Panik: Thriller (German Edition)
wendete, sodass die Front des Wagens auf die Ausfahrt gerichtet war. Der Mann lief auf mitleiderregende Weise auf sie zu, stolperte noch einmal und fiel hin. Daisy hörte das Knacken, mit dem ein Knochen brach.
» Das reicht!«, sagte sie und beobachtete, wie der Wachmann versuchte, sich aufzurichten. Ein rotes Knochenstück ragte aus seinem Unterarm, und dennoch lag nichts als blanker Hass in seinen Augen. » Bitte, Chris! Er stirbt.«
» Was sollen wir denn sonst tun?«, entgegnete Chris. » Er darf uns nicht einholen, und hierlassen können wir ihn auch nicht. Sonst geht er zur Fabrik zurück.«
Irgendwie hatte es der Mann geschafft, wieder auf die Beine zu kommen. Torkelnd lief er über den Vorplatz, den gebrochenen Arm vor sich ausgetreckt. Er prallte gegen die Windschutzscheibe und schlug kraftlos dagegen. Chris fluchte und fuhr in Richtung Straße.
Der Krankenwagen sauste so dicht an ihnen vorbei, dass das Auto ins Wanken geriet. Daisy schrie. Entsetzt musste sie mitansehen, wie der Krankenwagen ins Schlingern geriet, gegen die hohe Böschung krachte und sich mehrmals überschlug. Der Aufprall war so heftig, dass auf einer Strecke von fünfzig Metern überall Glasscherben, Metallteile und Plastik herumflogen, bevor er endlich liegen blieb. Eine kleine Rauchwolke stieg von dem brennenden Motor auf und trieb träge in den strahlend blauen Himmel. Nichts rührte sich– bis auf den Wachmann, der immer noch schwach gegen die Windschutzscheibe hämmerte.
» Was zum Teufel?«, sagte Chris. Seine Worte wurden von einer weiteren Sirene übertönt. Diesmal handelte es sich um ein Polizeiauto, das an ihnen vorbeischoss und mit quietschenden Reifen neben dem verunglückten Krankenwagen stehen blieb. » O nein, o nein. Das sieht nicht gut aus.«
Zwei Polizisten stiegen aus. Einer lief auf den Krankenwagen zu, der andere starrte den Jaguar an. Er rief ihnen etwas zu, doch der Wind verwehte seine Worte. Chris riss das Steuer herum und versuchte, links an der Unfallstelle vorbeizukommen. Der Wachmann brach hinter ihnen zusammen. Daisy beobachtete ihn nicht länger– ihre Augen waren auf die Fabrik und die blinkenden Blaulichter davor gerichtet.
Cal
Cavendish-Harbreit Agrartechnologie, 18 : 11 Uhr
Es war nicht nur die Polizei. Ein Feuerwehrwagen fuhr mit heulenden Sirenen durch die geöffnete Schranke. Im Innenhof stand bereits ein Streifenwagen. Näherte sich da auch ein Einsatzwagen des Bombenräumkommandos?
Cal zog sich wieder hinter die Tür zu den Personalräumen zurück.
» Das war’s dann wohl«, sagte er.
» Was ist passiert?«, fragte Brick. » Wie können die so schnell hier sein? Wir sind doch gerade mal vor zwanzig Minuten hier aufgekreuzt.«
Sie sahen sich an. Die Antwort schien vor ihnen im Dunkel des Korridors zu hängen.
» Rilke«, sagten sie wie aus einem Mund.
Brick warf den Sack mit den Nahrungsmitteln auf den Boden. » Ich bring sie um.«
Vorerst sah es jedoch nicht so aus, als würde er diesen Plan in die Tat umsetzen können. Zwischen den Sirenen konnte Cal Dutzende von Schreien hören. Glücklicherweise war noch keiner der Männer nahe genug, um sie zu wittern. Aber das würde nicht mehr lange dauern. Schon liefen mehrere Gestalten durch das blinkende Blaulicht. Cal schloss leise die Tür und überlegte fieberhaft.
» Gibt’s noch einen anderen Ausgang?«, fragte er.
» Woher soll ich denn das wissen?«, fragte Brick. » Ich hab den Plan in der Küche liegen lassen.«
Sie schulterten die Säcke und rannten los. Irgendwo musste es doch eine Hintertür geben, einen Notausgang. Cal sah sich nach den grünen Schildern mit dem rennenden Strichmännchen darauf um. Er folgte ihnen in die Kantine und stürzte durch eine Schwingtür in die Küche, wo er einen Notausgang entdeckte.
Sie hatten die Küche zur Hälfte durchquert, als sie eine durch einen Lautsprecher verzerrte Stimme von draußen hörten.
» Hier spricht die Polizei. Wir wissen, dass Sie da drin sind. Begeben Sie sich unverzüglich zum Haupteingang.«
» Mann, das ist ja wie bei einem Banküberfall oder so«, sagte Brick. » Glauben die, wir wollen ihren Pferdemist klauen?«
» Dünger«, sagte Cal. » Daraus machen die Terroristen ihre Bomben.«
» Aus Pferdescheiße?«, fragte Brick, als sie vor der Tür standen. » Echt?«
» Klappe, Brick. Wir dürfen keinen Lärm machen.«
Cal drückte gegen die Metallstange in der Mitte der Tür und schob sie auf. Ein leises Klicken ertönte, dann gellte ein ohrenbetäubender
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