Papa Bloedmann - Ein Vater packt aus - Die beliebtesten Glossen aus ELTERN
Rollenspiel wie Indianer, Pirat oder Marienkäfer?
Und aus Sicht des kleinen Bruders stellt sich die Frage: Ist es nicht ungerecht, dass Mädchen so schöne Sachen tragen können – und Jungen nicht?
Unser Sohn hatte jedenfalls das Gefühl, die geschlechtsspezifische Kleiderordnung sei extrem ungerecht. Seine Stilikonen waren zwei Frauen, nämlich die Mama und die große Schwester. Zu feierlichen Anlässen trugen die Damen elegante Kleider, sie hängten sich glitzernde Sachen an den Kopf und um den Hals und malten sich das Gesicht und die Hände an. Das sah irgendwie toll aus, fand der kleine Junge, und versuchte es nachzumachen – worauf er von der Schwester ausgelacht wurde.
Kleidungstechnisch kann von Gleichberechtigung also keine Rede sein. In Kaufhäusern nehmen die Abteilungen für Damen- und Mädchenbekleidung dreimal so viel Platz ein wie die Herren- und Jungenabteilungen. Frauen können zwischen Hose, Rock, Kleid, Hosenrock, Kostüm, Abendrobe, Dirndl und Kimono wählen, um nur einen Bruchteil der Möglichkeiten zu nennen. Männer haben, grob gesagt, die Wahl zwischen ordentlicher Hose oder schlabberiger Freizeithose. Es sei denn, es handelt sich um Schotten oder Thomas Gottschalk.
Als erwachsener Mann gewöhnt man sich irgendwann an die Spielregeln und sieht dann doch lieber davon ab, geschminkt im geblümten Kleid bei der Konferenz im Büro aufzukreuzen.
Unser Sohn beschloss jedoch eines Tages, sich für einen besonderen Anlass – ein Ausflug mit dem Opa ins Deutsche Museum – besonders schön anzuziehen. Er lieh sich ein hübsches Kleid von der Schwester, kämmte sich die Haare und zog gut gelaunt mit dem Opa los. Die Mutter und die Schwestern rissen sich zusammen und lachten nicht, und im Museum soll es sehr interessant gewesen sein, berichteten die beiden Ausflügler.
Mittlerweile trägt der Junge lieber weite Jeans, Turnschuhe und Schlabberpullis. Und seine Haare sind länger als damals während der Mädchenkleiderphase. Rock oder nicht Rock? Das spielt nur noch bei Diskussionen über Musikgeschmack eine Rolle.
Der Party-Wahnsinn
Früher reichte ein schöner Kuchen und Topfschlagen – heute muss man sich für einen Kindergeburtstag fast schon verschulden
E ine Segelregatta sei »kein Kindergeburtstag«, hat der deutsche Segler Tim Kröger in einem Interview gesagt. Gut, dass er das erwähnt hat. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn seine Mannschaft den America’s Cup für einen Kindergeburtstag gehalten hätte. Die Männer wären mit bunten Papphütchen auf dem Kopf an Bord gegangen. Sie hätten Luftschlangen im Wind tanzen lassen, mit Kochlöffeln auf Töpfe geschlagen, heißen Kakao aus Pappbechern getrunken und »Reise nach Jerusalem« gespielt. Immer wieder wird der Vergleich mit dem Kindergeburtstag herangezogen, um auszudrücken, dass es sich um eine besonders harte Veranstaltung handelt. Die Aufsichtsratssitzung bei Siemens – kein Kindergeburtstag. Die Tour de France – kein Kindergeburtstag. Die Grundausbildung bei der Bundeswehr – kein Kindergeburtstag.
Solche Hinweise sind erstens überflüssig, denn man erkennt ja schon am Fehlen von Kindern und Geburtstagstorten, dass es sich nicht um einen Kindergeburtstag handelt. Und zweitens wird ein völlig falsches Bild vom Kindergeburtstag vermittelt. Denn Kindergeburtstage sind viel härter als ihr Ruf. Ein Kindergeburtstag ist rasanter als ein Formel-1-Rennen, komplizierter und wichtiger als eine Aufsichtsratssitzung eines Weltkonzerns, lauter als ein Hardrock-Konzert, kraftraubender als Tour de France und Wüstenmarathon zusammen.
Die Logistik für einen Kindergeburtstag ist ungefähr so aufwendig wie die Planung einer bemannten Mond-Mission. Natürlich muss eine mehrstöckige Torte gebacken werden, pro Lebensjahr des Kindes kann man ein Stockwerk dazurechnen. Es müssen Wiener Würste, Limonade, Chips, Gummibärchen und Schokolade in rauen Mengen herangeschleppt werden, zusätzlich noch haufenweise billiger Plastikkram als Belohnung beim Topfschlagen.
Mädchengeburtstage zeichnen sich dadurch aus, dass den ganzen Nachmittag lang ein helles Gekreische die Luft erfüllt, das jedes Tokio-Hotel-Konzert in den Schatten stellt. Wer das nervlich durchstehen will, sollte auf jeden Fall Ohrenstöpsel verwenden. Jungengeburtstage sind eine besondere Herausforderung an die Stabilität des Nervenkostüms und der Bausubstanz. Eltern, die ihre Kinder abends von so einem Kindergeburtstag abholen, sind meistens froh, wenn niemand
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