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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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seien, was er schreiben wolle.
    »Vielleicht ist es einfach nur etwas, was ich loswerden muss«, sagte er und meinte damit das Buch. »Etwas, was ich aus eigener Kraft schaffen muss, weißt du. Herausfinden, ob ich es kann.« Er schwieg einen Augenblick und sagte dann: »Deshalb muss unsere Zusammenarbeit ja nicht zu Ende sein. Gemeinsam sind wir zu gut, um aufzuhören.«
    Ward nickte und hörte höflich zu, während Yardley voller Erleichterung darüber, dass Ward nun Bescheid wusste, sich in seinen Plänen für das Buch erging, ohne die dreißigtausend Dollar auch nur zu erwähnen.
    Als ich das Büro verließ, sprach Yardley immer noch von seinem Gefühl, als Journalist nicht richtig ausgefüllt zu sein. »Du weißt schon«, sagte er, »wovon ich rede. Die Leinwand ist einfach zu klein.«
    YARDLEY WAR IN DEN NÄCHSTEN MONATEN nicht allzu oft im Büro. Er verbrachte viel Zeit mit der Journalistin in New York, die er tatsächlich auch heiratete.
    Auf Drängen der Redakteure begann Ward Nachforschungen über mehrere Amtsleiter in Dade County anzustellen. Er sammelte Tausende von Dokumentseiten über Mülldeponien, Kläranlagen und Wohnsiedlungen und heftete sie ab. Er spürte über ausländische Banken Handelsgesellschaften auf und fand ihre Eigentümer vor Ort in Miami.
    Doch trotz sich mehrender Anzeichen für eine Veruntreuung öffentlicher Gelder hatte Ward eigentlich kein Interesse an den Protagonisten in diesem Stück. Er ging morgens um sieben oder acht ins Büro, tauchte eine Stunde später wieder auf, um sich einen Kaffee zu holen. Wenn ich manchmal an seinem Büro vorbeikam, sah ich ihn am Fenster stehen und hinaus auf die Stadt starren.
    YARDLEY ACHEMAN rief mehrmals am Tag aus seiner Wohnung in Miami oder aus der Wohnung seiner Frau in New York an und bat um Informationen über Hillary oder Thurmond Call, die er verloren oder vergessen hatte – alles Details, die in dem Artikel keine Erwähnung gefunden hatten.
    Mein Bruder gab ihm Auskunft. Er freute sich, über Moat County zu reden, und beantwortete die Fragen oft sogar viel ausführlicher, als es Yardley Acheman lieb war.
    Einmal die Woche erschien Yardley im Büro – ein symbolischer Akt, da er immer noch Gehalt bezog –, verbrachte einige Minuten mit Ward und dann etwa eine Stunde mit seinen Redakteuren und berichtete über den Fortgang der Story über die Amtsleiter in Dade County. Er nährte die allgemein schwindende Ansicht, dass er und Ward bei dieser Story zusammenarbeiteten.
    Neuerdings trug er teure Anzüge, vermutlich der Einfluss von New York. Doch war die große Stadt nicht nur gut zu ihm, denn er wurde immer blasser. Seine Haut hatte eine unnatürliche Färbung angenommen, es war fast so, als würde er ständig in fluoreszierendem Licht stehen.
    Samstags flog Yardley nach New York, um das Wochenende mit Frau und Freunden verbringen zu können, und manchmal beschwerte er sich bei seinen Besuchen in der Redaktion der
Times
darüber, wie schwierig es sei, an zwei Orten gleichzeitig zu leben, von der, wie er sagte, schnellsten Stadt der Welt in die langsamste zu kommen – dorthin, wohin New Yorker zogen, um in Rente zu gehen, wenn sie zu langsam wurden, um noch mithalten zu können.
    Er redete mittlerweile von Miami, wie er vorher von Lately geredet hatte.
    Ich wusste natürlich nichts über die literarische Sippschaft in New York, aber mir schien, dass es kein besonders exklusiver Klub sein konnte, wenn Yardley bereits am ersten Tag dort aufgenommen worden war. Ich hatte den Eindruck, dass New York voller Leute wie Yardley Acheman steckte.
    Yardleys Anrufe bei meinem Bruder häuften sich. Hinterher schob mein Bruder manchmal die Augenklappe hoch und saß lange an seinem Schreibtisch, den Kopf in den Händen, noch immer besessen von den Dokumenten über Hillary Van Wetters Fall.
    Er vergaß zu essen, er vergaß, nach Hause zu gehen. Manchmal vergaß er sogar, die Augenklappe wieder herunterzuziehen. Der Anblick der zusammengekniffenen, leeren Augenhöhle rief mir andere Bilder ins Gedächtnis, und ich wandte rasch den Blick ab, da ich mich mit der Erinnerung an die Schlägerei nicht abfinden konnte.
    WARD ARBEITETE ALLEIN und beendete die Story über die Amtsleiter von Dade County, schrieb jedes Wort selbst. Yardley war damit beschäftigt, zwischen New York und Miami hin und her zu pendeln. Er reichte fünfzig Seiten von seinem Buch ein und wurde gebeten, sie umzuarbeiten, woraufhin er sich wochenlang weigerte, überhaupt zu schreiben.
    Auf

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