Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
Vom Netzwerk:
wäre?«
    »Ich muss dazu auf meinem eigenen Kalmar reiten. Es geht nur, wenn ich Biao kriege.«
    »Kann er Schritt halten, wenn's schnell wird?«
    »Klar«, log Liya.
    Mingan warf einen Blick in die Runde. »Irgendwelche Einwände?« Die Mädchen schüttelten die Köpfe.
    »In Ordnung«, sagte Mingan. »Hol deinen Kalmar. Wir brechen noch vor Sonnenaufgang auf.«
    Damit ließ sie die Mädchen einfach stehen und verließ schlecht gelaunt den Platz. Den anderen Mädchen ging es nicht besser. Nur Liya war aufgeregt. Denn sie vermutete, dass das Tal, von dem sie geträumt hatte, irgendwie mit den Steinernen Köpfen zusammenhing. Und das konnte bedeuten, dass sie von dem Ort geträumt hatte, an dem sie dem Sariel begegnen würde.
    Gleich nach der Versammlung eilte Liya zurück in die Oase zu dem Stall, in dem sie Biao zurückgelassen hatte. Ihr Freund, der Oktopus, reagierte zuerst erfreut und dann beleidigt, als er sie sah. Zwei Tage hatte er in dem Stall alleine zubringen müssen. In einem Stall! Nun rollte er sich zu einer Kugel zusammen und machte keinerlei Anstalten, einen Tentakel zur Begrüßung auszustrecken. Liya wusste jedoch, dass Biao ihr nicht lange gram sein konnte, und bemühte sich mit Geduld und zärtlichen Worten um seine Huld. Mit Erfolg. Wenig später ritt sie mit ihm bereits zurück in die Festung und brachte ihn in einem der Ställe unter.
    Da Liya nun einem Trupp angehörte, schlief auch sie jetzt in der gemeinsamen Unterkunft. Traditionell hatte jeder Trupp sieben Zhan Shi, die gemeinsam in einem Raum lebten. Die einzelnen Trupps blieben oft jahrelang zusammen und wurden für die Krieger zu einer Art Ersatzfamilie. Eine Aussicht, die Liya nach der ersten Begegnung mit Mingan und Yuanfen den Magen umdrehte. Die meisten Zhan Shi verließen die Kaste nach einigen Jahren, sobald sie eine Familie gründeten. Es gab allerdings auch Krieger, die ihr Leben ganz der Kaste geweiht hatten und nur mit ihrem Trupp zusammenlebten. »Eisenärsche« wurden diese Krieger spöttisch genannt. Sie waren wegen ihrer Härte gefürchtete Ausbilder. »Eisenärsche« hatten viel Macht innerhalb der Kaste, daher verwunderte es Liya nicht sonderlich, dass ausgerechnet sie die taktisch wichtigsten Positionen besetzten, jene Punkte, an denen der Sariel mit hoher Wahrscheinlichkeit auftauchen würde. Das hätte sie wieder einmal ärgern können - wenn sie in der letzten Nacht nicht von jenem Tal geträumt hätte.
    Viel Zeit, darüber nachzudenken, hatte Liya jedoch nicht. Es gab viel zu tun. Die Trupps mussten sich selbst um ihre Ausrüstung kümmern, daher herrschte vor den Versorgungshäusern Chaos, weil alle gleichzeitig auf den Beinen waren. Aus der Oase wurde ständig Nachschub angeliefert. Die Gemeinschaft der Ori war alarmiert und widmete sich nur einem Ziel: den Sariel von seiner tödlichen Mission abzuhalten.
    Mingan befahl Liya, sich um Proviant und Ausrüstung zu kümmern, weil sie damit die meiste Erfahrung hatte. Liya musste zwei Stunden vor dem Versorgungshaus anstehen und hoffte, dass sie nichts vergessen würde. Die Liste der Dinge, die man für eine Reise durch die Wüste brauchte, war lang. Ausreichend Mondtränen, Hornschnecken, getrocknete Beeren, Windstürmerfell, getrocknetes Bergschweinchenfleisch, diverse Heilkräuter und Tees, Brühpasten, Decken, Zelte, genügend Wasser, Zündsteine und noch Hunderte von Kleinigkeiten. Zu ihrer Erleichterung waren die Zhan Shi aber gut organisiert, und der Versorgungsmeister wusste genau, was sie benötigte, und half ihr, die Sachen zusammenzustellen. Den Rest musste sie allerdings alleine machen. Das Verstauen und Aufladen der Last war eine elende Schinderei. Als sie endlich fertig war, ging bereits die Sonne unter. Mingan erschien im Kalmarstall und inspizierte das Ergebnis.
    »Ich hoffe, du hast nichts vergessen.«
    »Denke nicht«, antwortete Liya.
    »Jede Kleinigkeit, die du vergessen hast, kann da draußen unser Tod sein.«
    »Ich weiß!«, stöhnte Liya und unterdrückte den Impuls, Mingan eine passendere Antwort zu geben.
    Nach einem kurzen Abendessen zogen sich die Mädchen in ihre Unterkunft zurück und krochen in ihre Schlafsäcke aus Sandschläferfilz. Gesprochen wurde nicht mehr viel, die bevorstehenden Ereignisse und Gefahren machten sie schweigsam. Jedes der Mädchen hing seinen Gedanken nach, versuchte irgendwie, mit seinen Sorgen und seiner Angst klarzukommen und sich gleichzeitig nichts anmerken zu lassen. Nur Mingan wirkte unnahbar und kühl wie

Weitere Kostenlose Bücher