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Panter, Tiger und andere

Panter, Tiger und andere

Titel: Panter, Tiger und andere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Tucholsky
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Armen dabei, tralala – – verflucht, verflucht… und diese Tannen, ganz dunkelgrün, ganz dicht… und sie –
    Ich glaube das nicht. Ich glaube das einfach nicht. Das tut sie nicht. Doch, das tut sie doch. Der Kerl ist ja gar nicht da – im Augenblick ist er mal nicht da – also daran ist kein Zweifel, vorläufig bin ich mal da! Aber das nützt mir nichts… das nützt mir gar nichts. Er ist nicht da! Aber er wird dasein. März, April… Mai… noch zwei Monate. Nein, ich fahre weg. Nein, also dann will ich nicht hier sein! Nee – ich nehme dann meinen Urlaub. Dann könnt’ ich ja gar nicht arbeiten, wenn der da ist… Gehen in den Wald und lachen und –.
    Der Bursche wird ja gar nicht richtig küssen können. Kann er ja gar nicht. Und überhaupt: bei ihm empfindet sie bestimmt nichts. Sicher nichts. Sicher nicht. Das ist unmöglich. Was ist schon dabei… laß sie doch … ! Das ist eine leere Formalität. Sie wird ihn über kriegen, und dann komme ich. Dann komme ich. Und dann wird sie sagen: Vor dir habe ich nicht gewußt, was Liebe ist. Sicher. Und dann bleiben wir zusammen. Das Telephon? Vielleicht ruft sie an?… Ist gar nicht für mich … äh – Und immer wieder die beiden… Das ist, glaube ich, Psychoanalyse, ich habe da neulich einen Vortrag drüber gehört … Das wird ja eine fixe Idee, wenn das so weitergeht… Donnerschlag, ich bin doch sonst nicht so, aber diesmal hat’s getroffen. Saldo… zu seinen Gunsten? Nein, zu unseren Gunsten… muß noch mal nachsehen… Aber das ist mal sicher: Von der nichts zu bekommen, ist immer noch hübscher als mit einer andern zu schlafen!
    Mit einem Saldo
von RM 780.- zu unsern Gunsten, welcher auf neue Rechnung vorgetragen worden ist.«
    »Hat angeklingelt und noch einen Brief geschrieben und sich beschwert… Stornieren Sie das! 780 Mark zu unseren Gunsten! Es ist ein Skandal! Das ist jetzt schon das zweitemal! Wie kommt denn das? Was machen Sie denn?«
    »Ich weiß es nicht, Herr Direktor. Ich kann es mir nicht erklären. Ich weiß es nicht –.«
    1930

Aus!
Einmal müssen zwei auseinandergehn;
einmal will einer den andern nicht mehr verstehn – –
einmal gabelt sich jeder Weg – und jeder geht allein –
wer ist daran schuld?
     
Es gibt keine Schuld. Es gibt nur den Ablauf der Zeit.
Solche Straßen schneiden sich in der Unendlichkeit.
Jedes trägt den andern mit sich herum –
etwas bleibt immer zurück.
     
Einmal hat es euch zusammengespült,
ihr habt euch erhitzt, seid zusammengeschmolzen, und dann erkühlt –
Ihr wart euer Kind. Jede Hälfte sinkt nun herab –:
ein neuer Mensch.
     
Jeder geht seinem kleinen Schicksal zu.
Leben ist Wandlung. Jedes Ich sucht ein Du.
Jeder sucht seine Zukunft. Und geht nun mit stockendem Fuß,
vorwärtsgerissen vom Willen, ohne Erklärung und ohne Gruß
in ein fernes Land.
     
    1930

Autobiographie
    Soweit ich mich erinnere, wurde ich am 9. Januar 1890 als Angestellter der »Weltbühne« zu Berlin geboren. Meine Vorfahren haben, laut »Miesbacher Anzeiger«, auf Bäumen gesessen und in der Nase gebohrt. Ich selbst lebe still und friedlich in Paris, spiele täglich nach Tisch mit Doumergue und Briand ein halbes Stündchen Schafkopf, was mir nicht schwer fällt, und habe im Leben nur noch einen kleinen Wunsch: die Rollen der deutschen politischen Gefangenen und ihrer Richter einmal vertauscht zu sehen.
    1926

Start
    Wir sind fünf Finger an einer Hand. Der auf dem Titelblatt und: Ignaz Wrobel. Peter Panter. Theobald Tiger. Kaspar Hauser.
    Aus dem Dunkel sind diese Pseudonyme aufgetaucht, als Spiel gedacht, als Spiel erfunden – das war damals, als meine ersten Arbeiten in der »Weltbühne« standen. Eine kleine Wochenschrift mag nicht viermal denselben Mann in einer Nummer haben, und so erstanden, zum Spaß, diese homunculi. Sie sahen sich gedruckt, noch purzelten sie alle durcheinander; schon setzen sie sich zurecht, wurden sicherer, sehr sicher, kühn – da führten sie ihr eigenes Dasein. Pseudonyme sind wie kleine Menschen; es ist gefährlich, Namen zu erfinden, sich für jemand anders auszugeben, Namen anzulegen - ein Name lebt. Und was als Spielerei begonnen, endete als heitere Schizophrenie.
    Ich mag uns gern. Es war schön, sich hinter den Namen zu verkriechen und dann von Siegfried Jacobsohn solche Briefe gezeigt zu bekommen:
    »Sehr geehrter Herr! Ich muß Ihnen mitteilen, dass ich Ihr geschätztes Blatt nur wegen der Arbeiten Ignaz Wrobels lese. Das ist ein Mann nach meinem Herzen. Dagegen haben

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