Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
muss.
Kapitel 16
»Was macht der denn hier?«, höre ich Nils neben mir fragen.
»Du siehst ihn auch?«
»Natürlich sehe ich ihn. Was ist das für eine wenig intelligente Frage?« Überrascht über seinen barschen Ton sehe ich ihn an. In diesem Moment öffnet Fred den Mund und beginnt zu singen. Und zwar laut!
»Happy Birthday to you! Happy Birthday to you! Happ y Birthday, liebe Franzi, happy Birthday to you!« Mittlerweile haben sich sämtliche Gäste umgedreht und starren mehr oder weniger fassungslos auf den so unpassend gekleideten Eindringling, der sich davon jedoch nicht beirren lässt, sondern erneut ansetzt: »Happy Birthday …« In diesem Moment schaltet die Band, die uns bis dahin mit einschläfernder, leiser Hintergrundmusik beglückt h at, und stimmt in das Ständchen mit ein. Begleitet von Bass, Saxophon und Klavier klingen Freds Gesangskünste gar nicht so schlecht. Außerdem sind Anni und Hinrich jetzt aufgestanden und singen in die Hände klatschend mit. Immer mehr Leute lassen sich anstecken und schließlich steht die ganze Hochzeitsgesellschaft auf ihren Füßen. Happy Birthday, schallt es durch den Raum. Ich spüre, wie mir vor Freude das Blut in die Wangen schießt. Klar, das Ständchen ist super. Aber die Krönung ist die Torte. Ihr schwerer, schokoladiger, köstlicher Duft eilt ihr voraus und erreicht meine Nase schon, bevor Fred an unseren Tisch tritt. Direkt vor mir stellt er sie ab. Eine windschiefe 35 aus etwas, das wie Vanillecreme aussieht, prangt oben auf dem Schokotraum.
»Selbst gebacken?«, frage ich, und Fred nickt.
»Auspusten«, fordern einige Stimmen aus dem Hintergrund.
»Wünsch dir was!« Fred lächelt mich an. Ich hole Luft und puste die Kerze aus. Mein größter Wunsch steht vor mir. Alles, was ich tun muss, ist, meine Gabel darin zu versenken. »Alles Liebe zum Geburtstag, Franzi.« Plötzlich ist Freds Gesicht ganz nah an meinem und er sieht mich aus seinen grünen Augen zärtlich an, bevor er mich küsst. Genau auf den Mundwinkel. So, dass es gerade noch als Wangenkuss durchgehen könnte, aber unsere Lippen sich dennoch an einem Punkt berühren. Nils gibt einen verärgerten Laut von sich, und ich ziehe schnell den Kopf zurück.
»Ich glaube, es ist besser, wenn du jetzt gehst.« Feindselig sehen die beiden Männer einander an, dann zuckt Fred mit den Schultern.
»Na klar. Entschuldigen Sie die Störung, bitte! Eine schöne Feier noch«, wünscht er mit erhobener Stimme in die Runde. Dann wendet er sich an Julius und Emma, die ihn noch immer mit offenem Mund anstarren. »Herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit!«
»Dankeschön!« Offensichtlich hat Emma ihre Sprache wiedergefunden. Jetzt schenkt sie Fred sogar ihr berühmtes Lächeln, bei dem sie den Kopf leicht zur Seite lehnt und ihn unter gesenkten Wimpern hervor anblitzt. Ich habe dieses Lächeln schon häufig gesehen. Es bringt Männer um den Verstand. Sofort spüre ich den Stachel der Eifersucht, aber Fred scheint immun gegen Emmas weibliche Raffinesse zu sein. Befriedigt sehe ich, wie er unbekümmert die Hände in die Hosentaschen steckt und sie eher amüsiert als betört anschaut.
»Also, dann noch viel Spaß! Ach, übrigens«, bereits im Gehen dreht er sich noch einmal um und tritt zurück an unseren Tisch, »ich hab gerade mit dem Concierge gesprochen. Angeblich war der Festsaal letzten Samstag von niemandem gebucht. Merkwürdig, oder?«
»Was wollen Sie denn damit sagen?«, fragt meine Mutter spitz.
»Dass es nicht nötig gewesen wäre, die Hochzeit ausgerechnet an Franzis Geburtstag zu feiern.«
»Es war alles belegt. Es muss jemand abgesagt haben.« Emmas sonst so liebliches Stimmchen klingt plötzlich seltsam schrill.
»Wir wissen doch beide, dass das nicht wahr ist!« Der ganze Tisch schnappt hörbar nach Luft, und ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll.
»Was fällt Ihnen ein?« Julius springt auf, dass die Gläser auf dem Tisch leise klirren. »Wie reden Sie mit meiner Frau?« Einen Moment lang sieht es so aus, als wollte er sich auf ihn stürzen.
»Oh, mein Gott«, stöhnt meine Mutter, die offensichtlich das Gleiche befürchtet. Es ist mittlerweile so still im Raum, dass man eine Stecknadel fallen hören könnte.
»Ist ja gut, ich gehe schon«, löst Fred schließlich die Spannung auf. »Ich wollte gar nicht stören. Bloß Franzi zum Geburtstag gratulieren. Also«, er nickt mir zu, und seine Augen verraten mir, dass er sich gerade köstlich amüsiert, »ruf mich an.« Ich
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