Pantoufle - Ein Kater zur See - Schacht, A: Pantoufle - Ein Kater zur See
tatsächlich ihrem Ende entgegen.
Lili drückte sich an Janeds Rock und ich mich an sie.
»Geht es dir wieder gut?«
»Ja, ist alles in Ordnung. Ich hätte sogar einen kleinen Appetit.«
»Da sagst du was.«
»Aber nicht auf Fischköpfe.«
»Ich glaube, das weiß Janed jetzt.«
»Worüber ha ben die Men schen eigent lich so lange gesprochen gestern Abend? Ich habe ei gentlich nur so ein Stimmengemurmel gehört, war ein bisschen weggetreten.
Hat Janed mit Pippin über das große Revier gesprochen?«
»Nein, über den Ersten Offizier. Das erzähle ich dir nachher. Jetzt müssen wir uns erst mal ums Frühstück kümmern.«
»Gut. Mach mal.«
Machte ich. Janed verstand mein Maun zen ganz genau, doch als wir uns zur Kom büse aufmachten, wurde unser Plan von Adèle jählings durchkreuzt.
Madame begeg nete uns näm lich auf dem Gang, fauchte Janed böse an, was eine Zwischendeckschlampe hier zu suchen habe, entdeckte Lili und krallte sich meine süße Freundin unter Schmähworten, die den Zustand meines Pelzes unvorteilhaft beschrieben.
Janed kochte vor Wut, wollte etwas sagen, doch Adèle fegte, die protestierende Lili unter dem Arm, an uns vorbei und knallte die Tür ihrer Kajüte zu.
Lili verwendete übrigens einen ungewöhnlich derben Wortschatz, den ich nicht bei ihr erwartet hatte.
Janed stand ihr in nichts nach.
Dagegen waren ja Möwenkacke und fauliger Makrelenschwanz noch harmlos.
Und sauer war ich auch. Diese Schnepfe in Rüschen sorgte doch für nichts als Ärger! Am liebsten hätte ich ihr die Tür zerkratzt, und Janed sah ebenfalls aus, als wolle sie diesem Teil der Schiffseinrichtung nachhaltige Schäden zufügen, aber dann entspannten sich ihre Krallen und wurden wieder zu Fingern.
»Da können wir nichts machen, Pantoufle. Madame Robichon ist ihre Besitzerin. Und … na, du weißt doch, unsere Zukunft ist ziemlich ungewiss.«
Ja, das enge Zimmerchen und die lauten Straßen und das Nicht-raus-Können.
Und verhungern?
Janed zog die Schultern zusammen, straffte sich dann aber wieder und sah mir in die Augen.
»Wir werden schon nicht verhungern. Vor al lem im Augenblick nicht.«
In der Küche herrschte eine seltsam ruhige Arbeitsstimmung. Telo brachte uns ein paar Reste von dem Büfett, das am vergangenen Abend bei dem Tumult zu Bruch gegangen war.
»Eigentlich wollten sie das Zeug wegwerfen, aber ich dachte, der Kater mag das Roastbeef auch, selbst wenn es schon mal auf dem Teppich lag.«
Da kannste aber für!
Janed nahm die Gabe dankbar an und fragte, warum so erstaunlich wenig Hektik herrschte.
Telo gab ein leises Schnauben von sich.
»Der Koch ist ausgefallen. Gestern, als der durchgedrehte Maschinist mit seinem ›Der-Löwe-ist-los!‹ alle verrückt gemacht hat, ist er ausgerutscht und mit dem Kopf gegen den Herd geknallt. Außerdem hatte der Küchenjunge, auf den er gefallen ist, ein Messer in der Hand, das ihm in den rechten Arm ge fahren ist. Jetzt liegt er in seiner Koje und kann hier niemanden drangsalieren.«
»Aber ihr braucht doch einen Koch, oder? Ich meine, Frühstück zubereiten geht wohl ohne ihn, aber das Mittagessen und das Dinner? Bekommt ihr das hin?«
»Ist doch nicht mein Problem. Ein paar Kartoffeln oder Nudeln werden wir schon gekocht bekommen.
Und der zwei te Koch versteht sich ganz gut auf Süßspeisen.«
»Na fein. Aber Pippin und ich haben ein paar Fragen an euch, Telo. Wann habt ihr heute Freiwache?«
»Brieg und Malo ab Mittag, ich erst am Nachmittag.«
»Dann bitte die beiden doch, zu uns nach unten zu kommen.«
»Mach ich, meine Schöne.«
Wir zockelten zurück, um unsere Beute zu verschlingen. Also ich schlang, Janed aß recht zierlich. Danach unterhielt sie sich mit ei ner der Auswande rerfrauen, deren Schwester in Amerika lebte. Sie wollte sich mehr Informationen über das Revier dort verschaffen, was ich für klug hielt. Ich hingegen fand das hiesige Revier weiterhin ganz interessant und beschloss, ein paar Gänge zu besuchen, die ich noch nicht kannte. Vielleicht ergab sich ja etwas.
War ich nicht richtig mutig geworden?
Mein Mut wurde auf eine harte Probe gestellt.
Ich stromerte nämlich weiter nach hinten, zum Derrière des Schiffes. Die Lagerräume waren langweilig; außer zwei Mäusen, die ich im Vor beigehen mitnahm, gab es nichts Be sonde res. Menschen hielten sich hier nicht auf, nur Kisten und Kästen und Säcke und Packen. Dann aber fand ich einen Raum, in dem ein Mann, der ziemlich verstaubt und kno chig aussah, zwischen
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