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Panic

Panic

Titel: Panic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark T. Sullivan
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und rückten ebenfalls näher. Ich raffte mit der linken Hand eine der Häute an mich und warf sie über den toten Wolf hinweg ins Feuer. Das getrocknete Fett auf der Rückseite der Haut ging in Flammen auf, obwohl ich mir den letzten brennenden Ast geschnappt hatte, der noch übrig war. Ich versuchte aufzustehen, konnte aber nicht; meine Knöchel waren nach wie vor fest zusammengebunden. Ich würde auf Knien kämpfen.
    Sie kam schräg von der Seite. Und ich wartete, bis sie mit gesenktem Kopf gegen mich anspringen würde. Als es so weit war, stieß ich ihr den glimmenden Ast entgegen. Ihr Angriff kam rasch und heftig, und die brennende Spitze bohrte sich ihr ins Auge. Ihr Gewinsel, als sie in die Dunkelheit entfloh, schien aus dem Reich der Geister zu stammen.
    Ich wirbelte herum und schlug mit dem Ast nach dem ersten der drei untergeordneten Wölfe, die von hinten auf mich zuhielten, und schleuderte ihm die brennende Hirschhaut auf den Rücken. Winselnd drehte er sich im Kreis, versuchte sich des Feuers zu entledigen, das jetzt sein Fell erfasst hatte. Die beiden anderen Wölfe wichen zurück beim Anblick ihres brennenden Bruders und jagten ihm hinterher, als er rauchend in die Nacht entkam.
    Ich verharrte reglos neben dem toten Wolf, horchte, hielt Ausschau, ob die Gestalten erneut angriffen. Doch die seltsame Stille war verschwunden. Nur noch die vertrauten Laute des nächtlichen Waldes waren zu hören: das sanfte Rascheln der Zweige im auffrischenden Wind, das Schreien der Eule, das Rauschen des Flusses, das Rascheln welker Blätter. Die Wolken über mir hatten sich verzogen. Der Vollmond tauchte den Wald in ein sanftes Licht. Es war alles vertraut und tröstlich.
    Da brach ich zusammen, schluchzte angesichts dessen, was ich durchgemacht hatte. Ein Zittern erfasste mich. Mein Magen hob sich, und ich erbrach, was ich vor gut einer Stunde in der Höhle gegessen hatte.
    Das Würgen hörte schließlich auf, aber das Zittern blieb. Es wurde heftiger, und ich merkte, dass ich auch mit den Zähnen klapperte. Wahrscheinlich stand ich kurz vor einem Kälteschock. Ich musste mich aufwärmen, sonst würde ich sterben.
    Ich stemmte die Füße gegen den toten Wolf, zog ihm den Knochen aus der Kehle und zerschnitt damit meine Fußfesseln. Kleine Nadelstiche jagten mir durch die Füße, als ich aufstand, aber ich nahm sie hin. Eine der Hirschhäute wickelte ich um meine Hüfte wie ein Badetuch und eine zweite legte ich mir um die Schultern. Die Kiefern ringsum waren im unteren Bereich übersät mit dürren Ästen, sodass ich das Feuer binnen Minuten angefacht hatte. Langsam spürte ich meine Zehen wieder.
    Einen Moment lang dachte ich daran, die fünf Stunden bis zum Sonnenaufgang neben dem Feuer auszuharren, aber das Versprechen des Irren, jeden im Jagdhaus zu töten, ließ keinen Aufschub zu. Ich versorgte zuerst meine Verletzungen, drückte Schnee auf meine Wange, bis die Schnittwunde aufhörte zu bluten, und umwickelte den linken Unterarm mit einem angekohlten Streifen Stoff, der von den Flammen verschont worden war. Die Bisswunden an Schienbein und Schulter waren nur oberflächlich, sonderten aber Flüssigkeit aus. Wenn ich Glück hatte, entzündeten sie sich nicht, bis Arnie sie behandeln konnte.
    Ich nahm einen Stein und schlug auf den Knochen ein, bis ein scharfkantiges Stück herausbrach. Damit schnitt ich eine der Rohhäute in sechs Streifen, etwa dreißig Zentimeter breit. Diese wickelte ich mir in doppelten Lagen um die Füße und schnürte sie mit schmaleren Lederstreifen unter den Knien fest. Eine weitere Lage Lederstreifen wickelte ich von den Knien bis hinauf zur Mitte der Oberschenkel. Das Hirschfell, das ich als Rock benutzt hatte, zerschnitt ich in zwei Teile, von denen ich mir einen wieder um die Hüfte schlang – ein kurzer Rock, in dem ich gut laufen konnte. In die Mitte des zweiten schnitt ich einen Schlitz und steckte den Kopf durch, ein Kittel. Aus einer dritten Haut schnitt ich einen langen Kapuzenmantel, den ich an Hals und Taille zusammenschnürte. Zwei kleinere Fellstücke band ich mir wie Fäustlinge um die Hände. Anschließend brach ich den hinteren Teil des Hirschknochens ab, steckte einen Kiefernzweig in den Markkanal und umwickelte die Verbindungsstelle fest mit Rohleder. Ein dürftiger Speer, aber besser als nichts.
    Ich wollte gerade aufbrechen, als ich meinen Medizinbeutel im Schnee liegen sah. Er war mir beim Kampf vom Hals gerissen worden. Daneben lag das Foto der Frau, verkratzt und

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