Pangea - Der achte Tag
Flanke des Regenschattengebirges entlang, wo es zumindest bis mittags Schatten gab. So nah an den Bergen jedoch bestand die Gefahr, von Feuerspuckern angegriffen zu werden. Und es gab extreme Fallwinde. Jenseits der Bergkette pressten Stürme feuchte, warme Luft an die Flanken des Regenschattengebirges. Gigantische Gewitterwolken bildeten sich und regneten in verheerenden Wolkenbrüchen ab. Die abgetrocknete Luft wehte aber weiter über die Gipfel und stürzte auf der Wüstenseite des Regenschattengebirges als eiskalter Fallwind hinab. So schnell, dass er Orkanstärke erreichte und sich kaum dabei erwärmte. Steinwind nannten ihn die Wüsten-Ori, weil er wie eine Tonnenlast von oben herabfiel, alles Leben erdrückte und mit seinen minus 40 Grad schlagartig in den Eistod schickte.
Da die Berge zu hoch waren, um das Wetter auf der anderen Seite erahnen zu können, gab es kaum eine Möglichkeit, Steinwinde vorherzusagen. Man merkte es an einer Veränderung der Luft ringsum. Sie wurde klarer, hörte auf zu flimmern und schmeckte plötzlich metallisch. Dann, so wusste Liya, hatte man nur noch Minuten, um sich in Sicherheit zu bringen.
»Hör auf zu schmatzen, da vorne!«, rief Mingan hinter ihr.
»Ich schmatze nicht, ich prüfe das Wetter!«, rief Liya genervt zurück, ohne sich umzudrehen. Obwohl sie den Trupp durch die Wüste lotste, ließ Mingan sie in der Mitte des Trupps reiten. Sie wollte sie im Blick haben. Unter Kontrolle.
»Du schmatzt und merkst es noch nicht mal!«
Yuanfen, die seitlich neben ihr ritt, warf Liya einen verständnisvollen Blick zu, den Liya ignorierte, obwohl er ihr guttat. Sie wandte sich halb um und spuckte die Kräuter aus, auf denen sie in der letzten Stunde gegen die Trockenheit herumgekaut hatte. Der grüne Klumpen landete knapp vor Mingans Kalmar.
»Eh!«, schrie Mingan wütend, und Liya grinste zufrieden. Ein kurzes Gefühl der Genugtuung durchflutete sie, und sie konnte spüren, dass es sich auch auf Biao übertrug. Er ließ ein leises Pfeifen hören und sein Rückenpanzer flackerte schwach. Eine vertraute, ziemlich typische Reaktion. Er »kicherte«. Es gab Ori, die der Meinung waren, dass Kalmare keinen Sinn für List oder Humor hatten und alle Reaktionen, die man dafür hielt, nur menschliche Zuschreibungen waren. Liya war jedoch fest davon überzeugt, dass sie irrten.
Biao kicherte auf seine Art. Und das verband sie mehr mit ihm als irgendetwas sonst.
Biao. Mein lieber Biao! Ohne dich wäre es so trostlos!
Seit sie die Oase verlassen hatte, schien er wieder in seinem Element zu sein. Er schritt kräftig aus, auf seine langsame und bedächtige Art, und versorgte Liya mit seinen Wahrnehmungen von der Umgebung ringsum. Die Beschaffenheit des Sandes, der Geschmack der Luft, Flügelschläge in der Ferne, Donnergrollen jenseits des Gebirges. Durch den engen Kontakt zu Biao erweiterten sich Liyas Sinne, erstreckten sich tief in die Wüste, ließen sie den besten Weg finden und warnten sie vor Gefahren. Auch wenn die Kalmare der Zhan Shi zu ihr gesprochen hatten - mit keinem anderen Kalmar hätte Liya je ein so enges Verhältnis aufbauen können.
Biao stieß ein gluckerndes Geräusch aus.
»Jetzt ist aber gut, Dicker!«, sagte Liya und patschte ihm kräftig auf den Kopf. »Werd mir nicht hochnäsig.«
»Ich hab noch nie verstanden, was sie sagen«, sagte Yuan-fen neben ihr. »Ob sie überhaupt irgendwas sagen.«
»Sie sagen auch nichts«, erwiderte Liya. »Sie fühlen. Du musst dich konzentrieren, dann fühlst du es auch.«
Yuanfen schüttelte den Kopf. »Ich nicht.«
Liya blickte sie an und sah, dass Yuanfen ehrlich betrübt wirkte. Einem Impuls folgend, lächelte Liya sie aufmunternd an. »Du hast schließlich eine andere Begabung. Du kannst heilen.«
»Trotzdem beneide ich dich.«
Beneidet mich ? Wann hat mich schon mal jemand beneidet?
Liya musterte Yuanfen prüfend und versuchte, Anzeichen der Lüge in ihrem Gesicht zu finden.
»Manchmal denke ich, dass wir nicht die Kalmare reiten, sondern dass sie sich nur herablassen, uns zu tragen«, sagte Yuanfen. »Verstehst du, was ich meine?« »Ich verstehe dich sehr gut«, sagte Liya lächelnd und sah, wie Yuanfen sich darüber freute.
»Erzähl mir eine Geschichte!«, verlangte Yuanfen.
»Was für eine Geschichte?«
»Ach komm! Ich hab doch mitgekriegt, wie du die ganzen Tage vor dich hinmurmelst. Ich finde es ein bisschen gemein, dass du deine Märchen nur dir selbst erzählst.«
Liya rollte mit den Augen und wandte
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