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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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wie man in dieser Umgebung überhaupt nur sein konnte, und doch fühlte ich mich nackt und exponiert, wenn auch nicht im selben Maße wie Cantrell.
    Sechzig Meter vor mir stolperte der Pächter über gefällte Bäume und durch schwarzes, dorniges Gestrüpp, wobei er ein arthritisches Humpeln an den Tag legte, das gestern noch nicht da gewesen war. Ein Teil davon war Theater, denn mit seinen unbeholfenen Bewegungen verursachte er ausreichend Lärm, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Allerdings trug die Belastung, bei der Jagd auf einen psychopathischen Killer den Lockvogel zu spielen, das ihre dazu bei.
    Am Fuß eines Westhangs erstarrte Cantrell in der Bewegung. Er duckte sich, um durchs Unterholz zu spähen, das den Hügel überzog. Ich wusste, was er im Sinn hatte; irgendwo weiter vorn saß Arnie hoch auf einem Baum, von dem aus er hundert Meter in die eine und zweihundert in die andere Richtung sehen konnte. Arnie hatte eine . 300 Winchester Magnum mit Hochleistungszielfernrohr bei sich, treffsicher auch bei größerer Distanz, für den Fall, dass Ryan plötzlich aus den Büschen sprang.
    Ich wusste, dass Arnie die Umgebung im Blick hatte, trotzdem wurde ich nervös, als Cantrell stehen blieb. Ich entsicherte die . 35 Whelan Pumpgun, die ich mir aus der Metcalfe-Sammlung ausgesucht hatte, und legte an. Die Whelan war eine Waffe mit großer Durchschlagskraft, ideal für den Nahkampf. Und ich, die Jägerin im Schatten, würde Ryan bestimmt aus der Nähe sehen. Ich lehnte mich an einen Baum, um Halt zu finden, und zielte über Kimme und Korn auf Cantrell, wobei ich das vertraute Gefühl der Waffe in meiner Hand beruhigend fand; mein Vater hatte eine Whelan benutzt, wenn er in der Nähe unserer Hütte bei Baxter Park in den Zedernsümpfen jagte. Früher hatte ich oft mit einem Gewehr wie diesem geschossen, ein beruhigendes Gefühl.
    Erleichtert sah ich, dass Cantrell seinen geschwächten Humpelgang fortsetzte. Ich sicherte wieder und ging ihm hinterher, reckte den Hals nach allen Seiten, um auf jede Bewegung, jedes Geräusch, und sei es noch so klein, gefasst zu sein und reagieren zu können.
    Ich kletterte über einen Stamm und knickte dabei einen Zweig. Da fuhr mit einem Gezeter, das fast mein Herz zum Stillstand gebracht hätte, ein Schneehuhn aus seinem Versteck und flatterte blindlings auf den Pächter zu. Er wirbelte herum, hatte eine langläufige Pistole gezückt und den Schreck der bösen Vorahnung ins Gesicht gepflastert. Der Vogel kam auf drei Meter an ihn heran. Instinktiv schlug er mit der Pistole nach dem Tier, bevor er den rechten Arm samt Waffe müde auf seinen Oberschenkel fallen ließ.
    Der Widerhall des keckernden Huhns verebbte. Cantrell und ich sahen uns an; uns trennten etwa siebzig Meter. Keiner von uns sagte etwas, trotzdem spürte ich den immensen Druck, der seit den letzten Stunden auf ihm lastete; er und ich spielten ein Spiel mit unendlich hohem Einsatz. Wer würde am Ende verlieren? Eine Frage, die sich Cantrell und ich und alle anderen an diesem trüben Morgen im Wald pausenlos stellten. Diese Jagd war Cantrells Idee gewesen. Eine simple Taktik, wie sie von Jägern auf der ganzen Welt angewendet wird. Er und Nelson hatten beschlossen, unseren Bewegungsradius und damit auch den von Ryan einzuschränken. Auf der großen Landkarte im Blockhaus hatte Cantrell mit Hilfe eines Fettstifts einen eineinhalb Kilometer langen und 700 Meter breiten Korridor gekennzeichnet, nördlich der Stelle am Biberteich, wo Ryan Earl angeschossen hatte, und südlich der Berge, über die Nelson und ich ihn verfolgt hatten, bevor sich seine Spur im Zufluss des Sticks River verlor. Das Gelände wurde von vier schmalen Hügeln markiert, nicht höher als hundert Meter und nicht weiter voneinander entfernt als zweihundert Meter; jeder dieser Hügel führte auf die Hochebene zu, auf der Arnie auf der Lauer lag. Auf der Landkarte erinnerte die Hügelformation an die knochige Hand eines alten Mannes. Auf jedem Finger hielt auf einem Hochsitz ein Jäger Ausschau. Theresa saß in einer Schierlingstanne, etwa fünfhundert Meter östlich von mir auf dem Knöchel des ersten Fingers. Kurant hatte auf demselben Finger Position bezogen, nur weiter außen, am Fingernagel sozusagen. Kurant hasste diese Aufgabe, aber er hatte keine andere Wahl, und das wusste er; Ryan würde auch vor ihm nicht Halt machen. Griff überwachte das erste Glied auf dem zweiten Finger, Phil das zweite Glied auf dem Ringfinger. Nelson saß westlich

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