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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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Ori. Auch die meisten Sari schienen Wunder vom Leben zu erwarten und waren gleichzeitig unfähig, ihr armseliges Leben in die eigenen Hände zu nehmen. Ohne zu zögern, folgten sie jedem, der ihnen mit ein paar salbungsvollen Worten das Blaue vom Himmel versprach. Die meisten Menschen waren so dumm. Lin-Ran war eine Ausnahme. Und deswegen ein Feind. Und vermutlich war es der Sariel auch gewesen. Aber der war nun tot.
    Khanh schluckte den bitteren Geschmack der Verachtung hinunter und wandte sich wieder Mingan zu. »Das ist ein sehr großer Wunsch, Mingan«, sagte er sanft wie ein großer Bruder. »Aber du verdienst es. Ich werde dir deinen Wunsch erfüllen, sobald du die große Aufgabe erfüllt hast. Ich werde dir den Weg nach Sar-Han weisen und man wird dich einlassen und mit allen Ehren behandeln. Du wirst nicht nur eine Sari sein - du wirst eine Königin der Sari sein!« Mingan seufzte glücklich auf.
    »Bist du bereit für die große Aufgabe, Mingan?«
    »Ich bin bereit, Herr.«
    »Dann darfst du keine Zeit mehr verlieren. Das Feuer hat die Zhan Shi aufgehalten, aber sie werden dir bald wieder folgen, und sie haben Rennkalmare. Du musst heute noch den Nebelwald erreichen.«
    »Jawohl, Herr.« Ohne weiteren Kommentar wandte Mingan ihren Kalmar nach Osten. Im nächsten Moment aber riss sie ihn wieder in die andere Richtung und blickte erneut über die verbrannte Steppe. »Herr!«, rief sie alarmiert.
    »Was ist los, Mingan?«
    Sie musste es aus dem Augenwinkel gesehen haben. Ihre Augen waren wirklich scharf, denn die Bewegung in der Ferne war selbst Khanh entgangen.
    »Dort! Seht ihr nicht?« Mingan zeigte nach Westen über das verbrannte Land, wo sich die Rauschschwaden langsam auflösten wie Albträume im Morgendunst. Jetzt sah auch Khanh die kleine Bewegung am Horizont. Es war einfach unmöglich, gegen alle Gesetze der Natur, dass sich dort überhaupt noch etwas bewegte. Khanh zoomte mit maximaler Auflösung auf die Stelle, aber er wusste bereits, was er sehen würde, und wunderte sich kaum noch, als er durch den Rauch der Schwelbrände einen Kalmar und einen Reiter ausmachte. Die Auflösung reichte nicht, um noch mehr zu erkennen, aber Khanh machte sich keine Illusionen. Das dort war der Sariel.
    Khanh riss sich das Com aus dem Ohr und gab sich einem seiner seltenen Gefühlsausbrüche hin. Er brüllte, schrie sich die Wut und die Enttäuschung aus dem Leib. Es war nur ein kurzer Moment und niemand außerhalb des schallisolierten Raumes bekam irgendetwas davon mit. Khanh fühlte sich auch nicht wesentlich besser danach, nur leerer, und er merkte plötzlich, wie müde und gereizt er durch die tagelange Schlaflosigkeit war. Dann wandte er sich wieder dem Monitor zu und blickte auf den schwarzen Fleck, der sein Feind war, und fragte sich, wie der Sariel das Feuer hatte überleben können. Es war eigentlich unmöglich. Aber das Wort »unmöglich« existierte für Khanh nicht, es gab immer eine Erklärung. Die Erklärung in diesem Fall konnte nur sein, dass der Sariel in kurzer Zeit enorme Fähigkeiten im Überleben auf Pangea erworben hatte. Und das machte ihn zu einem noch gefährlicheren Gegner. Möglicherweise war er sogar Mingan überlegen. Der nächste Schlag würde gut geplant sein und wirklich endgültig sein müssen. Und es war vielleicht besser, die Sache nicht nur Mingan allein zu überlassen.
    »Herr?«, hörte er Mingans ratlose Stimme im Raum. Hastig stöpselte Khanh sich das Com wieder ins Ohr.
    »Es ist der Sariel«, sagte Khanh und versuchte, sich die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.
    »Aber das ist unmöglich, Herr!«
    »Es ist, wie es ist. Niemand hat gesagt, dass deine Prüfung leicht wird. Du musst dich einer Königin der Sari würdig erweisen.«
    »Jawohl, Herr. Was soll ich tun? Soll ich auf den Sariel warten und ihn endlich töten?«
    Khanh zögerte einen Augenblick. Er wollte den Sariel tot sehen. Er wollte nichts mehr als das. Aber er durfte auch seinen Plan nicht gefährden. Eins nach dem anderen.
    »Nein. Es bleibt, wie ich gesagt habe. Du musst heute Abend noch den Schattenwald erreichen. Um den Sariel kümmern wir uns später. Vielleicht ergibt sich im Wald eine Gelegenheit. Sei bereit.«
    »Ich bin bereit, Herr.«
    Damit wandte sie ihren Kalmar erneut nach Osten und trieb ihn mit scharfen Schnalzlauten an. Im milchigen Licht der aufgehenden Sonne konnte Khanh am Fuße des Ngongoni bereits das dichte Grün des Schattenwaldes erkennen, der den Berg bis fast unter den Kraterrand

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