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Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)

Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)

Titel: Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Voosen
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möglich, obwohl sich in meinem Hals, kaum dass Fabian sich am anderen Ende der Leitung gemeldet hatte, ein Kloß gebildet hat. »Außerdem erwarte ich, dass du für drei Monate deinen Anteil an der Miete weiterbezahlst. Das ist so üblich.«
    »Äh, ja, klar.« Er klang völlig überrumpelt. »Das mache ich natürlich. Aber Franzi, ich würde gerne noch mal mit dir reden.«
    »Ich wüsste nicht, was wir beide noch zu bereden haben. Schreib mir bitte eine SMS, wann du deinen Kram holst, damit ich dann nicht zu Hause bin.«
    »Ähm, ja, okay, gut. Also, ich weiß noch nicht genau, wann das sein wird. Ich penne bei Andreas und Biggi auf der Couch, aber für länger ist das natürlich nichts. Deshalb muss ich erst mal sehen, wie …«
    »Dir wird schon was einfallen«, fiel ich ihm ins Wort. »Vielleicht nimmt dich eine der Frauen, die dich sexuell so viel mehr anziehen als ich, ja ausnahmsweise mal mit nach Hause, statt nur aufs nächste Klo.« Verdammt. Am liebsten hätte ich mir auf die Zunge gebissen. Jetzt hatte ich mir doch anmerken lassen, dass ich verletzt war. Prompt fing Fabian an, sich lang und breit zu entschuldigen.
    »Franzi, ich habe die ganze Nacht kein Auge zugetan. Es tut mir so leid, was ich dir angetan habe.«
    »Das muss es gar nicht«, antwortete ich zuckersüß. »Ist doch alles eine Frage der Gene. Dagegen ist man machtlos.«
    Mit all meiner Energie stürze ich mich von nun an in die Arbeit, bin morgens als Erste in der Agentur und abends die Letzte, die das Büro verlässt. Ich sprudele vor Ideen und ergänze das Werbekonzept neben den üblichen Faktoren wie Web-Präsenz, Broschüren und Kinowerbung um Gratis-Postkarten, Telefon-Apps und Promo-Aktionen, in denen leichtbekleidete Mädchen deutschlandweit durch die Szenekneipen streifen und gratis unsere DreamTeam-Q-tips verteilen. Und es funktioniert. Die Leute rennen uns die Bude ein und unsere Datenbank wächst mit jedem Tag. So schlimm kann das mit der Wirtschaftskrise also gar nicht sein, wenn zweihundert Euro so locker sitzen. Andererseits, was sind die paar Kröten schon, wenn man dafür die große Liebe bekommt?
    Ziemlich fertig von der Woche, aber auch ein bisschen zufrieden mit mir selbst, fahre ich am Sonntagnachmittag mit meinem uralten Mini nach Schenefeld, dem hübschen Vorort von Hamburg, wo meine Großeltern ihr Häuschen haben. Die Fahrt dauert etwa dreißig Minuten, und normalerweise stelle ich das Radio an und singe aus vollem Hals die alten Kamellen auf Oldie 95 mit. Dieses Mal aber bleibt mir das Wort schon beim ersten Song im Halse stecken.
    »Yesterday love was such an easy game to play«, singt Paul McCartney ohne mich weiter, »now I need a place to hide …« Schnell schalte ich das Radio aus. Die Straße verschwimmt vor meinen Augen. Ich fahre mal lieber kurz rechts ran. Das Lenkrad fest umklammert, atme ich tief durch, bis sich mein Puls normalisiert hat. Musik ist also im Moment offensichtlich keine gute Idee. Traurige Liebesschnulzen sowieso nicht. Entschlossen blinzele ich die Tränen weg und fädele mich wieder in den Verkehr ein. Dann eben kein Radio, ich habe in letzter Zeit einiges mehr verloren. Das verkrafte ich auch noch. Und wenn es mir dabei hilft, meine mühsam unterdrückten Emotionen in Schach zu halten, dann verzichte ich gerne auf die musikalische Untermalung.
    »Wie siehst du denn aus?«, fragt meine Oma Anni, kaum dass sie mir die Tür geöffnet hat.
    »Dir auch einen schönen guten Tag«, sage ich mit einem schiefen Grinsen.
    »Entschuldige. Du weißt doch, dass ich meine Zunge auf dem Herzen trage. Komm rein, Schätzchen!« Ich beuge mich zu ihr runter und gebe ihr einen Kuss auf die Wange. Sofort schnellt ihre Hand nach oben, sie umfasst mein Kinn und mustert mich mit zusammengekniffenen Augen. »Von Nahem siehst du noch schlimmer aus«, erklärt sie besorgt. »Was ist passiert?«
    »Kann ich vielleicht erst mal meine Jacke ausziehen?«
    »Natürlich.« Ich trete in den mit dunkelgrünem Teppichboden ausgelegten Flur, rieche den vertrauten Geruch nach Putzmitteln, Lavendel und altem Holz und fühle mich sofort geborgen. Gleichzeitig zieht sich mein Herz schmerzvoll zusammen, aber das ignoriere ich. Auf Musik kann ich vielleicht verzichten, aber nicht auf die Besuche bei meiner geliebten Großmutter. Sie führt mich in das Wohnzimmer, das noch genauso aussieht wie vor dreißig Jahren, als ich hier zwischen den Füßen der Erwachsenen auf dem Perserteppich herumgekrabbelt bin. Wenn ich nicht so eine

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