sariel seine kleinen Vorahnungen hatte, glaubte er nicht mehr an Zufall. Vielmehr schien ihm, dass die Welt und sein Schicksal einem verborgenen großen Plan folgten. Und dieser Plan hatte sie nun zusammengeführt, hier, auf einem winzigen Felsvorsprung in der ödesten Steinwüste, die man sich vorstellen konnte.
    Allerdings hatte das Mädchen auf ihn geschossen. Das verkomplizierte die Sache.
    Sariel berührte sie vorsichtig, um festzustellen, wie schwer sie verletzt war. Sie trug einen Umhang aus dünner Tierhaut. Er schimmerte in matten Regenbogenfarben, wirkte fast feucht, fühlte sich aber sehr weich und fest an. Sariel zog die eigenartige Decke leicht zurück. Darunter kam zerrissene Kleidung zum Vorschein, die die Verletzungen des Mädchens deutlich erkennen ließen. Arme und Beine waren übel aufgeschrammt, aber soweit Sariel erkennen konnte, hatte sie den Sturz wie durch ein Wunder ohne Knochenbrüche überlebt. Nur am linken Bein klaffte eine hässliche Fleischwunde.
    Sariel wusste durch seine Lehrträume, dass das Mädchen die Tracht einer Zhan-Shi-Kriegerin trug. Feine, ganz und gar nicht bösartige Gesichtszüge, umrahmt von kurzen schwarzen Haaren. Und dennoch hatte sie versucht, ihn zu töten. Und würde es vermutlich wieder versuchen, wenn sie erwachte.
    Sariel nahm das Rohr und lehnte es außer Reichweite an die Wand. Im Gürtel des Mädchens steckte ein Messer, das Sariel ebenfalls weglegte. Erneut blickte er sich um. Er konnte sich nicht vorstellen, dass diese Kriegerin allein unterwegs gewesen war. Wo waren die anderen? Wieso half ihr niemand?
    Da sich jedoch niemand zeigte, musste Sariel als Nächstes die Fleischwunde verbinden. Zu Hause hätte er sein T-Shirt genommen, es zerrissen und als Verband benutzt. Aber hier trug er nur einen eng anliegenden Thermoanzug, der sich nicht zerreißen ließ. Das Mädchen hingegen trug Kleidung aus natürlichen Fasern, wie es schien.
    »Tut mir leid«, sagte er zu dem bewusstlosen Körper. »Aber es geht nicht anders.« Er nahm das Messer des Mädchens, zerschnitt

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