Panik: Thriller (German Edition)
Alarm durch den Raum.
» Keinen Lärm, ja?«, sagte Brick und rannte durch die Tür. Cal folgte ihm. Die Sirene schien durch die ganze Fabrik zu hallen. Jetzt waren sie in einem weiteren, etwas kleineren Innenhof. Direkt vor ihnen lag ein gedrungenes, eckiges Gebäude, zu ihrer Rechten befanden sich mehrere gewaltige Tanks. Dahinter ragte die fünf Meter hohe und mit schwarzen Eisenspitzen versehene Wand auf.
» Dies ist ihre letzte Chance«, plärrte der Lautsprecher. Die Stimme war etwas gedämpft, aber immer noch sehr deutlich. Cal glaubte, ein Bellen zu hören. Das war schlecht– den Irren konnten sie davonlaufen. Hunden nicht.
» Was jetzt?«, fragte er. Er hörte Schritte in seiner Nähe und erwartete schon, im nächsten Augenblick fünfzig Polizisten um die Ecke biegen zu sehen. Brick ging auf die glänzenden Metalltanks zu, die etwa vier- bis fünfmal höher als die Wand waren. Die Silos wurden von weißen Gerüsten gehalten. Cal kapierte sofort, was Brick vorhatte.
Das Bellen wurde lauter und näherte sich ihnen. Jetzt gesellte sich auch das entfernte Wup-wup-wup eines Hubschraubers hinzu. Warum zum Teufel musste es ausgerechnet eine Düngemittelfabrik sein? Cal zwang sich dazu weiterzulaufen. Durch die Panik fühlte sich sein Körper doppelt so schwer an. Seine Knochen schienen aus Blei zu sein, und er hätte den Sack fast fallen gelassen. Aber mit leeren Händen zurückzukehren kam nicht infrage.
Brick dachte offenbar das Gleiche. Er wirbelte seinen Sack herum wie ein Hammerwerfer bei den Olympischen Spielen, dann ließ er ihn los. Der Sack segelte auf die Mauer zu, wobei er eine kreisförmige Spur von Nahrungsmittelkartons hinter sich her zog. Er prallte gegen die obere Mauerkante und fiel auf der Innenseite der Fabrik wieder herunter. Brick lief darauf zu und warf die Konservendosen und Schachteln einzeln über die Eisenspitzen. Cal riss seinen Sack auf. Gemeinsam beförderten sie Salve um Salve an Nahrungsmitteln über die Mauer. Er hatte sieben oder acht Packungen geschafft, als er ganz in der Nähe Stimmen hörte.
» Das muss reichen«, rief er und warf den fast völlig leeren Sack hinterher.
Dann rannten sie auf das nächstgelegene Silo zu. Brick sprang los und packte eine der massiven, diagonal verlaufenden Eisenstangen des Gerüsts. Mit einem Grunzen zog er sich hoch und versuchte, mit den Füßen Halt auf dem glatten Metall zu finden. Als er die nächste Strebe erreicht hatte, folgte Cal ihm. Bei seinem ersten Versuch glitt er ab und landete mit dem Knie hart auf dem Asphalt. Er verbiss sich die Schmerzen, sprang erneut hoch und bekam die Stange zu fassen, als der erste Polizist auftauchte.
Noch bevor der Mann losschreien konnte, packte ihn die Wut. Er stürmte durch den Innenhof. Sein Mund war viel zu weit geöffnet, seine Augen nur schwarze Kiesel. Cal wäre fast das Herz stehen geblieben. Er griff nach der nächsten Stange, umklammerte sie und zog seine Füße genau in dem Moment außer Reichweite, in dem der Polizist gegen das Gerüst krachte. Fingernägel zerkratzten seine Knöchel. Der Mund des Mannes war ein dunkles, klaffendes Loch.
Cal kletterte so schnell, dass er Brick einholte. Die beiden drängten sich aneinander, und um ein Haar hätten sie den Halt verloren. Zwei weitere Männer in Uniform bogen um die Ecke und wurden sofort von der Wut gepackt. Ein vierter Mann erschien, rutschte auf einer Konservendose aus und fiel mit dem Kopf voran auf den Boden.
» Weiter!«, rief Brick und stieg die Seitenwand des Silos hoch. Cal legte den Arm um die nächste Strebe und wäre beinahe in den ständig wachsenden Ozean aus Händen und Zähnen unter ihm gefallen. Die Angst drohte ihn zu übermannen, und er war kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren. Im letzten Moment packte Brick seinen Arm. » Wehe, du lässt mich hier allein.«
Cals Füße fanden endlich Halt, und er konnte sich weiter hinaufziehen. Immer mehr Polizisten drängten sich im Innenhof, heulten, als sie von der Wut gepackt wurden, und starrten Cal mit funkelnden Augen an. Die Hunde zogen die Schwänze ein und beobachteten, wie sich ihre Herrchen in Ungeheuer verwandelten.
Nun hatte Brick die Oberkante der Mauer erreicht. Er streckte den Arm aus und verfehlte die Spitzen um Haaresbreite. Es ging tief nach unten, und das kreischende, anschwellende Chaos am Boden bedeutete den sicheren Tod.
» Los doch«, rief Cal. » Du schaffst es.«
Brick fluchte. Mit einem erstickten Schrei stieß er sich vom Gerüst ab und sprang
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