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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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glatt und fast durchsichtig. Sie wirkten wie eine Glasur auf dem Fels und glitzerten im letzten Abendlicht.
    Sariel spürte inzwischen die Höhe sehr deutlich an seinen kurzen Atemzügen und dem leichten Schwindelgefühl. Da es ohnehin dunkel wurde und sie sich auf einem kleinen Lavaplateau befanden, hielt er es für besser, zu campieren und sich über Nacht an die Höhe zu gewöhnen. Außerdem waren sie Mingan inzwischen sehr nahe gekommen. Sariel rechnete damit, dass er ihr am nächsten Tag begegnen würde.
    Die Waldkalmare machten sich über die bläulichen Mondtränen auf den Felsen her und lagerten sich dann dicht um Shan und Biao. Sariel suchte sich einen bequemen Platz an Biaos Seite. Um nicht aus der Ferne von Mingan oder den Zhan Shi entdeckt zu werden, vermied er es, ein Feuer anzuzünden. Es tat gut, den Körper eines Kalmars im Rücken zu spüren und sich absolut sicher zu fühlen. Nach einem kurzen Mahl rollte Sariel sich in den Kyrrschal ein und versuchte zu schlafen. Gedanken an Liya und an die bevorstehende Begegnung mit Mingan hielten ihn noch lange wach. Erst der leise pulsierende Rhythmus von den träumenden Kalmaren schwemmte ihn schließlich in einen unruhigen Schlaf voller Albträume.
    Der nächste Tag begann grau und feucht und kalt. Dicke Wolken stauten sich am Berg und hüllten ihn ein. Kein Lüftchen rührte sich. Die Wolken schluckten den Wald, alles Grün, raubten der Welt jede Farbe. Mit klammen Gliedern und einem beunruhigenden Gefühl aus seinem letzten Traum packte Sariel seine Sachen zusammen und setzte die Verfolgung von Mingan fort. Kein guter Tag, dachte er.
    Trotz der Höhe schienen die Büsche und Bäume noch dichter zu werden. Sogar Shan hatte Mühe, sich einen Weg zu bahnen. Als sie eine enge Schlucht zwischen zwei uralten Lavaströmen durchqueren mussten, verlor Sariel Mingans Spur. Das Gefühl grenzenlosen Hasses, das ihn die ganze Zeit über wie eine Schweißfährte geführt hatte, war plötzlich verschwunden. Einfach weg, wie abgeschnitten. Die Kalmare spürten es ebenfalls und traten ratlos auf der Stelle. Sariel untersuchte die Stelle, an der sie sich befanden, genauer. Der Bewuchs war so üppig, dass kaum zu erkennen war, ob irgendwelche Zweige geknickt oder abgebrochen waren. Dennoch war Sariel überzeugt, dass er Mingan jetzt sehr nahe sein musste. Er spürte es an der Erregung, die ihn plötzlich ergriff, an der Mischung aus Angst und Entschlossenheit, die seine Sinne schärfte, bis er Mingans Fährte wieder wahrnahm - schwach, aber deutlich näher als vorher. Sariel überhörte eine Warnung von Biao und bahnte sich vorsichtig mit der Machete einen Pfad durch das Gestrüpp. Biao und Shan blieben zurück. Je tiefer Sariel in das Grün eindrang, desto stärker wurde das Gefühl der Furcht. Sariel fasste die Machete fester. Das Gefühl von Mingans Anwesenheit lockte ihn tiefer in die enge, überwucherte Schlucht. Shan und Biao waren nicht mehr zu sehen und seltsamerweise auch keine Waldkalmare. Die Welt war still geworden, Sariel hörte nur sein eigenes Keuchen und das Geräusch der Machete, die durch die Luft sirrte und sich durch das Unterholz fraß. Und dann, plötzlich, war Mingan weg. Einfach weg. Keuchend blieb Sariel stehen und versuchte, das Gefühl wieder zu orten. Die Machete in Abwehrhaltung vor sich, drehte er sich vorsichtig einmal um sich selbst. Die Gefahr konnte aus allen Richtungen kommen.
    Und sie kam von oben.
    Ohne Vorwarnung fiel sie aus dem Baum über ihm. Als Sariel den Kopf hob, war es bereits zu spät. Mingan hatte lange geduldig gewartet. Hatte ihren Hass benutzt, um den Sariel auf ihre Spur zu locken. Und als er sich näherte, hatte sie ihre Gefühle so weit unterdrückt, dass der Sariel sie nicht mehr orten konnte und dennoch die Fährte nicht ganz verlor. Mingan war eine Zhan Shi, ausgebildet zu einem einzigen Zweck: den Sariel zu töten. Und das würde sie nun tun. Sie hatte sich den Baum sorgfältig ausgesucht und seit über einem Tag in einer schmerzhaften, unbequemen Position ausgeharrt, bis der Sariel mit der Machete genau unter ihr stand und sich wie ein Anfänger benahm.
    Wie eine überreife Frucht fiel Mingan vom Baum und riss Sariel mit ihrem Gewicht von den Füßen. Der Rucksack mit der Zeitmaschine machte sie noch schwerer. Durch die Wucht des Aufpralls verlor Sariel die Machete und schlug hart mit dem Rücken gegen einen Ast. Der Schlag raubte ihm den Atem. Einen Moment konnte er sich nicht bewegen, sah nur, wie Mingan sich

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