Panter, Tiger und andere
komme wejen det Telephong. Det is kaputt«
Ganz französisch ist auch diese kleine Geschichte, in der die kleine sechsjährige Tochter einer Femme entretenue das Wort »demi-mondaine« aufschnappt und nun ihre Mama fragt: »Mama, wenn ich groß werde, darf ich dann auch demi-mondaine werden?« – »Ja«, sagt die Mama, »wenn du artig bist!«
Zahllos sind die Witze über den »Nepp« der Restaurants, allwelches Wort auf französisch »coup de fusil« heißt. In einem sehr eleganten Lokal in Vichy moniert ein Gast die Rechnung. »Sie haben mir da für Keks fünf Francs aufgeschrieben, ich habe aber gar keine gehabt!« – »Verzeihung!« sagt der Ober, »darf ich um die Rechnung bitten? Ich werde das gleich in Ordnung bringen.« Auf der verbesserten Rechnung steht: Keks vier Francs.
Etwas fehlt dem französischen Witz fast völlig. Das ist die exzentrische Überkugelung, wie wir sie in amerikanischen und irischen Witzen antreffen. Findet man in den Anekdotensammlungen dergleichen, so kann man darauf schwören, dass die Geschichte aus dem Englischen übersetzt ist.
So diese von dem weltberühmten Zwerg Tom Puce, der eines Tages in London zufällig im selben Hotel abgestiegen war wie der berühmte französische Sänger Lablache, ein Hüne von etwa zwei Meter Höhe. Da war nun eine neugierige londoner Dame, die wollte die kleine Weltattraktion einmal besichtigen, ließ sich im Hotel die Zimmernummer geben, irrte sich in der Tür und stand nun fassungslos vor diesem Gaurisankar. »Ich… ich wollte den Zwerg Tom Puce sehen!« – »Der bin ich, gnädige Frau!« – »Sie? Sie sind der Zwerg Tom Puce?« – »Nur im Theater, gnädige Frau; zu Hause mach ich es mir bequem!«
Ein Kind beider Welten, der französischen und der englischen, scheint dieses Zwiegespräch zu sein: Der Kontrolleur: »Sie haben ein Billet dritter Klasse, werte Dame, und hier ist erster Klasse!« – »Entschuldigen Sie«, sagt die Dame, »ich dachte, ich wäre in der zweiten.«
So. Nun sind da noch viele schöne Geschichten, die ich nicht erzählt habe, wegen Unpassendlichkeit derselben. Aber es dürfte nun genug sein. Und wenn ich durch diese Zeilen nur das Repertoire einiger Conferenciers bereichert habe, so fühle ich mich für meine gesamte Arbeit reichlich belohnt.
1925
Der Türke
Ich habe in Paris einen Türken kennengelernt, der war französischer Untertan, sprach englisch und konnte Deutsch. (Mitunter ist es gar nicht so einfach im menschlichen Leben.) Im Kriege hatte dieser Polyglott-Kunze bei der türkischen Armee Dolmetscherdienste getan, und da hat er wohl vieles gelernt, vieles aufgeschnappt… Er übersetzte sehr gewandt; als wir mit einem Engländer nicht recht zu Rande kamen, vermittelte er wortgetreu, ohne Verdrehungen und Abkürzungen – sehr gut. Dann sprach er mit mir, Deutsch.
Er sprach und sprach, und je länger er sprach, destoweniger paßte ich auf das auf, was er sagte – und zum Schluß fielen mir fast die Augen aus dem Kopf. Wo hatte ich diesen Jargon schon einmal gehört? Was war denn das, was dieser Mensch sprach?
Ich fragte ihn nach einem gemeinschaftlichen Bekannten. »Donnerwetter!« sagte der Türke, »das war vielleicht ein Kerl!« Ich sah ihn an, in seinen Augen war kein Arg; er war fest überzeugt, reines Deutsch gesprochen zu haben. Ja – ich nickte beifällig. Und dann sprachen wir von der Verpflegung in der Kriegstürkei. »Da haben wir eine Nummer jesoffen!« sagte der Türke, »einfach verheerend – !«
Ah – ! Jetzt wußte ich, wo der sein Deutsch gelernt hatte. Und durch sein Deutsch erschienen wie durch einen Schleier die Lehrmeister dieser erfreulichen Grammatik: mit hohem Kragen, mit Monokel, mit leicht geröteten Gesichtern, mit den nötigen »Harems«-Adressen in der Brusttasche, beklunkert mit deutschen, österreichischen und türkischen Orden, mit dem ganzen Bahnhofsspinat. »Der Kümmeltürke soll ma reinkomm, übersetzen!« Er näselte wie sie. Er schleppte die Worte wie sie, ließ die Endsilben fallen, hatte genau den Timbre fauler Verachtung, der es nicht verlohnt, das Maul aufzumachen. Er hatte es alles abgeguckt.
»Kenne die Brüder da unten janz jenau!« sagte der Türke. Und im Geiste segnete ich die deutsche Kultur, die so schöne Früchte trägt und an der die Welt im allgemeinen und dieser Türke im besonderen so herrlich genesen war.
1924
»YOUSANA-WO-BI-RÄBIDÄBI-DÉ?«
Fremde Sprachen sind schön, wenn man sie nicht versteht
Ich habe einmal den großen J.V.
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