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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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näher.
    »Darf ich vorstellen: GON! Oder auch die GON, wie du willst. Milliarden tödliche Viren.« Lin-Ran klopfte gegen die Glasscheibe. »Keine Sorge, das ist durchsichtige Keramik, mehrere Zentimeter dick, absolut unzerstörbar und absolut dicht.«
    Huan trat an die Scheibe und blickte in das Terrarium. Der kiesige, felsige Boden war von weißlichen Flechten bedeckt, und in der Mitte des Raumes wuchsen zwei dürre Bäumchen, die ebenfalls von Flechten überwuchert waren.
    Außer den Bäumen und den Flechten sah er nichts. Kein Tier, keine Bewegung. Dennoch lauerte hinter der Scheibe der Tod. Unsichtbar und raffiniert.
    »Was ist das für ein weißes Zeugs auf den Ästen?«, fragte Huan, mehr um irgendwas zu sagen.
    »Der Pilz, den die Ori als Schutz gegen das Virus essen.«
    »Das Schleimzeugs?« Huan schüttelte sich. »Uuhh!«
    »Angeblich soll der Pilz gebraten und gegrillt sehr gut schmecken. Die Ori nennen ihn Mondtränen.«
    »Mondkotze würde besser passen.«
    Lin-Ran lächelte bloß höflich. Er machte eine Bewegung mit der Hand, und augenblicklich surrte auf der anderen Seite ein Greifarm aus der Decke, der Lin-Rans Handbewegungen synchron folgte. Die Greifzange stieß zu Boden wie ein Raubvogel, zupfte eine der Flechten von dem felsigen Untergrund und hielt das tellergroße Stück näher an die Scheibe. Jetzt sah Huan, dass die Flechte sich veränderte. Sie zog sich zusammen, wechselte ihre Farbe zu einem schmutzigen Gelb und schien zäh zu werden. Nach einer Weile tropften erste Stücke zu Boden.
    »Genauer gesagt ist es ein Schleimpilz«, erklärte Lin-Ran.
    »Schon zu Zeiten des Menschen waren verschiedene Schleimpilzarten bekannt und stellten die Wissenschaft vor einige Rätsel. Denn sie ließen sich nicht eindeutig den Tieren oder den Pflanzen zuordnen. Mal verhielten sie sich wie Pflanzen, dann wieder wie tierische Organismen. Der Mensch hat die Schleimpilze gründlich unterschätzt. Sie haben alles überlebt. Den Kometeneinschlag, diverse Eiszeiten und Klimakatastrophen. Sie haben neue Arten entstehen und wieder aussterben sehen, und nach zweihundert Millionen Jahren ungestörter Evolution sind sie zu dem geworden, was du hier siehst. Virenfabriken.«
    »Moment! Die Mondtränen produzieren das Virus? Ich denke, sie schützen dagegen?«
    »Ja. Das eine wie das andere.«
    »Warum? Das macht doch keinen Sinn!«
    »Wir wissen es nicht«, sagte der Graue. »Wir wissen es einfach nicht.«
    »Sie könnten doch in Schutzanzügen rausgehen.«
    »Wir können nicht ein ganzes Volk in Schutzanzüge stecken.«
    »Dann bleiben Sie eben zu Hause«, meinte Huan. »In Ihrer Stadt, wo Sie sicher sind. Machen Sie doch schon seit Jahrhunderten.«
    »Vielleicht ist dir schon aufgefallen, dass vieles hier nach dreihundert Jahren ziemlich marode ist. Aber das Hauptproblem ist Wasser. Der Platz, wo wir gelandet sind, liegt äußerst ungünstig in einer völlig wasserlosen Gegend. Unsere Wasserreserven gehen dem Ende zu, obwohl wir jede Art von Flüssigkeit wiederverwenden.«
    »Jede Art von Flüssigkeit?«
    »Jede.«
    Huan verzog das Gesicht und dachte an den Nglirr. »Uhh!«
    »Trotzdem gibt es kein hundertprozentiges Recycling. Irgendwo gibt es immer Schwund. Wir rationieren unser Wasser bereits sehr stark. Wenn wir nicht bald eine Lösung finden, werden wir über kurz oder lang schlichtweg verdursten. Im Moment halten wir unsere Geburtenrate streng konstant. Aber wir wollen uns vermehren und neue Städte errichten. Wir Sari wollen nach so vielen Jahrhunderten der Isolation endlich eine neue Menschheit gründen. Wenn uns das nicht gelingt, war die ganze Evakuierung in die Zukunft umsonst. Wir haben keine Wahl. Für uns geht es ums Überleben. Um das Überleben der Menschheit.«
    »Und wie soll das gehen, ein Virus auszumerzen, das praktisch überall auf der Welt vorkommt?«
    »Es ist nicht so unmöglich, wie du denkst. Das Virus verbreitet sich zwar überall in der Atmosphäre, aber der Pilz, der das Virus erzeugt, wächst in Massen vor allem an einer einzigen Stelle auf Pangea. An dem Vulkan, von dem ich eben sprach. Die Ori nennen ihn Ngongoni.«
    »Woher wissen Sie das alles?«
    »Wir wissen es nicht. Wir haben es von den wenigen Ori gehört, mit denen wir in den letzten dreihundert Jahren Kontakt hatten.«
    Huan verstand. »Sie wollen also die Mondtränen killen, um die GON auszurotten.«
    »Ganz genau.«
    Huan fühlte sich unbehaglich, so vor der Scheibe, hinter der der Tod lauerte, und neben sich Lin-Ran, der

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