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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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langes Herumreden. Hasst du mich?«
    »Nein. Nein, Papa, im Gegenteil.«
    Ihr Vater lächelte jetzt wieder. »Ich liebe dich auch, Liya. Du bist meine Tochter und ich würde ohne zu zögern mein Leben für dich geben. Ich mache oft Fehler, aber alles, was ich im Leben tue, tue ich nur für dich und deine Brüder ... und deine Mutter.«
    Liya schluckte hart, so sehr überrumpelte sie diese ungewohnte Offenheit.
    »Ich wollte nur, dass du das einmal aus meinem Mund hörst«, fuhr ihr Vater fort. »Und ich würde mir wünschen, dass du es auch glaubst.«
    Liya nickte nur. Kloß im Hals.
    »Ich kenne dich, Liya. Ich wusste, dass ich dich nicht von etwas abhalten kann, was du wirklich willst. Ich kenne deine Gabe, und ich weiß auch, wie wertvoll sie für uns alle ist. Aber ich wollte dich schützen, deswegen habe ich im Hintergrund ein paar Fäden gezogen.«
    »... und mich in den allerletzten Trupp ans Ende der Welt versetzt!«, platzte Liya heraus.
    »Du kannst mir nichts vormachen, Liya. Du bist nicht die Einzige, die seltsame Träume hat. Nicht die Einzige, zu der die Kalmare sprechen. Vor langer Zeit bereits sind Entscheidungen gefallen, lange bevor wir die Zusammenhänge erahnen konnten. Ich habe versucht, dich zu schützen. Aber ich kann mich nicht gegen den Willen der Kalmare stellen.«
    Liya verstand plötzlich nicht mehr, wovon ihr Vater sprach. »Was heißt denn Willen der Kalmare? Wenn sie alles vorausgesehen haben, hätten sie dann nicht auch Mamas Tod verhindern können?«
    Ihr Vater schüttelte den Kopf, und es wirkte, als ob der Kopf Tonnen wöge. »Ich kann dir das jetzt nicht erklären.
    Vielleicht erklären es dir die Kalmare eines Tages ja selbst. Ich wollte dich nur noch einmal sprechen, um dir einzuschärfen, dass du sehr vorsichtig sein musst. Sehr vorsichtig, hörst du? Traue niemandem. Schlafe wenig und leicht. Achte auf die Zeichen. Sei wachsam.«
    Bestürzt spürte Liya nun die Angst ihres Vaters, die blau und leuchtend seinen sorgfältig aufgebauten Gefühlspanzer durchbrach. Und in diesem Moment verstand sie, dass sie wirklich nicht die Einzige mit seltsamen Träumen war. Ihr Vater wusste etwas, das ihm große Angst machte. Todesangst.
    »Ich pass schon auf mich auf, Papa«, versuchte sie leichthin zu sagen, aber sie kam sich dumm dabei vor und ihr Lächeln misslang. Ihr Vater schien zu verstehen und nickte. Dann nahm er ihren Kopf in seine Hände und küsste sie auf beide Augen, wie er es früher vor dem Schlafengehen getan hatte.
    »Leb wohl«, flüsterte er in die Nacht, wandte sich dann brüsk von ihr ab und eilte zurück in den Palast des Gon Shi.
    Liya blieb zurück mit dem betäubenden Gefühl, sich gerade für immer von ihrem Vater verabschiedet zu haben. Sie merkte noch nicht einmal, dass sie weinte. Es wurde kalt. Nach unendlich langer Zeit, wie ihr schien, löste Liya sich, wandte sich um und fand irgendwie zurück in ihre Unterkunft. Sie merkte nicht mehr, dass Mingan sie schweigend beobachtete, als sie in ihren Schlafsack kroch, und fiel augenblicklich in tiefen, traumlosen Schlaf.
     

Aufbruch
    Die Angst war nicht nur ein Gefühl. Die Angst war ein Wesen, das in ihm wohnte und ihn von innen auffraß, schwer und unersättlich.
    Die Angst war überall.
    Sariel saß eingezwängt in dem kleinen, langen Ding, das sie ihm als Flugzeug verkauft hatten, obwohl es keine Flügel besaß. Sie hatten ihn beruhigt und ihm erklärt, dass er sich deswegen keine Sorgen zu machen brauche, die Flugphysik sei die gleiche.
    Die Flugphysik.
    Er hatte keinen Schimmer von Flugphysik, und was auch immer sie ihm während des Lehrtraumes in der vergangenen Nacht beigebracht hatten - Sariel hatte nicht das Gefühl, dass Flugphysik dabei gewesen war. Überhaupt erinnerte er sich nur bruchstückhaft an den Traum. Kurz nach seinem Gespräch mit Lin-Ran hatte man ihn zurück ins Krankenhaus gebracht und ihm wieder ein Glas Nglirr gereicht. Wie schon beim letzten Mal war er kurz darauf eingeschlafen und hatte wirre Träume gehabt, in denen sämtliche Gehirnareale, sein Gedächtnis und sein motorisches Zentrum auf die kommende Aufgabe vorbereitet wurden. Angeblich. Das Steuern des Fluggeräts, die Bedienung der Bombe, der Weg zum Ngongoni, verschiedene Kampftechniken und einige Dinge, die noch lange in Sariels Unterbewusstsein schlummern würden, bis ein ganz bestimmtes Signal sie aktivierte. Wie das überhaupt funktionierte, hatte Sariel immer noch nicht verstanden. Er erinnerte sich nur noch, dass er ein

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