Pangea - Der achte Tag
eine überreife Mango. Kopfüber und nicht besonders feierlich kam Sariel endgültig auf Pangea an, in einer Welt zweihundert Millionen Jahre nach seiner Zeit.
Die Luft, die er atmete, war kalt und dünn. Er befand sich in etwas über dreitausend Meter Höhe, am Boden des Chui-Riffs, das den tiefsten Einschnitt des Regenschattengebirges bildete. Dennoch immer noch hoch genug. Als Sariel versuchte, sich aufzurichten, wurde ihm schwindelig vor Atemnot, und er musste sich sofort wieder hinhocken. Sariel versuchte, ruhig zu atmen. Er saß unter den faserigen Resten des Kokons und blickte sich um. So weit er sah, nur brauner Fels und Geröll. Kein Leben. Er war allein.
Eine Weile blieb Sariel nur so sitzen und versuchte zu begreifen, was passiert war.
Wo er war.
Der Himmel eisblau, die Luft klar und frisch und es roch nach Staub und Stein. Dies war die Erde. Und dennoch nicht seine Erde. Er gehörte hier nicht hin.
Einen Moment lang dachte Sariel über die Ursache des Absturzes nach. Ein einfacher Fehler in der Technik erschien ihm unwahrscheinlich, dazu war den Sari die Aufgabe zu wichtig. Bestimmt hatten sie sämtliche Systeme immer und immer wieder kontrolliert. Kam also nur Sabotage infrage. Ein beängstigender Gedanke, dass ihn jemand innerhalb der Sari-Gemeinschaft töten und damit das Überleben der Sari verhindern wollte. Sariel überlegte, wem ein derartiger Verrat zuzutrauen wäre, aber wie sollte er darauf kommen, dass Khanh in der Nacht zuvor die Antriebseinheit, die Kommunikationstechnik und das Rettungssystem manipuliert hatte und Eyla kurz darauf das Rettungssystem wieder flott gemacht und ihm damit eine Überlebenschance verschafft hatte? Sariel interessierte sich nicht lange für die möglichen Ursachen seines Absturzes, sondern für Tatsachen. Soweit er feststellen konnte, war er unverletzt. Sein Körper war ein einziger schmerzender blauer Fleck, aber er hatte keine Knochenbrüche davongetragen, konnte Arme und Beine bewegen und fand nirgendwo Blut, auch nicht, als er mehrfach ausspuckte. Er hatte unglaubliches Glück gehabt, fand Sariel. Und gleichzeitig unglaubliches Pech, denn seiner Schätzung nach befand er sich einige tausend Kilometer von seinem Ziel entfernt. Sar-Han lag knappe zehntausend Kilometer hinter ihm. Auch nicht besser. Ob die Sari nach ihm suchen würden oder ob sie überhaupt von seinem Absturz wussten, war zweifelhaft. Nur einer würde ein Interesse daran haben, herauszufinden, ob er noch lebte: der Saboteur. Sariel begriff, dass er nicht hierbleiben und auf Rettung hoffen konnte. Er musste weg, möglichst schnell und weit, bevor der Saboteur überprüfen konnte, ob er wirklich tot war. Und der einzige Weg, der ihm noch blieb, war geradeaus, auf sein ursprüngliches Ziel zu, auch wenn er nun Wochen dafür brauchen würde. Sariel stöhnte laut auf, als ihm nach und nach das ganze Ausmaß seiner Lage bewusst wurde. Aber der Lehrtraum hatte ihn auch auf Extremsituationen vorbereitet. Sariel kontrollierte seine Atmung, um die Panik zu unterdrücken, und zwang sich, etwas Nützliches zu tun. Noch immer auf dem Felsboden hockend, untersuchte er zunächst den Inhalt seines Rucksacks. Die Zeitmaschine wirkte äußerlich unverändert. Sariel hoffte, dass sie unbeschädigt war. Seine Vorräte an Nglirr-Konzentrat waren nicht für eine wochenlange Reise berechnet. Er würde seine Vorräte rationieren müssen. Aber vor allem würde er sehr bald Wasser finden müssen. Es wurde Zeit, loszugehen.
Sariel erhob sich wieder, diesmal langsamer als zuvor, trat zwischen den beiden Felsbrocken hervor und sah sich um. Das Tal des Chui-Riffs war etwa zwei Kilometer breit und flach und von Geröll und größeren Felsbrocken durchsetzt. Links und rechts rammten sich Flanken von Achttausendern fast senkrecht in den Himmel, dass einem allein von ihrem Anblick schwindelig werden konnte. Die Sonne hatte gerade erst die Bergspitzen erreicht. Sobald sie höher stand, würde es warm werden, sehr warm, sogar hier oben.
In der Ferne, etwa in der Richtung, in die er gehen musste, sah Sariel eine Art transparentes Gewebe oder Gespinst, das einen Teil des Tals bewucherte. Das erste Anzeichen von Leben.
Bevor er jedoch losmarschieren konnte, blieb noch etwas anderes zu tun. Die Überreste des Kokons würden dem Saboteur verraten, dass er überlebt hatte, und Sariel vermutete, dass er ihn dann suchen würde, um ihn endgültig zu töten. Also musste der Kokon verschwinden.
Die faserigen Überreste des
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