Pangea - Der achte Tag
endgültig zu scheitern.
Während Sariel bei den Wald-Ori ein Kind rettete und dabei Liya verlor, träumte Eyla, fern und allein in ihrem luxuriösen Apartment in Sar-Han, von einem roten Kater, der sich behaglich auf ihr einrollte, vorsichtig mit den Pfoten gegen ihren Bauch trat und dabei leise schnurrte. Ein schöner
Traum, und obwohl Eyla noch nie im Leben eine Katze gesehen hatte, erschien ihr das Tier mit dem weichen Fell, das sie fast riechen konnte, so vertraut, als wäre es ein Teil von ihr.
Das warme Glücksgefühl, mit dem Eyla aus diesem Traum erwachte, verging nicht und machte ihr endgültig etwas klar, was sie eigentlich schon seit längerer Zeit gewusst hatte. Dass sie einen Fehler gemacht hatte, einen großen Fehler.
Eyla handelte sofort und schlich sich aus der Wohnung des Sariel hinaus. Als Freundin von Khanh ließ man sie widerstandslos passieren. Dennoch brauchte Eyla ihren ganzen Mut und größte Vorsicht, um ihren Vater unbemerkt aus seinem Hausarrest zu befreien und zu verstecken. Lin-Ran verlor keine Zeit mit Vorwürfen gegen seine Tochter und organisierte mithilfe der regierungstreuen Zeitvögel den umgehenden Widerstand gegen Khanhs Machtübernahme. Eyla war überrascht, wie viele Sari nur auf sein Zeichen gewartet hatten, und ahnte, dass Khanhs Plan niemals hätte klappen können. Wenige Stunden später wurden Khanh und seine Leute gefangen genommen und die kurze Revolution in Sar-Han war beendet. Zwei von Khanhs Leuten hatten sich mit Gewalt widersetzt und waren von den Zeitvögeln in die Zwischenzeit entfernt worden. Khanh erwischte man in seinem geheimen Raum, als er gerade dabei war, die Daten seiner letzten Verbindungen zu Mingan zu löschen. Es würde lange dauern, um herauszufinden, mit wem er alles in Kontakt gestanden hatte, aber das war im Moment nebensächlich. Die alte Ordnung musste wiederhergestellt werden, und vor allem mussten sie einen neuen Sariel finden, denn durch Khanhs Verrat hatte sich auch diese Sariel-Aktion wieder als totaler Fehlschlag erwiesen.
Währenddessen geriet weit entfernt Mingans Leben vollends aus den Fugen. Plötzlich war die Stimme des Herrn in ihrem Kopf verstummt und meldete sich nicht wieder. Sosehr Mingan auch versuchte, den Herrn zu rufen, sosehr sie sich auch mit den Fäusten gegen den Kopf hämmerte, bis ihre Knöchel bluteten - die Stimme sprach nicht mehr zu ihr und ließ sie ohne Anweisungen. Und das ausgerechnet in dem Augenblick, als ihr Kalmar die Anwesenheit eines anderen Kalmars spürte und sich hartnäckig weigerte weiterzugehen. Mingan, inzwischen kaum noch bei Sinnen, schrie ihren Kalmar an, beschimpfte ihn und trat ihn mit Füßen. Ohne Erfolg. Im Gegenteil schien der weibliche Kalmar sich sogar noch von ihr abzuwenden. Da geriet Mingan in rasende Wut und ging mit ihrer Machete auf den großen Oktopus los, der ihr nicht mehr gehorchte.
Statt Mingan jedoch mit einem einzigen Tentakelschlag zu töten, wandte sich die friedliche Shan um und verließ sie endgültig, um dem Ruf des Kalmars zu folgen, den sie durch die Tiefen des Waldes hindurch vernommen hatte. Damit war Mingan nun auf sich allein gestellt und musste den weiteren Aufstieg zum Krater zu Fuß bewältigen. Sie nahm nur ihr Shi, die kostbare Zeitbombe und gerade so viel an Mondtränen und warmer Kleidung mit, wie sie tragen konnte. Verzweifelt über das Schweigen des Herrn und zunehmend entkräftet durch die Strapazen des Aufstiegs, die Kälte und die Höhenluft, verfestigten sich Mingans Wahnvorstellungen, bis sie fest daran glaubte, dass ihr ganzes Unglück nur eine Ursache hatte: der Sariel. Der Sariel war schuld an allem. Der Sariel hatte sie verflucht und verfolgte sie weiterhin aus der Ferne mit übermächtigen Kräften. Der Sariel war das Böse. Dieser Schluss erschien Mingan vollkommen einleuchtend. Daher traf sie eine Entscheidung. Nach wie vor wollte sie den Plan erfüllen und die Zeitmaschine im Krater zünden, wie der Herr ihr befohlen hatte. Aber vorher wollte sie den Sariel töten. Wie sie Liya getötet hatte.
Aber Liya war nicht tot. Immer noch nicht. Mingans Zeitmaschine hatte sie ins Nichts zwischen Raum und Zeit geschleudert. Körperlos und in vollkommener Dunkelheit hatte Liya dort festgehangen wie ein defekter Fahrstuhl. Ein Zustand wie tot und doch nicht tot, allein mit der Angst, dass es für immer so bleiben würde. Nur der Kontakt zu Sariel hatte sie davor bewahrt, zu verzweifeln. Liya hatte in Sariels Gedanken stöbern können, in den Kisten
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