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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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die Augen oder wirkte sonst irgendwie ungehalten. Nur ein bisschen traurig über Huans Frage. Wie über die unerwartete Dummheit eines guten Freundes.
    »So ist das Gesetz. Die Tochter des Kontaktors hat das Vorrecht auf den Sariel.«
    »Und wenn er nicht will?«
    Jetzt lachte sie und drehte sich einmal kokett vor ihm. »Wenn ich dir nicht gefalle, kannst du dir eine andere suchen. Gefalle ich dir denn nicht?«
    Huan seufzte. Das war eben der Punkt. So eine Frage funktionierte irgendwie nicht mehr, wenn man sie einem Mädchen wie Eyla stellte. »Ich meine ... wir sind erst fünfzehn. Warum dieses Tempo?«
    »Ich bin schon fünfundzwanzig«, sagte Eyla. »Ich hab immer auf den Sariel gewartet. Und du gefällst mir!«, lachte sie wieder und kam ganz nah an ihn heran. »Du bist nett. Du bist anders als alle hier. Und du bist der Sariel. Du wirst uns retten.«
    Huan konnte wieder ihren Atem spüren. Er war warm und roch ein wenig nach Nglirr. Er schluckte. »Also ist dein Vater so was wie der Chef hier. Der Bürgermeister oder so.«
    »Er darf keine Entscheidungen treffen, wenn du das meinst. Er ist nur der Kontaktor, der oberste Ratgeber.«
    »Und wer trifft dann die Entscheidungen? Ich meine zum Beispiel die, Menschen aus der Vergangenheit zu entführen, ihnen neue Namen zu verpassen, sie zu verheiraten und dann loszuschicken, um irgendwelche Pilze auf einem Vulkan zu killen?«
    »Alle.«
    Eyla führte ihn über die Galerie zu einem Aufzug, der sie innerhalb eines Augenblicks nach unten brachte, ohne dass Huan irgendeine Beschleunigung gespürt hätte. Er wunderte sich nicht mal darüber, auch wenn er keine Erklärung dafür hatte. Sie bestiegen ein Hik, wie Eyla das kleine Fahrzeug ohne Räder oder Flügel nannte.
    Die Stadt und alles in ihr hätte Huan fremd und unheimlich sein müssen, tatsächlich aber wirkte Sar-Han auf seltsame Weise vertraut. Er vermutete, dass der Traum der letzten Nacht ihn irgendwie vorbereitet hatte. Auch das Hik mit seiner durchsichtigen Kapsel kam ihm bekannt vor, er machte es sich gleich in der richtigen Position bequem. Eyla legte eine Handfläche auf eine Art Armatur und das Gefährt hob ein Stück ab und bewegte sich dann fast geräuschlos mit konstanter Geschwindigkeit in etwa zehn Meter Höhe.
    »Ich dachte mir, ich führe dich noch ein wenig herum, damit du einen Eindruck von der Stadt bekommst. Das meiste kennst du schon aus dem Lehrtraum. Was du sonst noch wissen musst, erfährst du aus den nächsten Träumen, und den Rest erkläre ich dir dann später.«
    Sie gluckste leise. Huan musste sich zwingen, sie nicht dauernd anzustarren und stattdessen nach draußen zu blicken, wo Gebäude, Menschen und Verkehr an ihm vorbeizogen.
    Die Stadt. Sie schien prächtig und großartig von Weitem, wie ein großer, zerklüfteter Kristall. Wenig Grün, Huan sah nur vereinzelt so etwas Ähnliches wie Parks mit roten, palmenartigen Bäumen. Nirgendwo Schmutz. Aus der Nähe jedoch entdeckte Huan nach und nach Spuren der Zersetzung. Die Gebäude hatten Risse und wirkten teilweise wie notdürftig geflickt. Immer öfter erblickte Huan auch gänzlich verfallene und verlassene Häuser in der Gebäudereihe. Die Straßen waren teilweise marode und die Menschen sahen trotz ihrer bunten Kleidung abgezehrter aus als Eyla, Lin-Ran und der Arzt. Ein Hauch von Elend und Klassenunterschieden wehte durch Sar-Han, und Huan begann zu verstehen, dass diese Stadt trotz aller Technik nach jahrhundertelanger Isolation auf Pangea am Ende war. Die Stadt lag im Sterben.
    Eyla chauffierte ihn zu einem hohen, runden Gebäude ohne erkennbare Fenster oder Türen. Es sah einfach aus wie ein glänzender schwarzer Schildkrötenpanzer und beherrschte einen weiten, leeren Platz. Das Gebäude füllte fast das gesamte Gesichtsfeld aus, als sie sich mit dem Hik näherten. Eyla hielt mit unverminderter Geschwindigkeit darauf zu. Kurz bevor sie jedoch in die schwarze Wand gedonnert wären, öffnete sich eine Tür in dem Panzer und ließ sie ohne weitere Kontrolle passieren. Menschen sah Huan nicht.
    Eyla stellte das Hik auf einem Parkplatz ab, auf dem Hunderte dieser Fahrzeuge standen, und führte ihn durch das Gebäude.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Huan.
    »Im Centro«, erklärte Eyla, »sie erwarten dich schon.«
    »Wer?« »Alle!«
    Die Antwort begann allmählich, ihm auf die Nerven zu gehen. Eyla führte ihn kreuz und quer durch das weitläufige und labyrinthische Gebäude. Helle Flure mit milchigen Türen, wie schon zuvor in dem

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