Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
aufräumen.«
Vermutlich nicht. Ein Hotel, das war so was wie das Gasthaus, in dem wir in Brest übernachtet hatten. Mir würde das gefallen, Ron. Eine große Küche, ein Futterzimmer, in dem man den Gästen um die Bei ne gehen konnte, einen Kräutergarten – o ja, einen Kräutergarten mit Baldrian und Mäusen.
Ron legte sich jetzt wieder hin und verschränkte die Arme hinter dem Kopf.
Ich fragte höflich, ob ich auf sei ne Brust klettern durfte.
Ich durfte.
Gemütlich streckte ich mich auf dieser warmen, sich leicht hebenden und senkenden Unterlage aus und schnurrte ihn auffordernd an, mir seine Sorgen mitzuteilen.
»Ronronron?«
»Was soll ich nur machen, Pantoufle? Das Haus ist hübsch, es liegt auf der Landenge zwischen dem Festland und der Halbinsel. ›Entre deux mers‹ hat On kel Mathieu es genannt, was sehr passend ist. Ein Pinienwald umgibt es, auf der einen Seite erstreckt sich ein langer Sandstrand, an dem sich die Wel len des Atlantiks brechen, auf der ande ren Seite be findet sich eine sanfte Bucht, in der die Boote der Ausflügler schaukeln. Ach, Mist. Noch nie in den vergangenen Jahren hatte ich solch ein Heimweh, Pantoufle. Warum weckst du das nur ständig auf?«
Ich? Bin ich jetzt daran schuld?
»Aber nein, Pantoufle, das war nicht nett von mir.«
Eine Hand legte sich um mein Derrière, und ich maunzte besänftigt.
»Ich kann es noch nicht mal verkaufen, bei dieser blöden Klausel darin. So ein Murks, ehrlich. Sowie ich Zeit habe, werde ich mei nem Vater schreiben müssen.« Er schwieg, und seine Gedanken schienen düsterer und düsterer zu werden.
»Er ist nicht gut auf mich zu spre chen, ich verstehe es ja. Ich hätte meine Eltern besuchen müssen, als wir in Brest lagen. Aber ich habe es einfach nicht über mich gebracht. Auch wenn er mir in sei nen Brie fen versichert hat, dass der alte Lan neville die An klage zu rückge zogen hat. Zwölf Jahre habe ich sie nicht mehr gesehen, meine Maman und Papa, Pantoufle. Ich habe sie ohne Abschied, bei Nacht und Nebel verlassen und mich jah re lang nicht ge meldet. Bin ich ein Feigling, Ka terchen?«
Du? Ein Schissermann? Nein, das glau be ich nicht. Aber wovor hast du denn Angst, Ron?
»Ich hätte mich stellen sollen. Heilige Mutter Anne, ich habe sie nicht umgebracht. Aber Auguste war der einzige Zeuge, und er hat sich aus dem Staub gemacht. Verräter, der!«
Rons Brust bewegte sich heftiger, er schien sich über diesen Fall aufzuregen. Dann aber beruhigte er sich wieder.
»Ich hatte gedacht, ich hätte die Erinnerung an die Schmach und die Demütigung ver gessen, Pantou fle. Aber mit dem Heimweh kommt al les zu rück.« Und ganz leise fügte er dann hinzu: »Und mit deiner Janed.«
Ja, Janed ist ein liebes Mädchen, nicht? Sie ge fällt dir?
»Sie ist eine kleine Furie.«
Na und?
»Früher hätte ich auf ein Fischermädchen herabgesehen, Pantoufle. Ich arroganter Gimpel hatte mir in den Kopf gesetzt, dass der Sohn ei nes kleinen Notars für Höheres bestimmt sei. Keine Geringere als die Tochter des Gutsherrn de Lanneville musste es sein, die mir gesellschaftlichen Glanz verleihen sollte. Was habe ich mich angestrengt, sie zu umwerben, die kleine Ziege. Na gut, man soll nicht schlecht über Ver storbe ne reden, aber sie war wirklich ein recht hohlköpfiges Geschöpf. Heute würde ich sie keiner weiteren Aufmerksamkeit würdigen. Derartige junge Frauen finden sich nur zu oft in der Ersten Klasse ein, füh ren ihre hübschen Kleider spazieren, schmücken ihre leeren Köpfchen mit allerlei Putzwerk und flattern verlockend mit den Wimpern. Ihre Konversation dreht sich um Mode und gesellschaftliche Pikanterien. Sie leben vom Geld ihrer Väter und wissen nicht, wie es verdient wird, sondern nur, wie sie es ausgeben können.«
Und Katzen haben sie vermutlich auch nicht, was? Und schöne Fischpasteten können sie sicher nicht herstellen?
»Sie sind hübsch und langwei lig, und wenn sie älter werden, werden sie schrullig wie Madame Robichon. Tja, wenn man es so betrachtet, hat es et was Gutes, dass das Schicksal unsere Verbindung beendet hat. Obwohl, die Ehe wäre sowieso nicht zustande gekommen. Dass sie mit Auguste angebandelt hat, hat mich zutiefst getroffen.
Mit Auguste, meinem besten Freund. Ach verdammt, ich wollte das vergessen, Katerchen.«
Ich krabbelte ein Stückchen nach vorne und rieb tröstend meinen Kopf an seiner Wange. Angenehm kratzig war sie heute Morgen.
»Manchmal, Pantoufle, könnte ich beinahe annehmen, dass du
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