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Panter, Tiger und andere

Panter, Tiger und andere

Titel: Panter, Tiger und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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Sprache manchmal eine verworrene Situation erhellt, zeige dieses Beispiel: Gespräch durch die Tür. Die Männerstimme: »Ist Herr Paul da?« Die Frauenstimme von drinnen: »Nein, er ist nicht da. Sie können nicht hereinkommen, ich liege im Bett.« Die Männerstimme: »Das schadet doch nichts; machen Sie doch ein bißchen auf.« Die Frauenstimme: »Aber das geht nicht – es ist schon jemand bei mir!«
    Es gibt unter diesen französischen Witzen natürlich viele, die überhaupt nicht zu übersetzen sind. So zum Beispiel der Ausspruch jener betagten Frau, der man Vorwürfe wegen der allzugroßen Einfachheit ihrer Toilette gemacht hat. »A mon âge on ne s’habille plus, on se couvre.« Oder jener bezaubernd schöne Ausspruch eines Marseiller Malers: »Quand on a mangé de l’ail (Knoblauch), il ne faut parier qu’à la troisième personne.«
    Ich sprach vorhin von den vielen alten Bekannten, die man in diesen Anekdotensammlungen antrifft: »Der rechte Barbier« von Chamisso, der ja auch bei Hebel dem cholerischen Kunden um ein Barthaar den Hals abgeschnitten hätte, ist da, und es gibt nicht nur Volkswitze, die durch alle Literaturen wandern, sondern sogar eine scheinbar sprachlich so begrenzte Geschichte, wie die von der telephonierenden Dame, die das Wort Fackel buchstabiert: »F wie Fioline, A wie Ankpir, C wie zum Beispiel…« selbst zu dieser Geschichte finden wir die französische Analogie. Es handelt sich um das Hôtel de l’Ourcq. »Was für ein Hôtel?« – »L’ Ourcq! L’ Ourcq!
O comme Auguste
U comme Ugène (Eugen)
R comme Ernest
C comme Serge
et Q comme toi.«
     
    Nun ist ja der französische Witz für die ganze Welt stofflich abgestempelt, und hier muß ich zu meinem großen Bedauern etwas bremsen, denn in dem Augenblick, wo man diese gewagten Scherze übersetzt, vergröbern sie sich meist unerträglich.
    Eine kleine Geschichte aber habe ich gefunden, die ist auch auf Deutsch möglich. Frida, geh mal so lange raus!
    Große Hochzeit in der Madeleine zu Paris. Vor der Kirchentür die übliche Schar der Gaffer: Midinettes, kleine Angestellte, Straßenjungen, Neugierige aller Art. Der Hochzeitszug!
    Er: sehr feierlich, sehr ernst, in bestem, allerbestem, aber schon aller-allerbestem Alter, offenbar sehr reich.
    Sie… allgemeines Ah! Eine entzückende kleine Brünette, sehr pikant, mit vollen Lippen, temperamentvoll, ein reizendes Kind. Der Zug hält einen Augenblick. Die Herrschaften werden photographiert. Als sich das Brautpaar wieder in Bewegung setzt, löst sich das Brautbukett und fällt auf den Teppich. Eine kleine Midinette, die das bemerkt hat, stürzt gefällig hinzu, hebt die Blumen auf und übergibt sie der jungen Braut. Dabei kann sie sich nicht verkneifen, ganz schnell und ganz leise zu flüstern: »So viel Klimbim habe ich bei meiner Premiere nicht gemacht …« Die beiden sehen sich einen Augenblick an und sind einen Augenblick Kameradinnen. Dann flüstert die Braut zurück: »Ich auch nicht!«
    Frida, du kannst wieder reinkommen. Nächstes Mal erzählt der Onkel weiter.
II
    Die französischen Witze haben viel mehr feststehende Figuren als die unseren. Da ist in erster Linie der »cocu«.
    Das Wort ist nicht zu übersetzen. »Hahnrei« ist ein Wort, für das selbst der alles wissende Doktor Wasserzieher in seinem »Ableitenden Wörterbuch der deutschen Sprache« keine Erklärung gibt und das ein gesunder Mensch wohl nur ausspricht, wenn man ihn fragt, was »cocu« auf deutsch heißt. Und »betrogener Ehemann« ist eine kriechende Schildkröte für einen Schwalbenflug. (Daß das Wort, der Begriff und die Witzfigur die außerordentlich bürgerlich veranlagte Französin gänzlich verzerrt wiedergeben, sei nur nebenbei erwähnt.)
    Da ist ferner der Geistliche, ein unerschöpfliches Thema französischer Witze, und wie jeder weiß, der einmal in katholischen Ländern gelebt hat, ist der Witz, der auf Kosten des Geistlichen gemacht wird, nur ganz selten eine Verhöhnung der Kirche: der Witz bemächtigt sich eben einfach aller zum täglichen Leben gehörenden Personen. Zunächst ist es sehr häufig der Mann der Kirche, der in dem Witz obsiegt, so zum Beispiel in dem gesalzenen Wort des Monseigneur Duchesne über den Tango: »Dieser Tanz ist wirklich sehr reizend anzusehen, mais je me demande, pourquoi elle se danse debout« Manchmal geht es auch umgekehrt. Der Bischof hat Besuch vom Abt und bittet ihn zum Frühstück. »Nein, danke sehr.« – »Aber ich bitte Sie…« – »Monseigneur«,

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