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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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waren zudem jetzt hell erleuchtet und lockten Tausende von Menschen an. Noch vor Einbruch der Nacht war das ganze Ufer voller Menschen, die um die Hütten herumstanden, gebratenes Fleisch aßen und goldgelbe Getränke mit weißem Schaum aus Bechern tranken. Liya sah keine Chance mehr, unerkannt aus dem Schilf zu kriechen. Dann ging über ihr das Feuerwerk los. Liya hatte noch nie ein Feuerwerk gesehen und die bunten Sterne und Goldregen am Himmel verbunden mit den Donnerschlägen der Explosionen jagten ihr Todesangst ein. Bei jedem Schlag zuckte sie panisch zusammen, schrie sogar zweimal laut auf und kniff irgendwann die Augen zusammen.
    Als sie die Augen zwischendurch einmal aufschlug - sah sie Sariel! Sie erkannte ihn sofort, trotz der Dunkelheit und trotz der seltsamen Kleidung, die er trug. Sie sah ihn dicht an ihrem Versteck vorbeirennen. Er wirkte gehetzt, wandte sich oft um. Elektrisiert hob Liya ein wenig den Kopf aus dem Schilf, spähte in die Richtung, in die Sariel geblickt hatte, und sah vier Sari, die ihn verfolgten. Die Sari trugen seltsame Kleidung, die sie fast unsichtbar machte, aber Liya hatte scharfe Augen und war geübt darin, Tiere im Savannengras zu erspähen. Sie erinnerte sich nun wieder daran, was Sariel ihr über seine Entführung erzählt hatte. Und in diesem Moment war Liya egal, wo und in welcher Zeit sie sich befand. Ihr Freund wurde verfolgt und brauchte Hilfe. Ohne noch weiter an die Gefahr zu denken, stürzte Liya aus dem Schilf und rannte den Sari hinterher.
    Liya rannte, ohne auf irgendetwas anderes zu achten, bahnte sich einfach einen Weg durch die Menge und merkte kaum, dass sie dabei gegen einen gleichaltrigen Jungen stieß, der gerade mit seiner Freundin Jana Schluss machte.
    Der angerempelte Junge stolperte unglücklich, fiel mit dem Gesicht in eine Bierpfütze und brach sich einen Arm. Nichts Schlimmeres zum Glück. Als man Christoph Glasing später bat, das seltsame Mädchen zu beschreiben, konnte er nur immer wiederholen, dass es wie eine Pennerin ausgesehen hatte und geradewegs in Richtung Alster gerannt war.
    Auch andere Besucher des Kirschblütenfestes bestätigten übereinstimmend, dass gegen 22.36 Uhr ein jugendliches Mädchen in die Alster gerannt und dort untergetaucht sei. In einigen Aussagen kam sogar ein Licht vor, das in der Alster geleuchtet habe. Doch weder von dem angeblichen Licht noch von einem Mädchen in Pennerkleidung fand man am nächsten Tag und in den folgenden Wochen irgendeine Spur.
     

Erwachen
    Tief unter der Erde war die Zeit gekommen. Das Böse, das die Menschen GON nannten, war zu seiner vollen Größe angewachsen. Es war jung und dennoch bereits viele Millionen Jahre alt. Vor langer Zeit, als die Kontinente über den GON noch nicht zu einem neuen Pangea zusammengewachsen waren und an der Oberfläche der Erde gerade wieder eine Eiszeit herrschte, hatte sich der Parasit aus dem All verpuppt und war in das letzte Stadium seiner Entwicklung getreten. In seinem schützenden Kokon aus einem Material, das auf der Erde nicht existierte, trieb es langsam mit den Strömen der flüssigen Schlacke im Erdmantel dahin und bereiste so die ganze Erde. Auf der Erde verschoben sich die Kontinentalplatten und transportierten unter sich eine monströse, tödliche, träumende Fracht. Mit dem Magma des Erdmantels wurde der Kokon allmählich nach oben gepumpt, durch Risse und Spalten in der Erdkruste dorthin, wo das Magma nach draußen trat und Vulkane bildete. Dicht unter dem Vulkan bildeten die GON ein letztes Nest, eine gigantische Höhle, wo sie in Ruhe weiterwachsen und dann, wenn es so weit war, endgültig an die Oberfläche kommen würden, um die Welt in Besitz zu nehmen.
    Das Böse wuchs. Seit Millionen von Jahren wuchs es unaufhörlich. Langsam. Unendlich langsam. Aber die GON hatten auch keine Eile, und das, was sich dort unten in der Erde in einem riesigen, widerlichen Kokon entwickelte, musste auch sehr groß werden, um endlich aufsteigen zu können. Die GON brauchten keine Nahrung, um zu wachsen, denn sie bestanden nicht aus organischem Material. Nüchtern betrachtet waren sie nur ein Haufen von Millionen von Virenarten. Jede einzelne Art für sich so simpel und lächerlich, dass die Natur der Erde keine zehn Jahre gebraucht hätte, um sie abzuwehren. Aber alle Virenarten zusammen bildeten einen gigantischen Organismus, der träumen und Pläne machen konnte. Ein Wesen, das sich an seine verlorene Heimat erinnerte. Ein Wesen, das leben wollte, wirklich

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