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Panter, Tiger und andere

Panter, Tiger und andere

Titel: Panter, Tiger und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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Überlegenheit der Priester, die so tun, als seien sie alle schon hundertmal gestorben, als hätten sie ihre Nachrichten von drüben – und nun spielen sie unter den Lebenden Botschafter des Todes. Vielleicht wird es nicht so schwer sein. Ein Arzt wird mir helfen, zu sterben. Und wenn ich nicht gar zu große Schmerzen habe, werde ich verlegen und bescheiden lächeln: »Bitte, entschuldigen Sie… es ist das erste Mal…«
    1929

Interview mit sich selbst
    »Herr Panter lassen bitten!« sagte der Diener. Ich trat näher.
    Die hohe Tür zum Arbeitsammer des Meisters öffnete sich, der Diener schlug die Portiere zurück – ich ging hinein, die Tür schloß sich hinter mir.
    Da saß der Meister massig am Schreibtisch: ein fast dick zu nennender Mann, er trug ein gepflegtes Cäsarenprofil zur Schau, an dem nur die Doppelkinne etwas störten. Borstig stachen die Haare in die Luft, in den blanken Knopfaugen lag wohlig-zufriedenes Behagen. Er erhob sich.
    »Ich begrüße Sie, junger Mann«, sagte er zu mir. »Nehmen Sie Platz und erörtern Sie mir Ihren merkwürdigen Brief!«
    Befangen setzte ich mich.
    »Sie fragen mich da«, sagte der Meister und legte seine dicke Hand mit den blankpolierten Nagelschildchen so, dass ich sie sehen mußte, »ob ich Ihnen einen Rat für Ihre Zukunft zu geben vermag. Sie fügen hinzu, Sie seien von dem hohen Streben nach einem Ideal durchdrungen. Sie stießen sich am Leben, das Ihnen kantig erscheine – das war Ihr Wort –, und Sie wollten sich bei mir Rats holen. Nun, junger Mann, der kann Ihnen werden!«
    Ich verbeugte mich dankend.
    »Zunächst«, sprach der Meister, »was sind Sie von Beruf?«
    »Ich bin gar nichts«, sagte ich und schämte mich.
    »Hm –« machte der Meister und wiegte bedenklich das Haupt. »Wozu brauchen Sie da noch Rat? Nun, immerhin … ich bin zu Ihrer Verfügung.«
    »Meister«, sagte ich und faßte mir ein Herz, »lehren Sie mich, wie man zu Erfolg kommt. Wie haben Sie Erfolg gehabt? Diesen Erfolg?« Und ich wies auf das komfortabel hergerichtete Gemach: Bücher mit goldverzierten Pergamentrücken standen in wuchtigen Regalen, eine bronzene Stehlampe strahlte behaglich gedämpftes Licht aus, und der breit ausladende Aschbecher, der vor mir stand, war aus schwarzgeädertem Marmor. »Woher das alles?« sagte ich fragend.
    Der Meister lächelte seltsam.
    »Erfolg? Sie wollen wissen, wie ich Erfolg gehabt habe, junger Mann? Junger, junger Brausekopf! Nun: ich habe mich gebeugt.«
    »Nie täte ich das. Nie!« sagte ich emphatisch.
    »Sie müssen es tun«, sagte er. »Sie werden es tun. Was taten Sie im Krieg?«
    »Ich war«, sagte ich und sah auf meine Stiefelspitzen, »Schipper.«
    »Falsch!« sagte er. »Wären Sie ein tüchtiger Kerl und lebensklug, so hätten Sie anderswo sitzen müssen: in einer Presseabteilung, bei der politischen Polizei, was weiß ich. Wissen Sie, was ein Kompromiß ist? Können Sie Konzessionen machen?«
    »Niemals!« rief ich.
    »Sie müssen sie machen. Sie werden sie machen. Sehen Sie mich an: ich bin die nahrhafte Frucht der Kompromisse. Man muß im Leben vorwärtskommen, junger Freund!«
    »Aber die Wahrheit? Aber die Ideale?« rief ich lauter, als schicklich war. »Aber das, wofür zu leben sich verlohnt? Noch bin ich ein Stürmer und Dränger, und das will ich bleiben! Mord Mord heißen, auch wenn eine Fahne darüber weht, einen Streber einen Streber, auch wenn er Geheimer Regierungsrat ist, eine Clique eine Clique, und stände eine ganze Stadt dahinter! Das ist es, was ich will! Helfen Sie mir! Weisen Sie mir den Weg, wie ich meine Pläne verwirklichen kann, zu meinem Heile, und, wie ich glaube, zum Heile der Menschen!«
    Ich hatte mich in Begeisterung gesprochen; meine Wange glühte, meine Lippen waren geöffnet und zitterten leise.
    Der Meister lächelte. Der große Meister Peter Panter lächelte.
    »Mein lieber junger Freund«, hob er an, »hören Sie mir genau zu. Auch ich begreife Ihre edle Gesinnung, die Ihnen alle Ehre macht. Auch ich wünsche, dass die Menschheit so edel wäre, wie Sie sie machen möchten. Auch ich bin, ich kann es wohl sagen, ein Vertreter des Guten, Wahren und Schönen. Ich liebe das Gute, Wahre und Schöne, ja, ich verehre es. Aber, mein lieber junger Freund, hart im Räume stoßen sich die Sachen! Man muß mit der Realität rechnen, sich klug beugen, wenns nottut…«
    »Ich mag mich nicht beugen«, unterbrach ich ihn trotzig.
    »Sie werden sich beugen. Sie müssen sich beugen. Eines Tages werden Sie

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