Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
wilde Hundemeute? Gepfiffen! Ich ignorierte die Tür, die er mir aufhielt.
»Ach herrje, wahrschein lich hast du dich verirrt, was? Das ist schon ein ziemlich ungewohntes Revier, so ein großer Dampfer. Dann bleib hier. Wenn meine Wache herum ist, bringe ich dich nach unten.«
Das war ein Angebot.
Ich suchte mir eine Ecke, wo ich nicht störte, und rollte mich ganz klein zusammen.
Irgendwie musste ich eingedöst sein, denn ich wurde erst wach, als zwei Män nerstimmen sich unterhielten. Ron Cado berichtete einem Mann, den er Kapitän nannte, von den nächtlichen Vorfällen, verschwieg aber zum Glück meine Rolle darin. Ich schlich mich lautlos und ungesehen an ih nen vorbei, fand die Tür, lauschte, schnüffelte – von Hunden keine Spur. Aber eine schöne, deutliche Markierung an der Treppenstufe, die mir den Weg wies.
So fand ich wieder zu Janed, die noch im mer in tie fem Schlaf lag, auch wenn hier und da in den Betten ziemlich laut geschnarcht wurde. Ich hüpfte zu ihr in die Decken und gönnte mir auch noch eine Runde Schlaf.
Aufdringlichkeiten
Das mit der Passage schien Janed ein gewisses Problem zu bereiten, stellte ich am nächsten Tag fest, als ich so um die Mittags zeit aus mei nem erholsa men Schlum mer erwachte. Die Aussiedler – so wurden die Menschen hier im Zwischendeck genannt – bekamen in einem weiteren großen Raum ihr Essen. Alle, die nicht grün um die Nase waren, begaben sich dort hin. Janed war nicht mehr grün um die Nase, traute sich aber nicht, mit ihnen zu gehen. Stattdessen kam diesmal Malo zu uns und brachte ihr Zwieback und etwas Schinken.
»Es ist nicht recht, dass ich hier als blin der Passagier mitreise, Malo. Mir wäre wohler, ich hätte die Passage bezahlt. Dieses Versteckspiel liegt mir nicht. Ich zucke jedes Mal zusammen, wenn ich einen Seemann oder gar einen Offizier sehe.«
»Mach dir doch nicht so viel Gedanken, Janed. Hier sind fast hundert Leute untergebracht, und oben reisen noch mal fünf zig Passagiere in der Ersten und Zweiten Klasse. Der Purser kann sich nicht jedes Gesicht merken. Der merkt sich nur die vornehmen Herrschaften aus der Ersten.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher.«
»Könnte natürlich sein, dass ihm dein hübsches Gesicht besonders auffällt, da hast du recht. Aber die Reise dauert doch nur neun Tage, vielleicht auch nur acht. Ich hab gehört, sie haben ein großes Tier an Bord, das pünktlich am dreizehnten Mai in New York sein muss.«
Ein großes Tier? Ogottogottogott!
»Wer soll das sein, Malo?«
»Irgend so ein Opernsänger. Ein ganz wichtiger Kerl, der einen ganz wichtigen Auftritt am Theater hat. Der sollte eigentlich mit der Gigantic fahren, aber weil sein Zug Verspätung hatte, hat er die verpasst. Darum ist er jetzt auf diesem Schiff. Aber es heißt, er verlässt seine Kabine nicht.«
»Oper!«, seufzte Janed sehnsüchtig. »Eine Oper möchte ich mal sehen. Da wird so schöne Musik gespielt.«
»Wir machen auch schö ne Musik, mei ne Hübsche. Komm heute Abend mal in unser Quartier. Der Maat hat ein Schifferklavier und der Moses eine Gitarre.«
»Siehst du, Malo, genau das traue ich mich nicht!«
»Ach was, von denen will niemand deinen Passagierschein sehen. So, ich muss los, mei ne Schöne. Telo bringt dir später das Abendessen. Brieg hat Hundswache gehabt und pennt noch.«
»Was für eine Wache? Gibt es Hunde an Bord?«
Liebe, gute Janed. Sie hatte dieselben Bedenken wie ich. Aber Malo lachte nur laut auf.
»Hundswache nennt man die Zeit von Mitternacht bis vier Uhr morgens – weil man da so hundemüde ist, dass die Gefahr besteht, dass man einschläft.«
»Oh, ach so.«
Eben. Ach so. Keine Hunde. Hatte ich wieder mal den perfekten Schisserkater gegeben.
Und völlig umsonst!
Ich musste das ändern. Dringend. Was hatte Corsair gesagt – jede Angst ist nur so groß, wie man sie zulässt.
Nach ein paar ordentlichen Happen Schinken sammelte ich meinen Mut zusammen und forderte die zögernde Janed auf, mit mir einen Rundgang durch das Schiff zu machen. Um das zu erreichen, maunzte ich sie auffordernd an, was sie verstand, und trabte mit hoch aufgerichtetem Schwanz vor ihr her, ein Zeichen, das sie ebenfalls richtig zu deuten gelernt hatte. Da ich mich in den unteren Gängen nun dank meiner Markierungen einigermaßen auskannte, führte ich sie zuerst die Treppe hinunter.
»Au wei, daran hätte ich ja wohl denken müssen«, meinte sie, als ich ihr die Kiste mit Löschsand zeigte und ihr deren Nutzen demonstrierte.
Weitere Kostenlose Bücher