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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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etwas Schlaf, sonst würde ich schlappmachen. Wie aus weiter Ferne drang Cantrells Stimme zu mir durch, der Phil und Earl die Topographie ihrer neuen Jagdgründe erklärte. Ich gähnte und machte Anstalten aufzustehen.
    Im selben Moment hörten wir die Schreie. Sheilas und Theresas markerschütterndes Kreischen riss uns alle von den Stühlen. Nelson stürzte zu uns ins Speisezimmer. Er war kreidebleich. »G-Grover …«, stammelte er. »Der Balken … ich …«
    Cantrell gab Nelson Anweisung, uns zurückzuhalten, und rannte durch die Küche nach draußen. Doch Nelson war nicht in der Verfassung, jemanden zurückzuhalten.
    Als Nächstes erinnere ich mich, wie ich hinter dem Blockhaus stehe, dass Schnee fällt und der Lichtstrahl einer starken Taschenlampe sich durch die Dunkelheit tastet, bis er zwischen den erlegten Tieren Grover findet, der kopfüber am Balken hängt. Auch ihn hatte man aufgeschnitten, ausgeweidet, skalpiert und an den Achillessehnen aufgehängt. Eine weiße Eulenfeder steckte ihm zwischen den teigigen Lippen.
    Theresa brach zusammen. Nelson versuchte sie aufzurichten, aber sie schüttelte ihn ab und schleppte sich auf allen vieren durch den Schnee. Dann öffnete sie den Mund und erleichterte sich.
    »Nein, nein«, stöhnte Kurant vor sich hin. »Bitte nicht.«
    Sheila sank hinter ihrem Mann auf die Knie. Die Laute, die sie hervorbrachte, als er den Lichtstrahl über Grovers Körper gleiten ließ und ihn schließlich auf die blutigen Schlitze zu beiden Seiten des Brustkastens gerichtet hielt, klangen wie erstickte Rülpser.
    Wir anderen standen stumm vor diesem Anblick, vornübergebeugt wie Büßer, die nicht an das Opferlamm glauben wollten, das doch so sichtbar im Wind schaukelte. Mein erster Impuls nach dem ersten Schrecken war Flucht. Stattdessen schrie ich, fassungslos: »Wo sind sie, Mike? Wo sind die Mounties? Sie wollten die Sache vertuschen, und jetzt haben wir zwei Leichen!«
    Alles starrte jetzt auf mich, da merkte ich erst, dass ich am ganzen Leib zitterte. »Wo sind die Mounties, Mike?«, schrie ich erneut.
    »Was soll das heißen – zwei Leichen?«, fragte Nelson dumpf.
    Cantrell versagte die Stimme.
    »Patterson«, antwortete Griff an seiner Stelle. »Diana hat ihn gestern Abend am nördlichen Ende des Reviers gefunden – genauso zugerichtet wie Grover. Mike wollte, dass wir ihn ins Kühlhaus legen, damit ihr nicht ausrastet. Das mit der Grippe haben wir erfunden.«
    Nelson war fassungslos. »Dons Frau hat vor kurzem erst entbunden«, murmelte er.
    »Ich will nach Hause, Earl«, heulte Lenore. »Jetzt gleich.«
    Earl nickte ausdruckslos, doch dann drehte er auf, ganz krisenerprobter Geschäftsmann. »Ich verlange, dass meine Frau und ich auf der Stelle abgeholt werden. Sind die Mounties verständigt?«
    Cantrell schüttelte den Kopf, als könne er es selbst nicht fassen.
    Arnie machte einen Schritt auf ihn zu, die Hände zu Fäusten geballt. »Was soll das heißen, nein? Dieser Junge da wurde regelrecht geschlachtet!«
    Sheilas Rülpser formten abgerissene Sätze. »Wir … wir haben es die ganze Nacht versucht … aber das Funkgerät … irgendwas stimmt da nicht … ich, ich hab Grover heute Morgen losgeschickt … er sollte die Antenne überprüfen … und dann ist er nicht zurückgekommen … und … und …« Mehr brachte sie nicht mehr heraus.
    »Großer Gott«, krächzte Butch. »Wer tut so was?«
    »Wer wohl?«, rief Phil. »Wir sitzen doch am Arsch der Welt! Außer uns ist da keiner!«
    Ich sah es an der Art und Weise, wie wir uns gegenseitig argwöhnisch beäugten: Wir grenzten uns voneinander ab, verschanzten uns tief in den eigenen Gedanken, eine instinktive Reaktion, auf die wir keinen Einfluss hatten.
    »Sie glauben, es war einer von uns?«, fragte der Journalist langsam und ungerührt. Der Schock, nahm ich an.
    »Einer von den Bogenschützen«, verkündete Phil. »Seht ihr? Das ist eine Pfeilwunde.«
    »Hundertprozentig«, stimmte Nelson zu.
    »Dann waren Sie es«, sagte Earl und zeigte auf Griff. »Oder Sie, Butch.«
    Arnie entfernte sich einen Schritt von seinem Freund. »Moment mal, ich hab keinen umgebracht«, widersprach Butch.
    Lenore bekam glasige Augen und drängte sich an ihren Mann. »Wir sollten sie beide wegsperren, bis die Polizei da ist, nur um sicherzugehen.«
    »Unbedingt«, sagte Earl. »Einer von ihnen ist ein Psychopath.«
    Sie gerieten in Streit. Kein Vertrauen, keine Kameradschaft, wie Tiere, die sich in die Enge gedrängt fühlten. Plötzlich

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