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Panter, Tiger und andere

Panter, Tiger und andere

Titel: Panter, Tiger und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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Chinesen …«
    Faul wird die Sache nur dann, wenn in diesem Rumor plötzlich ein Kerl auftaucht, der zufällig Martin heißt. Martin …
    Dann läßt sie das Buch sinken, und der ganze Kram ist wieder da. Hat er sich nicht gemein benommen? Er hat sich gemein benommen. Hätte ich mich anders benehmen können? Ich hätte mich nicht anders benehmen können! Hätte ich ihm den Brief… hätte er mir den Brief… hätten wir uns die Briefe… äh!
    Einer, der Martin heißt, darf also nicht vorkommen. Aber sonst sind diese Bücher bunte Oasen, in die die Leserin aus der Wüstenei flieht, wo man sie so grimmig enttäuscht hat…
    Und es muß nicht immer unglückliche Liebe sein (gibt’s!). Da ist die Rekonvaleszenz: die süße Mattigkeit, die Zeit, in der sie alle gut zu einem sind und so leise und so rücksichtsvoll… ach, dass sie ewig grünen bliebe, die schöne Zeit…! Da sind dann mildere Bücher am Platze – aber gut geschrieben müssen sie sein und sanft und hinreißend (Musterbeispiel: Raucat »Die ehrenwerte Landpartie«, bei Erich Reiß erschienen). Glatt wie Öl geht dir das ein, die Seiten wenden sich so lind um, die Erzählung fließt sanft dahin, unaufhaltsam, man muß nicht alles so genau verstehen, lesen genügt auch … die Zeit vergeht… die Krankheit entweicht… die Gesundheit wächst langsam … Kummer und Elend liegen grollend in der Ecke, niemand kümmert sich um sie, und das bekommt ihnen schlecht; denn das Unglück ist eine eitle Frau und will hofiert sein. Beachtet man es nicht, dann stirbt es.
    Wer wird denn Kokain schnupfen, dieses Stimulans unserer Großmütter aus der Inflation! Bücher sind auch sehr schön. Aber es müssen die richtigen Bücher sein. Und so ist es denn das Beste, wenn die Dame den Herrn Martin gleich zu Beginn ihrer Beziehungen fragt: »Sag mal was rätst du mir zu lesen, wenn wir uns gezankt haben?« Wenn er so nett ist, sagt er’s. Das wäre das ein Mittel, um den Kummer zu vergessen.
    Es gibt aber noch ein zweites.
    Arbeit ist auch nicht schlecht.
    1930

Die letzte Seite
    Mein Beruf – ich bin Zweiter Leuchtturmwächter auf der kleinen Ostseeinsel Achnoe, und die Nächte sind lang mein Beruf zwingt mich, viel und ausgiebig zu lesen. Um neue Bücher ist mir nicht bange – die bekomme ich von meinem Freund, Herrn Andreas Portrykus, dem Nachtredakteur des »Strahlförder Generalanzeigers« (mit Unfallversicherung). Er schenkt mir alle Rezensionsexemplare, und so lese ich Nacht für Nacht, alles durcheinander: Romane und Reisebeschreibungen und zarte, sinnige Geschichten aus edler Frauenhand, und was man eben so liest.
    Und wenn der Wind an die dicken Scheiben stößt, wenn mein Burgunderpunsch auf dem Tisch dampft, der bräunliche Tabak knastert und ich alter Mann wieder einmal froh bin, diesen Posten ergattert zu haben –: dann kommt es wohl vor, dass ich, aus Zerstreutheit und guter Laune die Bücher von hinten zu lesen beginne, so, wie man aus einem Kuchen sich zuerst die Rosinen herausknabbert.
    Und da bin ich zu der Entdeckung gekommen, dass die Schlüsse all der vielen Bücher sich deutlich nach verschiedenen Arten gruppieren lassen. Es gibt Normalschlüsse, die immer wiederkehren: der Autor mag vom Mond heruntergefallen sein, am Schlusse besinnt er sich doch auf sein edles Menschentum und redet deutsch.
    Heute nacht habe ich wieder vier Pfund Bücher gelesen mir ist noch manches im Gedächtnis. Ich will es einmal versuchen.
Der Unterhaltungsroman, der Erfolg hat
    »… Gefühlt habe ich es schon lange«, flüsterte Helene. »Aber du hast es mir erst ins Bewußtsein gebracht. Jetzt beginne ich erst wirklich zu leben.« – Edgar zog sie an sich …
    So verrannen ihnen die Stunden, ohne dass sie es merkten. Dann schritten sie miteinander über das abendlich dämmernde Feld, auf dem sich der würzige Geruch der jungen Kartoffeln mit dem süßen Duft der Rosen mischte. Edgar Helmenberg führte seine junge Braut in das Haus auf dem Hügel. Der Mond ging auf. Er ergriff ihre Hand. »Siehst du den Mond?« sagte er stark. »Ich aber will dir die Sonne geben!« – Und gebannt flüsterte sie: »Die Sonne!« –
Der Unterhaltungsroman, der keinen Erfolg hat
    Es war alles aus. Kuno stand an den Scherben seines bescheidenen Glücks. Warum ihm das Unglück? Warum gerade ihm? Und die anderen? Ingrimmig ballte er die Fäuste – und ließ dann doch die Hände wieder sinken.
    Da zogen sie hin; wie sie gelacht hatte, seine – ja seine! – Gertrud. Herr Doktor Holtzenheimer

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