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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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keine weitere Sekunde und stürzte aus dem Gebäude. Sie kannte die Richtung.
    Nachdem Liya gegangen war, wartete Sariel den ganzen Tag in der Nähe der Tür und horchte auf Geräusche. Falls es wirklich eine Art Überwachungssystem in seiner Zelle gab, machte ihn das bestimmt verdächtig, aber das war ihm inzwischen egal. Sariel war überzeugt, dass das Urteil längst feststand.
    In regelmäßigen Abständen hörte er Schritte und Stimmen der Wachen vor seiner Tür. Das machte ihm nicht eben Mut. Die Abstände waren zu kurz, als dass sein Verschwinden lange unbemerkt bleiben konnte.
    Sariel wartete bis nach Einbruch der Dunkelheit. Kurz nachdem die Wachen wieder an seiner Tür vorbeipatrouilliert waren, öffnete sich plötzlich die Tür und Liya trat in die Zelle.
    »Es ist so weit. Zieh das an!« Sie hielt ein paar Kleidungsstücke in der Hand, unter anderem einen Umhang mit Kapuze. »Das ist eine Zhan-Shi-Tracht.«
    Sariel zögerte.
    »Mach schon!« Gehetzt blickte Liya nach draußen. »Sie kommen gleich wieder zurück. Das ist deine letzte Chance.«
    Sariel nahm die Kleidungsstücke entgegen und zog sie in der Reihenfolge an, wie Liya sie ihm reichte. Er sah nun aus wie ein Zhan Shi. Liya zog ihm die Kapuze über den Kopf und tief ins Gesicht.
    »Komm jetzt!«, presste sie hervor, nahm seine Hand und zerrte ihn aus der Zelle in den langen Flur, der verlassen und ruhig schien und nur von ein paar Fackeln an den Wänden erhellt wurde. Liya schien genau zu wissen, wohin sie liefen, auch wenn Sariel sehr schnell wieder die Orientierung verlor. Liyas Hand fühlte sich warm an und fest. Sie war erstaunlich klein, aber Sariel genoss das Gefühl, das ihn durchströmte, wenn sie zwischendurch fester zudrückte. Es vertrieb die Angst, und Sariel wünschte sich, dass sie nie wieder aufhören möge, seine Hand zu halten. Nie wieder.
    Geduckt hetzten sie über steile Treppen, Flure und kleine Innenhöfe. Wenn sie anderen Kriegern begegneten, zogen sie die Köpfe ein und murmelten den üblichen Gruß der Zhan Shi. Einmal mussten sie einen Platz überqueren, wo eine Gruppe Zhan Shi Zweikämpfe übte. Liya bedeutete Sariel mit einer Geste, sich ruhig zu verhalten, und wartete einen geeigneten Moment ab, als die Krieger sich wieder neu formierten. Dann rannten sie weiter.
    Sariel fiel auf, dass sie zunehmend mehr Kriegern begegneten, auch älteren, die sämtlich bewaffnet waren. Liya drückte Sariel in den Schatten einer Mauernische.
    »Jetzt wird es schwierig. Ich habe die Überwachungskameras deiner Zelle manipuliert. Sie zeigen gerade eine Endlosschleife von einigen Minuten. Aber sobald die Wachen die Täuschung bemerken, wird es Alarm geben. Bis dahin müssen wir hier raus sein.«
    »Wohin laufen wir überhaupt?«
    »Wir holen die Zeitmaschine. Bevor Mingan und Li sie kriegen.«
    »Weißt du denn, wo die Zeitmaschine ist?«
    »Ja.« Sie zögerte einen Moment. »Dort, wo sie die ganze Zeit über war - im Zimmer meines Vaters. Ich hab sie da gesehen. Wir sind fast da.«
    Sariel schluckte. »Aber wie sollen wir ...?«
    »Er hat versprochen, mit mir zu Abend zu essen. Er wird gleich hier vorbeikommen, dann ist das Zimmer leer. Wir gehen rein, holen die Bombe und hauen wieder ab.«
    »Das ist dein Plan?«
    »Problem damit?«
    Sariel stöhnte. »Da gibt's doch bestimmt Wachen und alles.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Wird mir schon was einfallen ... Achtung!«
    Sie drückte ihn zurück in den Schatten, denn in diesem Augenblick kam ihr Vater mit eiligen Schritten über den Gang auf sie zu. Der Mann, der Sariel verhört hatte. Der Mann, der das Todesurteil über ihn sprechen konnte. Jeder Zhan Shi, der ihm begegnete, grüßte ihn respektvoll, aber der Gon Shi nickte nur abwesend. Sariel hätte ihn berühren können, als er an ihnen vorbeilief. Dicht an Liya gedrängt, sah er, dass Liya die Augen zukniff, als ihr Vater sie im Vorbeigehen fast streifte. Doch der Gon Shi bemerkte sie nicht.
    »Los!«, raunte Liya, als ihr Vater außer Sichtweite war, und löste sich von Sariel. Sariel atmete erleichtert aus. Die unvermittelte körperliche Nähe zu Liya hatte trotz der Gefahr, in der sie sich befanden, eine Kette von Reaktionen bei ihm ausgelöst, die seine Mutter »physiologisch« genannt hätte und die ihm hier und jetzt unangenehm waren. Liya schien jedoch nichts zu bemerken. Wie zuvor nahm sie kommentarlos seine Hand und trat entschlossen aus dem Schatten. »Der Raum liegt gleich um die Ecke.«
    In diesem Augenblick hörten sie

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