Panter, Tiger und andere
Gerichtsszene kommt mir auch runter, es ist leicht, einem toten Löwen einen Fußtritt zu versetzen, außerdem hab ich nicht Lust, euretwegen meine ganzen Geschäftsverbindungen …«
– »Bühnefrei! Gong–!«
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(Deutsche Tageszeitung):– – Dieser rote Schund – –
(Vossische Zeitung): … unser Freund Peter Panter wohl seinen matten Tag gehabt haben mag. Das kann jedem passieren. Aber an solchen Tagen dichtet man eben nicht. Nach der Reichstagsszene, die seltsam salzlos war, ging der Sprecher ab, und wir blieben zurück, ratlos, was das wohl zu bedeuten hätte; es schien dann, als wollte der Schauspieler, der den Reichstagspräsidenten darstellte, noch irgend etwas sagen, aber wahrscheinlich hat hier die Erfindungsgabe des Autoren nicht gereicht… was französische Polizisten in einem deutschen Versammlungssaal zu tun haben, wird wohl das ewige Geheimnis unseres Autors bleiben… es war kein guter Tag für ihn. Man werfe diesem Raubtier einen andern Braten vor und lasse es durch neue Reifen springen.
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(Frau Wendriner am Telephon; morgens halb elf) –
»hat sie gesagt, wenn sie ein neues Mädchen für dich hat, wird sie mich anklingeln. Du kannst dich unbedingt auf sie verlassen; sie besorgt mir immer die Tassen nach, fürs Geschirr; sie ist durchaus zuverlässig. Gestern –? Im Majolika-Theater, zu der neuen Revue, Premiere. Nei-en – mäßig. Die Bois ganz nett, aber es war alles so durcheinander, wir haben gar nicht gelacht. Es hieß erst, das war nu die ganz große Sache, aber wir wollten schon nach der Pause gehen. Oskar ist dann noch geblieben, weil er Paul nach der Vorstellung noch sprechen wollte, geschäftlich. Das einzige war noch Graetz und die Hesterberg, sonst gar nichts. Margot hat gestern angerufen; warum du denn gar nicht mal bei ihr anrufst, sie will mich morgen anklingeln, und du sollst doch auch mal Lina anklingeln, damit Lina Trudchen anruft, wegen dem Schleiflack, Kate ist sehr zufrie –«
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– »Sie sind schuld –!«
– »Ich? Das ist ja großartig! Sie sind schuld –!«
– »Wer hat es gleich gesagt? Wer hat es gleich gesagt?«
– »Macht hier nicht sonen Krach im Theaterbüro! Davon kommt das Geld auch nicht wieder! – Statt sich anständige Autoren zu holen! Presber! Remarque! Ferdinand Bruckner! Nein, da holen sie sich ihre guten Freunde ran…«
– »Das verbitte ich mir.«
– »Sie haben sich hier gar nichts zu verbitten – das ist mein Unternehmen, Herr Doktor Milbe –! Was steht ihr überhaupt hier alle rum? Wollt ihr vielleicht Geld von mir? Dafür wollt ihr noch Geld? Wozu zahle ich meine Theaterpacht… Ich will euch mal was sagen –«
– »Was ist denn das für ein Ton –?«
– »Sie sind entlassen! Sie ehmfalls! Ich werde hier mit eisernem Besen …«
– »Sie mir auch! Diese Dreckbude von Theater – Mahlzeit!«
– »Raus hier! Hat einen Charakter wie ein Klosettdeckel –!«
– »Panter! Los! Ab!«
– »Sie hätten…« – »Ich habe…« – »Sie Riesenroß, wer hat gleich am ersten Tag… aber auf mich hört ja keiner, in meinem eigenen Betrieb… das wird mir von heute ab… ich bin ein alter Theaterhase, und diese Lausejungen… Ich verkaufe den Betrieb überhaupt, da könnt ihr sehen, wie ihr ohne mich fertig werdet! Ich geh ins Tonfilmsyndikat oder zurück zur Konfektion –!«
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– »Ihr kommt runter? Ich geh rauf – mein Geld holen.«
– »Da bemühen Sie sich gar nicht erst nach oben. Geld is nich. Aber Krach.«
– »Um Gottes willen … was ist da oben los? Man möcht ja meinen, es war Mord und Totschlag – wer schreit denn da so –?«
– »Das? Das ist die Zeit. Sie schreit nach Satire –!«
1929
E. R. Curtius’ Essays
Ein Führer durch die französische Literatur
Wenn hier öfter von französischen Büchern und Neuerscheinungen die Rede sein soll, so werden die Berichte, wie sie ein einzelner zu geben vermag, kleine Landpartien in ein fremdes Gebiet sein. Die große Landkarte liegt vor und kann nicht genug gerühmt werden: »Französischer Geist im neuen Europa« von Ernst Robert Curtius (Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart). Es ist die beste deutsche Publikation über Frankreich, die mir aus den letzten Jahren bekannt geworden ist.
Curtius ist der Typus des deutschen Gelehrten, der fast verschollen scheint: er kennt seine Sache, versteht mit dem Mikroskop umzugehen, ohne kurzsichtig zu sein und er ist politisch ehrlich objektiv. Wir sind nicht verwöhnt: das Gros der Professoren macht,
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