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Paperboy

Paperboy

Titel: Paperboy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pete Dexter
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anzuschauen, den breiten, braunen Fluss, eine alte, hinter Kiefern versteckte Wohnwagensiedlung oder die kleine Ansammlung von Baracken, in denen die Zitrusfarmer während der Erntezeit die Jamaikaner unterbrachten.
    »Gott steh mir bei«, sagte er. »Gott steh mir bei!«
    Er schaltete das Radio ein, drückte einen Knopf nach dem anderen und schaltete es wieder ab. Er stemmte seine Füße gegen das Armaturenbrett.
    »Gott steh mir bei!«
    Ward saß in der Mitte, den Schaltknüppel zwischen den Beinen, und starrte ebenfalls in die Landschaft. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen schien es keineswegs unmöglich, dass auch er um Gottes Beistand flehte. Er war lange nicht zu Hause gewesen, für ihn musste sich viel verändert haben.
    MEIN BRUDER und Yardley Acheman nahmen sich zwei Zimmer im Prescott Hotel in Lately und zahlten für einen Monat im Voraus. Mrs. Prescott, die seit dem plötzlichen Tod ihres Mannes im letzten Sommer das Hotel allein führte, stand regungslos da und lächelte höflich, während Yardley sich eintrug, ohne dass ihm zuvor das Gästebuch angeboten worden wäre, dann betrachtete sie lange seine Unterschrift, als könnte sie an ihr ablesen, ob sie es mit diesen jungen Männern riskieren sollte oder nicht.
    »Gibt’s ein Problem?« fragte Yardley mit einer für den Raum viel zu lauten Stimme.
    Sie zuckte zusammen, schaute vom Gästebuch auf, lächelte und schüttelte den Kopf. »Nur Sie beide?« fragte sie und warf mir einen raschen Blick zu.
    »Nur wir beide«, sagte mein Bruder.
    Sie nickte und starrte wieder auf die Unterschrift. »Mein Mann hat früher immer die Rezeption gemacht …«
    »Gibt’s ein Problem?« fragte Yardley noch einmal. »Wenn es ein Problem gibt, Lady, können wir auch woandershin gehen.«
    »Nein«, sagte sie und nahm die Kreditkarte, die er auf den Tisch geworfen hatte, »es ist nur, dass mein Mann immer die Rezeption gemacht hat, und ich weiß noch nicht genau, wie alles funktioniert.«
    Yardley Acheman starrte die Frau an, während sie nach dem American-Express-Gerät suchte und dann seine Kreditkarte zweimal einlegte, beim ersten Mal falsch herum. Ihre Finger zitterten unter seinem Blick.
    Sie gab ihnen zwei Zimmer im zweiten Stock mit gemeinsamem Bad. Die Zimmer rochen klamm, und der Linoleumboden vor der Badewanne und an den Fußleisten wellte sich. Über dem Heizungskörper war ein mit Farbe verklebtes Fenster, das sich selbst dann nicht öffnen ließ, als Yardley Acheman auf die Heizung kletterte und es mit ganzer Kraft aufziehen wollte.
    »Wir sagen ihr, dass sie das in Ordnung bringen soll«, sagte er zu niemand Bestimmtem. Ward und ich sahen uns einen Moment an, dann drehte Ward sich um und ging aus dem Zimmer hinüber in sein eigenes.
    Ein uraltes Messingbett stand an der Wand, und darüber hing das Vaterunser in einem Bilderrahmen. Die Farbe um das Vaterunser warf Blasen, blätterte ab und zeigte Risse, als hätte an genau dieser Stelle die Schlacht um Gut und Böse stattgefunden.
    Ein Bodenventilator stand in einer Ecke gegenüber der Tür, eine kleinere Ausgabe davon stand auf der Kommode.
    Ward öffnete seinen Koffer und zog dann die Schubladen der Kommode auf. Er musterte sie einen Moment, ging ins Bad und feuchtete ein Handtuch an. Yardley Acheman kniete immer noch auf der Heizung, hämmerte gegen das Fenster und versuchte, es zu öffnen. Der Lärm war im ganzen Haus zu hören, doch daran dachte ich erst, als Mrs. Prescott mit rotem Kopf und ein wenig außer Atem erschien und vorsichtig an die offene Tür klopfte.
    »Alles in Ordnung?« fragte sie.
    Yardley Acheman hörte auf, gegen das Fenster zu hämmern, hielt sich aber noch am Rahmen fest, wandte sich um und starrte sie an, bis sie einen Schritt auf den Flur zurückwich.
    »Er wollte das Fenster öffnen«, sagte mein Bruder.
    »Tut mir leid, das Fenster lässt sich nicht öffnen«, sagte sie so leise, dass wir sie kaum verstehen konnten. »Aber die Fenster in Ihrem Zimmer sind offen.«
    Yardley Acheman stieg langsam von der Heizung herunter, die Rippen des Heizkörpers zeichneten sich auf den Knien seiner Hose ab.
    »Es ist ein Fenster«, sagte er, »es muss sich öffnen lassen.«
    Sie lächelte, schien ins Leere zu blicken und schüttelte den Kopf. »Es war noch nie geöffnet«, sagte sie, und dann war sie verschwunden.
    Mein Bruder ging zurück in sein Zimmer, wischte die Schubladen mit dem Handtuch aus und musste noch zweimal ins Bad, um das Tuch auszuspülen. Yardley Acheman ließ das Fenster

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