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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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Baumwollhose und passendem Hemd, Letzteres mit grellrotem Faden bestickt und an der Taille und den Ärmeln mit blauen, gelben und roten Troddeln geschmückt. Auf dem Kopf trug er einen regenschirmgroßen Hut mit ähnlichen Troddeln, an dem orangefarbene und blaue Federn steckten. Der Mann balancierte auf einem Fuß – die Arme seitlich ausgestreckt – am Rand einer Klippe hoch über einer Wüste. Zwei Frauen mit langen schwarzen Haaren und bunten Röcken und Tüchern aus Baumwolle sahen ihm zu. Die Wirkung war so farbenfroh wie eindringlich.
    Auf dem zweiten Foto war ein Lehmziegelhaus zu sehen. Es war am frühen Morgen aufgenommen worden. Die ersten Sonnenstrahlen tauchten die blaue Tür und die massive Eiche im Hof in ein goldenes Licht. Im Vordergrund scharten sich Pfauen und Perlhühner.
    Der letzte Schnappschuss war das Porträt einer Frau. Braunäugig, brünett, ovales Gesicht, weiche, angenehme Züge, ein liebendes Lächeln für den Fotografen. Mein erster Gedanke war: Sie ist schön. Mein zweiter: Ich kenne sie. Ich hatte sie schon einmal gesehen, oder jemanden, der ihr ähnlich sah. Nur wo? Ich zermarterte mir das Hirn, kam aber nicht drauf.
    Ich schob die ersten beiden Fotos in die Scheintasche zurück und verstaute diese wieder auf dem Boden der Tasche. Das Bild der Frau steckte ich in den Medizinbeutel um meinen Hals. Als ich mich aufrichtete, entdeckte ich zu meinem Erstaunen eine Öffnung in der hinteren Wand der Höhle.
    Manche Orte strotzen ja förmlich von finsteren Energien – dunkle Gassen, Rabenhorste, leer stehende alte Häuser –, und ein solcher Ort, ahnte ich, nur noch bedrohlicher, befand sich hinter dieser Öffnung.
    Nur zu
, sagte ich mir,
jetzt bist du schon so weit gekommen. Bring die Sache zu Ende
. Es kostete mich höchste Überwindung, um mich vorsichtig der Öffnung zu nähern und dabei nur ja keine der sorgsam arrangierten Habseligkeiten zu verschieben. Etliche Minuten stand ich vor dem schwarzen Raum, bis ich den Mut fand, einen letzten Schritt nach vorn zu tun.
    Zunächst stieg mir der Geruch von Kerzenwachs in die Nase, dann ein süßlicher, rauchiger Duft, den ich nicht identifizieren konnte, und dann, unverkennbar, der Gestank von fauligem Fleisch.
    Ich knipste die Taschenlampe an und erblickte einen Schrein. Oberhalb eines Felsvorsprungs war die frische Haut eines Hirsches, Fellseite nach außen, in einen ovalen Rahmen aus Eschenschösslingen gespannt und an die Mauer geheftet. An der höchsten Stelle des Schreins hing das Geweih eines Zehnenders. Unterhalb der Geweihstangen waren die Federn von Habichten, Eulen und Raben mit Hilfe von Tiersehnen und kleinen Holzperlen, schwarz, blutrot und tannengrün, zu einem halbmondförmigen Fächer gebunden. Dann folgten drei Pfeile mit grellgelben Schäften. Statt der üblichen Fiederung waren oberhalb der Kerbe Büschel aus Adlerfedern lose am Zedernholz befestigt worden. Und unter den Pfeilen ein Schädel, augenscheinlich der eines Wolfs, von Fleisch und Knochen befreit und fahlweiß. Rinnsale aus rotem Kerzenwachs liefen wie Tränen aus den leeren Augenhöhlen. Wachs von mindestens einem Dutzend Kerzen verkrustete in dicken Schichten beide Seiten des Felsvorsprungs und war über die Felswand getropft.
    Fröstelnd blickte ich mich um, wusste, dass es an der Zeit war, die Höhle zu verlassen, witterte Gefahr. Ich versuchte, mich aufzuraffen, doch ich stand wie gebannt vor diesem Schrein. Unter dem Wolfsschädel thronte in der Mitte des Felsvorsprungs eine größere, gerahmte Version des Fotos von der hübschen Braunhaarigen. Als ich mir das Bild näher ansehen wollte, entdeckte ich etwas, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Mir wurde übel. Um das Foto herum waren vier menschliche Skalps arrangiert.
Der von Patterson, der von Grover, der von Pawlett. Und noch ein vierter. Ein Altar. Ein Trophäenraum. Beides
.
    Im selben Moment setzte ohne Vorwarnung mein Herz aus, genau wie im Wald, als ich das Gefühl hatte, jemand würde mich beobachten.
    »Kauyumari sagte mir, dass du kommen würdest«, knurrte eine tiefe Stimme hinter mir.
    Erschrocken schrie ich auf. Meine Flinte fiel um und schlug dumpf auf den Steinboden. Ich starrte ihn an, meinen Rettungsanker, futsch.
    »Weißt du, wer ich bin? Weißt du, wer ich bin?«, fragte die Stimme.
    »James Metcalfe?«, sagte ich.
    Der Killer lachte und fragte erneut: »Weißt du, wer ich bin?«
    »Nein.«
    »Umdrehen«, sagte er, zufrieden mit meiner Antwort. »Langsam, oder ich

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