Papa Bloedmann - Ein Vater packt aus - Die beliebtesten Glossen aus ELTERN
himmlisches Hasenfutter und eine allgemeine Glaubenskrise in der Familie.
Ich plädiere inzwischen für folgende Sichtweise: Die Wahrheit als solche existiert ebenso wenig wie die Lüge. Lüge und Wahrheit sind keine Gegensätze, eher zwei Seiten einer Medaille. Ganz ehrlich.
Hulassa babuff
Kinder formen Silben, Eltern füllen sie mit Bedeutung. Trotz mancher Missverständnisse ist alles Lallen Poesie
A m Anfang schuf Gott Himmel und Erde, und die Erde war wüst und leer.« So lauten die berühmten ersten Worte aus dem Ersten Buch Mose. Die ersten be-rühmten Worte kleiner Menschen lauten: »Dada!«, »Blabla!«, »Gaga!« oder »Nana!«
Naja, das hört sich erst mal nicht besonders tiefsinnig an, aber die Eltern geraten bei jedem gelallten Zweisilber aus dem Häuschen. Denn sie glauben, soeben das erste sinntragende Wort ihres Kindes gehört zu haben. Der Vater versteht »Papa«, die Mutter hat eindeutig »Mama« gehört. Und fortan scheint es ihnen nicht mehr wüst und leer in ihrem Leben, und der Geist Gottes schwebt durchs Kinderzimmer.
In Wirklichkeit jedoch, behaupten böse Sprachforscher, meint das erste Dada-Wort oft gar nicht »Mama« oder »Papa«, sondern »Auto«, »Fläschchen« oder »Hund«. Der Interpretationsspielraum bei Ansagen wie »Baba« oder »Wawa« ist erfreulich hoch. Das Baby dagegen fühlt sich schnell missverstanden. Deshalb heißt es: üben, üben, üben. Wie macht die Kuh? Muh. Wie macht die Katze? Miau! Wie macht der Hund? Wau. Genau.
Ersteltern können von dem eifrigen Gemuhe und Gewaue gar nicht genug bekommen. Manche dokumentieren die gestammelten Artikulationsversuche akribisch. Wenn die Lallphase und das Einwortstadium überwunden sind, wird es erst so richtig lustig. Nana Bibapp. Nana Perp. Nana Bibapp. Nana Perp. Hört sich an wie Musik, bedeutet aber: Hannah Spielplatz, Hannah Pferd. »Hulassa babuff! Hulassa babuff«, teilt der Sohn meines Freundes Robert jedes Mal aufgeregt mit, wenn er mich sieht. Was soll das bloß bedeuten? Nach langem Nachdenken sind wir schließlich draufgekommen. Robert, ein begeisterter Modellflieger, hat einen neuen, ferngesteuerten Hubschrauber, den er noch nicht so perfekt unter Kontrolle hat. Der Heli stürzt dauernd ab und ist kaputt – Hulassa babuff.
Ist das nicht reine Poesie? Hulassa. Bibapp. Babuff. Klingt wie ein dadaistisches Gedicht. Und tatsächlich: Kleinkindgeplapper ist eng verwandt mit großer Dichtung. Das konnte sogar wissenschaftlich bewiesen werden: David Miall von der Universität von Alberta verglich mithilfe eines Computerprogramms die Sprach- und Lautmuster typischer Babysprache mit denen klassischer Dichtung. Er fand dabei viele Übereinstimmungen. »Die Babysprache ist voll von poetischen Zügen: Metrik und Phonetik – also Rhythmus und Laute – folgen den gleichen Regeln wie in der Dichtung«, sagt Mr. Miall.
Während die Erwachsenen noch rätseln, was »Bui« und »Napsi« bedeuten soll (Stuhl! Spinat!), lernen die Kinder unglaublich schnell. Etwa neun neue Wörter pro Tag kommen dazu, das ist ein Wort pro Stunde im Wachzustand. Innerhalb von sechs Jahren verfügen sie über ein Repertoire von 14 000 Wörtern. Größer als der Wortschatz der »Bild-Zeitung«.
Und wenn ein Wort fehlt, erfinden die Kleinen einfach eines. Luftoni heißt übersetzt Luftballon, der Eskimo wird kurzerhand Kimborin getauft, der Computer Budoni und der Kapitän Batateen.
Sie verstehen nur »Bamame?« Tein Lolem: Für die Kommunikation zwischen Baby und Erwachsenen gibt es jetzt das »Langenscheidt Baby-Wörterbuch« mit viel Raum für Notizen. Auf 48 Seiten können Eltern die originellsten Ausdrücke ihrer Sprech-Pioniere von A wie Axelzaf bis Z wie Zalazoze aufschreiben. Entwickelt wurde das Lala-Lexikon von »Dummidiefel«-Spezialisten, die sogar daran gedacht haben, dass ein Babysprachführer aus dickem und abwaschbarem Papier bestehen muss. Das guuuh! Sons Bubu snell babuff. Sie verstehen.
Noch maaaal!
Wiederholungen sind pädagogisch wertvoll. Wiederholungen sind pädagogisch wertvoll. Wiederholungen sind – anstrengend
T ausendmal »Bi-Ba-Butzemann«, zehntausendmal »Conni fährt in Urlaub«, hunderttausendmal »Guten Abend, gute Nacht«. Und dann alles wieder von vorn.
Was kann man dagegen tun? Muss man was dagegen tun? Darf man was dagegen tun?
Erwachsene Leser wünschen eher selten, dieselbe Geschichte zweimal zu lesen. Leider, denn das würde mir das Schreiben deutlich erleichtern. Kleine Kinder dagegen können ohne
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