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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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Mädchen, das sich mit einem gekonnten Klimmzug von dort auf das flache Dach hievte und dann geduckt auf die Dachluke zulief.
    Bevor Liya in das fremde Haus eindrang, konzentrierte sie sich darauf, sämtliche Gefühle auszuschalten, um nicht von Mingan bemerkt zu werden. Fast lautlos schlich sie eine Treppe hinab, lauschte nach Stimmen und versuchte, die Bewohner anhand ihrer Gefühlsaura zu orten. Im ersten Stock gab es drei Schlafräume, verbunden durch einen langen, engen Flur. Aus keinem der Zimmer drang irgendein Laut oder auch nur das kleinste Anzeichen irgendeines Gefühls. Also schlich Liya weiter nach unten und spürte bereits auf dem Treppenansatz die Anwesenheit von zwei Menschen. Kurz darauf hörte sie auch Stimmen, die flüsternd und eindringlich miteinander sprachen. Sie kamen aus dem Gemeinschaftsbereich, in dem die Mahlzeiten eingenommen wurden. Liya bewegte sich jetzt noch vorsichtiger als zuvor und kämpfte gegen ihre Aufregung an, die sie ebenso gut wie ein gellender Schrei verraten konnte. Zentimeter für Zentimeter pirschte sie sich an die Küche heran, die eine kleine Tür zum Innenhof hatte, und versuchte, die Stimmen zu erkennen. Was ihr nicht schwerfiel. Sie hätte sie unter Tausenden erkannt. Die eine gehörte Mingan. Und die andere - Li!
    Die beiden sprachen hastig, wie in großer Eile. Liya hatte Mühe, sie zu verstehen, aber ganz offensichtlich befragte Li Mingan nach den Ereignissen am Chui-Riff. Offenbar hatten ihn ein paar Ungereimtheiten in ihrem Bericht irritiert und er hakte jetzt nach. Wann genau Mingan aufgebrochen war, um Liya zurückzuholen, welchen Weg sie genommen habe, wie lange sie unterwegs gewesen sei. Mingan beantwortete jede Frage, ohne zu zögern, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und sagte immer wieder fest: »Es ist so, wie ich sage.«
    Liya wagte sich ein bisschen weiter vor, um einen Blick in den Speiseraum zu werfen. Gerade so weit, dass sie Li von hinten sehen konnte, der sich weit über den Tisch beugte und auf Mingan einredete. Inzwischen war Liya überzeugt, dass er ein Verräter war.
    Dass er der wahre Sariel war!
    Sie überlegte, was sie nun tun sollte. Ihrem Vater Bescheid sagen? Liya verwarf den Gedanken sofort. Ihr Vater schien Li mehr zu vertrauen als ihr. Liya sah nur eine Möglichkeit: Sie musste so schnell wie möglich mit Sariel die Zeitmaschine in Sicherheit bringen. Erst danach konnte sie es wagen, Li anzuklagen.
    Ein guter Plan, fand Liya. Theoretisch. Denn in der nächsten Sekunde brach alles zusammen.
    Die Katastrophe begann mit einem quietschenden Geräusch hinter Liya. Liya wirbelte herum und sah eine junge Zhan-Shi-Kriegerin, die sie vorher nicht bemerkt hatte. Einen Moment starrte das Mädchen sie nur an, aber es war schon zu spät. Li und Mingan wandten sich um. Als sie Liya erkannten, sprangen sie sofort auf. Liya hatte nur Sekunden. Der Fluchtweg nach vorn war durch das Mädchen versperrt. Blieb also nur der Weg übers Dach. Ohne zu zögern, stürmte Liya, soweit das mit dem verletzten Bein möglich war, über die Treppe nach oben, als Li und Mingan bereits aus der Küche stürzten und sie entdeckten.
    Liya humpelte hastig in den ersten Stock, einmal durch den langen Gang, und quetschte sich dann wieder durch die enge Luke aufs Dach. Sie schrie kurz auf, als sie sich dabei das verletzte Bein stieß, hielt aber nicht an, denn Li und Mingan rasten bereits hinter ihr her. Liya achtete nicht mehr auf den Schmerz und lief, so schnell sie konnte. Als Li das Dach erreichte, schwang sie sich mit einem beherzten Satz über das kleine Mäuerchen, fiel auf die Außentreppe und polterte hinab. Am Fuß der Treppe rappelte sie sich hastig auf und floh über den anliegenden Übungshof in den Palast.
    »Liyaaaa!«, hörte sie Li schreien, aber sie achtete nicht darauf, versuchte nur, im Zickzack durch die nächsten Gassen zu kommen, um einen Vorsprung zu gewinnen. Li und Mingan würden sich bestimmt aufteilen und sie verfolgen. Liya dachte daran, dass es am klügsten wäre, sich im nächstbesten Trakt zu verstecken und die Dunkelheit abzuwarten. Aber dazu war keine Zeit mehr. Liya ignorierte das Risiko, von anderen Zhan Shi festgehalten zu werden, und rannte zurück, um ihren Plan weiterzuverfolgen. Daher bemerkte sie weder, dass sie gar nicht verfolgt wurde, noch, was auf dem Dach des Gebäudes passierte. Hätte Liya nur einen einzigen Blick zurückgeworfen, hätte sie einen ratlosen Li gesehen. Und Mingan, die Li ohne Vorwarnung von hinten

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