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Pangea - Der achte Tag

Pangea - Der achte Tag

Titel: Pangea - Der achte Tag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schlüter
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sah Sariel nicht. Auch nicht das orangefarbene Symbol, das plötzlich zu blinken aufhörte. Sariel schlief auch noch, als es kurz darauf einen trockenen Schlag gab, der Sariel den Kopf ruckartig nach vorne riss. Gleichzeitig passierten zwei Dinge: Das leise Sirren hinter ihm erstarb, und die Steuerautomatik leitete durch den Sitz einen Stoff in Sariels Körper ein, der ihn bereits wenige Millisekunden später hellwach machte.
    Das Erste, was Sariel sah, war, dass das Flugzeug wie abgeschossen aus dem Himmel fiel. Es trudelte nicht einmal. Nur Flugzeuge mit Tragflächen trudeln, und das ist immer noch ein stabiler Flugzustand, den gut ausgebildete Piloten steuern und ausleiten können. Niemand kann jedoch einen fallenden Stein steuern. Sariels Flugzeug hatte keine Tragflächen und stürzte auf- und antriebslos zu Boden. Sariel sah eher überrascht als erschrocken die Erde auf sich zurasen, während das längliche Ding, das einmal ein Flugzeug gewesen war, wie eine Spindel um seine eigene Achse rotierte. Der grüne Balken der Höhenanzeige schmolz zusammen wie Waldmeistereis in der Sonne. Zwölftausend Meter. Zehntausend. Neuntausend.
    Nun griffen Sariels Reflexe, die ihm mit dem Lehrtraum antrainiert worden waren. Er verstand sofort, dass der Hauptantrieb des Flugzeugs ausgefallen war, presste seine Hände zurück in die Kontrollmulden, versuchte, den Sturz abzufangen. Sariel musste nicht darüber nachdenken, was er tat, er bediente die Steuerung des Flugzeuges so traumwandlerisch wie ein Pilot mit Tausenden von Flugstunden. Mit dem einzigen Unterschied, dass er dabei immer noch vor Panik zitterte. Das Triebwerk ließ sich jedoch nicht mehr starten, und das Flugzeug, das kurz zuvor noch auf jedes Fingertippen reagiert hatte, gehorchte nun keinem Steuerbefehl mehr.
    »Sariel an Boden!«, schrie er. »Sariel an Boden, ich stürze ab!«
    Keine Antwort. Nicht einmal ein Knistern oder Rauschen. Und die Erde raste auf ihn zu.
    Achttausend Meter. Siebentausend. Sechstausend. Fünftausend.
    Sariel gab auf. Keine Chance. Das Flugzeug ließ sich definitiv nicht mehr steuern. Sariel sah eine riesige Bergwand auf sich zurasen. In diesem Moment, als er verstand, dass er in wenigen Augenblicken sterben würde, wurde er sehr ruhig.
    Und tat das Richtige.
    Mit einer weiteren Fingerbewegung in der Kontrollmulde löste er das automatische Rettungssystem aus, und das Cockpit explodierte durch den Druck eines feinen und hochkompakten Mikroschaums, der innerhalb von Millisekunden die ganze Kapsel ausfüllte, Sariel wie einen schützenden Kokon vollständig einhüllte, sich weiter ausdehnte und einen Tropfen von der Größe eines Iglus bildete, der an der Luft schlagartig zu einer elastischen Konsistenz aushärtete.
    Keine Sekunde zu früh.
    Kaum war dieser chemische Prozess abgeschlossen, raste das Flugzeug gegen den Berghang und zerschellte in tausend Einzelteile, ohne Explosion, da es keinerlei brennbaren Treibstoff enthielt. Der schaumige Kokon, in dem Sariel steckte wie ein Obstkern in einer Frucht, wurde mit großer Wucht auf einen scharfkantigen Felszacken geschleudert, fast platt gequetscht, dehnte sich dann wieder aus und stürzte den nächsten Hang hinab. Sariel hätte diesen Aufprall nie überleben können, aber der Kokon schützte ihn. Der schaumige Tropfen fiel wie ein riesiges unförmiges Gummispielzeug den steilen Berg hinab, schlug gegen Felswände, prallte in hohem Bogen ab und knallte zurück auf Geröllfelder. Dabei ließ die Elastizität des Kokons zunehmend nach, denn das Rettungssystem war nur für einen Aufprall konzipiert, nicht für Dutzende! Mit jedem Hüpfer bekam Sariel mehr von der irrsinnigen Talfahrt mit, wurde herumgewirbelt und spürte jetzt die Schläge, als würde jemand wütend auf ihn eindreschen. Erst tausend Meter tiefer landete der Kokon schließlich zwischen zwei Felsen im Talgrund und der schier endlose Sturz hörte abrupt auf.
    Sariel hing kopfüber in dem Schaumtropfen und stöhnte. Er war sicher, dass er sich sämtliche Knochen gebrochen hatte. Inzwischen wurde auch die Atemluft in dem Kokon knapp. Sie hatte sich bisher aus den feinen Poren des Schaums gespeist und war ebenfalls für einen einzigen Aufprall berechnet. Es wurde Zeit, den Kokon zu verlassen, wenn er nicht zuletzt noch ersticken wollte.
    Ächzend griff Sariel in die gummiartige, faserige Masse und zerrte daran. Sie hatte wieder ihre Konsistenz verändert, wurde zunehmend weicher und ließ sich mit wenig Kraft auseinanderreißen wie

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