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Panik: Thriller (German Edition)

Panik: Thriller (German Edition)

Titel: Panik: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Gordon Smith
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weiter, plapperte drauflos wie immer, wenn sie aufgeregt war.
    » Du wolltest mich umbringen«, unterbrach er sie. Megan ließ noch zwei Dutzend Wörter folgen, bis sie endlich kapierte, was er gerade gesagt hatte.
    » Was?«, fragte sie nach einer kurzen Pause. » Hör auf, Cal, das ist kein Witz. Georgia hat sich das Bein gebrochen und das Schlüsselbein oder so, und ich… na ja, ich hab mir nur den Finger verstaucht, aber das tut auch weh, und ich hatte Angst. Cal, die vielen Menschen.«
    Ja, echt?, hätte er fast gesagt.
    » Cal, bitte, komm sofort ins Krankenhaus. Wir sind auf der Kinderstation. Georgia wollte da nicht hin, aber sie haben gesagt, dass sie zu jung für die Erwachsenenstation ist. Hier steht sogar eine Xbox. Kommst du, Cal? Bitte?«
    Sie klang völlig aufrichtig, er konnte keine Anzeichen dafür erkennen, dass sie ihn in eine Falle locken wollte. Das war nur Megan. Sie hatte Angst und war verletzt, aber es war noch immer dasselbe Mädchen, das er jetzt seit fast elf Jahren kannte, dasselbe Mädchen, mit der er in der Fünften zwei Monate lang gegangen war, dasselbe Mädchen, das ihm das kleine Herz aus bunten Büroklammern gebastelt hatte, das immer noch auf dem Fensterbrett in seinem Zimmer lag. Er sah sie vor sich, wie sie ihm nachrannte, mit zusammengebissenen Zähnen, ihr Gesicht eine Maske purer Wut, und konnte ihr trotzdem nicht böse sein.
    » Ich komme«, sagte er sanft. Das war zwar gelogen, würde sie aber beruhigen. » Ich bin gleich da, okay? Grüß die anderen von mir. Ich hoffe, dass sie deinen Finger noch retten können.«
    Megan lachte.
    » Danke, Cal. Das ist nett.«
    Er antwortete nicht. Ein, zwei Sekunden später legte sie auf. Cal saß mit dem Handy am Ohr da und fragte sich, was dieser Anruf zu bedeuten hatte. Warum konnte sie sich nicht erinnern? Lag das am Schock oder so? Das ergab doch alles keinen Sinn. Ob er Georgia anrufen sollte? Vielleicht wusste sie mehr. Nas’ Nummer war irgendwo in seinem Adressbuch gespeichert. Aber was sollte er dem sagen? Hey, Nas, ich wollte nur mal anrufen und fragen, wieso du mich heut auf dem Fußballplatz erwürgen wolltest. Das war doch irre. Mit einem frustrierten Grunzen warf er das Handy auf den Schreibtisch.
    Denk nach, ermahnte er sich und wippte auf dem Stuhl vor und zurück. Wie geht’s jetzt weiter?
    Bei einer Naturkatastrophe musste man bestimmte Regeln befolgen, die kannte er. Sie galten eigentlich nur für Erdbeben oder Vulkanausbrüche oder Orkane, aber in diesem Falle waren sie sicher auch sinnvoll. Regel Nummer eins: Finde einen sicheren Unterschlupf. Schon erledigt. Hier war er sicher, im Moment jedenfalls. Regel Nummer zwei lautete, sich um seine Verletzungen zu kümmern und alles dafür zu tun, um zu überleben. Na ja, er hatte ziemlich viel einstecken müssen, aber an blauen Flecken und Bisswunden starb man nicht. Regel Nummer drei: Suche nach anderen Überlebenden, sieh nach, ob jemand verschüttet oder von der Lava abgeschnitten ist oder auf seinem Hausdach sitzt. Im Prinzip lautete Regel Nummer drei: Finde heraus, ob jemand anderes in der gleichen Situation wie du ist.
    Cal beugte sich vor und klickte auf das Suchfeld. Dann überlegte er einen Augenblick, wie er die Frage am besten formulierte.
    » Warum wollen mich alle umbringen?«, schrieb er schließlich.

Daisy
    Boxwood St. Mary, 16 : 13 Uhr
    » Das ist ja völlig zerzaust.«
    Daisy flüsterte beinahe, während sie das Haar ihrer Mutter bürstete. Das ging leichter als üblich, weil ihr Hals so steif war, dass sie nicht mit dem Kopf wackelte. Sie steckte es zu einem Pferdeschwanz zusammen, wobei sie darauf achtete, nicht mit der kalten Haut in Berührung zu kommen.
    Dann kroch Daisy über das Bett und sah sie an. Wie leicht konnte man vergessen– sag’s nicht, denk es nicht, es ist nicht wahr, die Sanitäter werden sie wieder gesund machen –, dass die beiden dieses Mal nicht aufwachen würden. Sie würden weder gähnen noch sich strecken, ihre Mutter würde ihr keinen Kuss auf die Lippen geben, sie würden kein chinesisches Essen bestellen und es nicht vor dem Fernseher essen.
    Eigentlich hätte Daisy weinen sollen, doch sie war immer noch wie betäubt, innerlich wie äußerlich. Das Einzige, was sie wirklich spürte, war ein großer Druck auf der Brust, als würde jemand auf ihr sitzen. Das machte das Atmen beschwerlich, und sie musste immer wieder tief diesen grässlichen Kartonkatzengestank inhalieren, damit sich der Raum nicht ganz komisch drehte. Sie

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