Pantoffel oder Held?: Roman (German Edition)
auf ihren runden Bauch.
»Na ja«, sie lacht verlegen, »bei uns ging alles ziemlich schnell. Ich bin schon nach wenigen Wochen schwanger geworden. Ein paar Monate später haben wir geheiratet und das Haus bezogen.«
»Wow.«
»Ich freu mich sehr auf Lilly.« Eine Sekunde lang sehen wir beide rüber zu Silvia, die lässig an einem Stehtisch lehnt. »Eigentlich lese ich gerade ›Twilight‹«, Linda zwinkert mir verschwörerisch zu, »hab den Schutzumschlag ausgetauscht.« Das ist clever. Auf die Idee muss man erst mal kommen. Andererseits – eigentlich schade, wenn man überhaupt zu solchen Maßnahmen greifen muss. Finde ich jedenfalls. Aber bevor ich ihr das sagen kann, ist Nils mit einem Teller zurück, den er mir reicht.
»Hier. Ich hoffe, du magst Austern.« Ich sehe die schleimigen Batzen und kann mich gerade noch rechtzeitig über die Brüstung der Veranda lehnen, bevor sich mir der Magen umdreht.
Kapitel 18
Fünfzehn Minuten später zieht Nils mich ein wenig unsanft über den Steg zurück auf die Straße.
»Was soll denn das?«, protestiere ich halbherzig, denn für mehr reichen meine Kräfte nicht. Obwohl ich das meiste von mir gegeben habe, ist mir immer noch schrecklich übel.
»Das frage ich dich. Wie konntest du in weniger als zwei Stunden so viel trinken, dass du vor aller Augen in die Alster kotzen musst?«
Vor lauter Scham steigt mir das Blut in die Wangen. »Ich …«
»Und meinst du wirklich, es ist ein guter Einstand in meinen Freundeskreis, sich gleich mit allen anzulegen?«
»Ich hab mich doch gar nicht …«
»Du hast provoziert. Und das mit voller Absicht. Ich hoffe jedenfalls nicht, dass du allen Ernstes behaupten willst, deine Groschenromane könnten mit Mann und Tolstoi mithalten.«
»Also, erstens sind das keine Groschenromane und zweitens habe ich das nie gesagt. Ich fand nur diese Silvia mit ihrer herablassenden Art unausstehlich. Man ist kein besserer Mensch, bloß weil man so’n Kram liest.«
In diesem Moment hält ein Taxi mit quietschenden Reifen genau neben uns an.
»Taxi für Rösler?«.
»Genau.« Nils öffnet die hintere Autotür und bedeutet mir einzusteigen.
»Warte mal!« In diesem Moment fällt mir ein, dass etwas Wichtiges fehlt. Ich sehe hinunter auf meine bloßen Füße. »Ich kann doch nicht ohne meine Schuhe fahren!« Genervt dreht Nils die Augen gen Himmel.
»Wo hast du sie denn?« Angestrengt denke ich nach.
»Also, als wir vom Tisch aufgestanden sind, hatte ich sie noch. Dann hab ich mir ein Glas Bowle geholt und … Ich kann mich nicht erinnern, ob ich sie da vielleicht aus der Hand gelegt habe. Ja, ich bin ziemlich sicher, dass sie unter dem Buffet liegen.« Ich nicke überzeugt, um dann abzuschwächen: »Vielleicht aber auch nicht.«
»Egal jetzt. Steig ein!«
»Du willst, dass ich ohne Schuhe ins Taxi steige?«
»Du hattest ja auch kein Problem damit, auf der Party meines Freundes barfuß herumzulaufen.«
»Fandest du das schlimm? Aber meine Füße waren doch so geschwollen. Ich konnte nichts dafür.«
»Ja, schon gut. Los jetzt.« Ich krabbele kopfüber in das Taxi und muss schnell den linken Fuß einziehen, weil Nils die Tür so schnell hinter mir zuschlägt. Verwirrt sehe ich zu ihm hoch und kurbele das Fenster runter.
»Kommst du nicht mit?«
»Warum sollte ich? Um dir weiter dabei zuzusehen, wie du dich übergibst? Das Vergnügen hatte ich ja schon. Ich und alle anderen!«
»Wenn die mir auf die Sitze kotzt, bezahlen Sie die Reinigung«, droht der Fahrer von vorne.
»Sie wird sich zusammenreißen«, versichert Nils, »wenigstens jetzt.«
»Ich hab das nicht mit Absicht gemacht«, sage ich weinerlich, »ich dachte, es ist die Kinderbowle.« Das ist natürlich gelogen, aber vielleicht glaubt Nils mir ja und guckt dann nicht mehr ganz so sauer.
»Fahr nach Hause und schlaf deinen Rausch aus. Und morgen erwarte ich eine Entschuldigung.« Damit wendet er sich dem Fahrer zu und reicht ihm einen Fünfzigeuroschein. »Fahren Sie sie bitte zum Grindelhof 4. Der Rest ist für Sie.« Mit der flachen Hand klopft er auf das Autodach, und wir fahren mit quietschenden Reifen davon. Durch das Rückfenster schaue ich Nils hinterher, der zurück zum Segelclub geht, doch er sieht sich nicht noch einmal um. Plötzlich fühle ich mich sehr einsam. Und beschämt. Habe ich wirklich vor allen Leuten in die Alster gekotzt? Wie peinlich. Ich lasse mich in den Sitz zurückfallen und bemerke erst jetzt, wie mir heiße Tränen das Gesicht runterlaufen. Dass
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