Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
gerade Nachtschicht hat und eigentlich tagsüber schlafen sollte. Das nenne ich wahre Freundschaft. Als sie dann jedoch bei mir auf der Couch sitzt und ihren Becher mit Milchkaffee umklammert, habe ich das Gefühl, dass sie Trost nötiger hat als ich.
»Das kann doch nicht sein. Das kann doch einfach nicht sein«, flüstert sie immer wieder. »Ihr seid das Traumpaar. Der lebende Beweis, dass es die wahre Liebe gibt. Ohne euch«, aus ihren braunen Kulleraugen sieht sie mich voller Hoffnungslosigkeit an, »habe ich kein einziges Vorbildpaar mehr. Erst Til und Dana, dann Heidi und Seal und jetzt auch noch ihr. Das kann doch nicht sein.«
»Süße, beruhige dich! Das heißt nicht, dass es die wahre Liebe nicht gibt. Es heißt nur, dass Fabian und ich nicht zusammengepasst haben.«
»Aber ihr habt perfekt zusammengepasst.«
»Nein«, sage ich heftig, obwohl ich das bis vor Kurzem selbst noch geglaubt habe. »Ein Mann, der mich jahrelang belügt und betrügt und mir dann auch noch erzählt, dass er mich liebt wie eine Schwester, der passt nicht zu mir. Zu so einem will ich überhaupt nicht passen.«
»Aber bist du denn gar nicht traurig?«
»Ich war traurig. Die ganze Woche. Und guck, wie ich jetzt aussehe.« Vielsagend deute ich auf meine rote Nase und die verquollenen Augen. »Das hat Fabian gar nicht verdient. Und deshalb bin ich auch nicht mehr traurig. Der Typ ist es nicht wert, dass ich ihm auch nur eine einzige Träne hinterherweine. Eine einzige weitere Träne, meine ich. Ich habe sogar darüber nachgedacht, meinen Job hinzuschmeißen. Kannst du dir das vorstellen?« Mitfühlend sieht Lydia mich an und nickt.
»Das kann ich total gut verstehen«, sagt sie. »Das hab ich auch als Allererstes gedacht. Wie sollst du bloß weiter an diesem Projekt arbeiten, das ja quasi deine Beziehung auf dem Gewissen hat? Ich fände es jedenfalls nachvollziehbar, wenn du es abgeben würdest. Das könnte in der Agentur bestimmt jeder verstehen!«
»Erstens ist die Werbebranche ein Haifischbecken, in der so was wie ein Privatleben allenfalls so lange geduldet wird, wie es den Job nicht beeinflusst. Und zweitens hat nur einer unsere Beziehung auf dem Gewissen und das ist Fabian. Im Gegenteil, ich werde Herrn Löffelstiel«, dem ich nach Fabians Eröffnung noch mit einem stumpfen, rostigen Löffel das Herz rauskratzen wollte, »und DreamTeam auf ewig dankbar sein.«
»Tatsächlich?« Sie sieht mich an, als wäre ich nicht ganz richtig im Kopf.
»Natürlich. Ich wünschte, ich hätte diesen Test schon viel eher gemacht. Dann hätte ich mir nämlich die letzten Jahre mit Fabian sparen können. Überleg doch mal, was das für eine Zeitverschwendung war.«
»Aber«, gibt sie zu bedenken und legt mir vorsichtig eine Hand auf den Arm, »ihr wart doch sehr glücklich miteinander.«
»Ich war glücklich mit einer Idee, die ich mir irgendwann von ihm gemacht habe und die mit der Realität überhaupt nichts zu tun hatte. Ja, wir haben uns gut verstanden. Aber eben wie Bruder und Schwester.« In diesem Moment fällt mir meine Schwester ein, und ich fühle mich plötzlich hundeelend, weil ich, so wie es aussieht, auf ihrer Hochzeit am Singletisch sitzen werde.
»Moment mal«, reißt Lydia mich aus meinen düsteren Gedanken, »was heißt hier wie Bruder und Schwester? Nur weil er …«
»Ach, machen wir uns doch nichts vor«, unterbreche ich sie rüde. »Irgendwie hat er ja sogar recht gehabt. Unser Sexleben ist bis auf ein paar klägliche Versuche schon vor langer Zeit eingeschlafen. Und so doll war es auch davor nicht«, schiebe ich noch bissig hinterher, obwohl Fabian mich ja gar nicht hören kann.
»Aber es war doch Liebe auf den ersten Blick. Ich war dabei. Liebe auf den ersten Blick …«
Ich zucke mit den Schultern. »Was weiß ich. Wahrscheinlich brauchten wir beide einfach jemanden, an dem wir uns festklammern konnten. Überleg doch mal, ich hatte gerade das Desaster mit Peter hinter mir. Und er das mit Lisa.«
»Aber mit dem Trostpflaster bleibt man nicht drei Jahre zusammen.«
»Wenn man dumm genug ist, schon.«
Ehrlich gesagt ist niemand erstaunter als ich, wie kühl und sachlich ich die Trennung von Fabian hinter mich bringe. Außer vielleicht der Herr selbst, der aus allen Wolken zu fallen schien, als ich ihn noch am Abend nach seinem Geständnis anrief, um mit ihm das weitere Vorgehen zu besprechen.
»Ich wäre dir dankbar, wenn du möglichst schnell deine Sachen abholen würdest«, sagte ich so beherrscht wie
Weitere Kostenlose Bücher